Kickl im Ibiza-Ausschuss gegen ÖVP
Ex-Innenminister Herbert Kickl musste am Mittwoch im Ibiza-U-Ausschuss aussagen. Er lieferte durchaus tiefe Einblicke in die türkis-blaue Abläufe, von Spenden und türkis-blauer Käuflichkeit wisse er aber nichts.
Wien, 17. März 2021 | Dass die ÖVP den FPÖ-Chef und Innenminister der damaligen türkis-blauen Ibiza-Regierung, Herbert Kickl, in den U-Ausschuss laden ließ, überraschte viele Beobachter. Das könnte sich als Boomerang für die Volkspartei erweisen, kennt man doch die scharfe Zunge des aktuellen FPÖ-Klubchefs.
Abschaffung der GIS-Gebühr hatte ÖVP-Zustimmung
Die Erwartungen erfüllte Kickl nicht ganz: Zwar lieferte er die eine oder andere Breitseite gegen die Volkspartei (Wöginger, der „Frust-Gust“), doch der richtige Kracher blieb aus. Man erfuhr aber, dass in einem ominösen Sideletter zum türkis-blauen Regierungsprogramm, auch Kurz die Abschaffung der GIS-Gebühr unterschrieben haben soll.
Als sich die FPÖ das Innenministerium verschaffte, erlaubte das die ÖVP nur mit einem Staatssekretär. Sehr spät kam diese Forderung von der Volkspartei hinzu, schilderte Kickl Innenansichten aus der damaligen Koalitionsverhandlung. Und so wurde Karoline Edtstadler Staatssekretären im Innenministerium. Ihr wurden die Korruptionsagenden übertragen, schildert Kickl, wohl auch, um die FPÖ vor Korruptionsvorwürfen aus der Schusslinie nehmen zu können.
„Wenn man eins und eins zusammenzählt“, dann sehe es so aus, als hätte die ÖVP die ihr genehmen Ibiza-Ermittler sowie eine genehme Staatsanwaltschaft für Ibiza eingesetzt, sagte Kickl. Er sei verwundert, dass Andreas Holzer der Chefermittler wurde. FPÖ-Hafenecker geht sogar davon aus, dass Holzer den Ibiza-Detektiv H. aus früheren Ermittlungen kennen müsste. Kickl habe den Eindruck, dass die Ibiza-Ermittlungen unter “totaler Kontrolle der ÖVP” stehen sollten.
SOKO Seltsam
Auch Edtstadlers Rolle als WKStA-Angreiferin stand im Scheinwerferlicht. Immerhin hat sie selbst einen Posten bei der WKStA. Für Kickl ein Versuch, “schwarze Netzwerke” zu schützen. Edstadlers “Mascherlposten” gibt der Ministerin allerdings keinen Einblick in die Arbeit der Ermittler.
Auch Gernot Blümels Schwester war Thema von Kickls Befragung. Sie absolvierte im Innenministerium ein Praktikum in der Abteilung „Organisierte Kriminalität“, gleich neben der SOKO Ibiza. Praktika in dieser Abteilung sind ein Novum.
Ein pikantes Detail zu den türkis-blauen Regierungsverhandlungen: Kurz sei es enorm wichtig gewesen, große Teile des Außenministeriums ins Kanzleramt zu transferieren. Die FPÖ-Ministerin Karin Kneissl habe dann nur noch ein Rest-Außenministerium bekommen.
Kein Wissen über Spenden
Nach dem Ibiza-Video wollte Kurz laut Kickl unbedingt, dass Strache nicht sagt, er gehe, damit die Regierung halte. Er tat es dennoch, danach verlangte der Kanzler den Rücktritt. Der Rest ist Geschichte.
Dass Kickl auch Teil einer Strache-Chatgruppe war, in der die Vorstandsbesetzung der Casag besprochen wurde, bestritt Kickl zwar nicht, doch er habe nichts damit zu tun gehabt. „Ich kenne Peter Sidlo nicht und habe ihn bis zum heutigen Tag nicht kennengelernt“, wischt Kickl die Vorwürfe vom Tisch. Von Spenden an die FPÖ wisse er ebenfalls nichts. Auch zu Marsaleks Libyen-Plänen könne er nichts sagen, obwohl der Wirecard-Mann im BMI einen Termin hatte – und zwar mit Kickls Kabinettschef Reinhard Teufel. Es ging um die Frage, wie man Migration über das Mittelmeer verhindern könne.
Zur Einordnung: Laut Recherchen des “Spiegel” versuchte Marsalek in Libyen eine Söldnerarmee aufzubauen. Libysche Warlords kontrollieren die Flüchtlingslager des Landes und damit auch, wer den Weg über das Meer antreten kann.
“Für mich war das eine gute Gelegenheit, die Sprengung der Regierung durch die ÖVP, darzulegen. Die Kündigung der Koalition, das schaut so aus, war ein Versuch, jede Aufklärung rund um Ibiza zu verhindern”, sagte Kickl nach seiner Befragung. “Meine Einladung war offenbar eine Retourkutsche der ÖVP gegen mich. Sie haben aber damit nur einen Knieschuss produziert.” Es wäre Zeit, so Kickl, diesen Auschuss bald zu beenden, damit zeitnah ein Corona-U-Ausschuss eingerichtet werden könne.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk