Mittwoch, April 24, 2024

Studieren in der Pandemie: “Am schlimmsten ist die Einsamkeit”

Studieren in der Pandemie

200.000 Studenten sitzen seit Beginn der Coronakrise zu Hause. Sie haben Fernlehre. Wie geht es ihnen damit?

Wien, 18. März 2021 | „Ich halte es langsam nicht mehr aus. Ich bin nur allein im Studentenheim. Es fehlt einfach der menschliche Kontakt.“ So wie Moritz Hennerbichler (22) geht es vielen der rund 200.000 Studenten Österreichs. Seit Beginn der Coronakrise hatten sie fast durchgehend nur Fernlehre. Und anders als bei den Schulen gibt es auch keine Perspektive für die Öffnung. „Ich habe großes Verständnis für die Maßnahmen. Trotzdem treffen sie uns sehr“, sagt Leo Grolmus (22), die an einer FH studiert. Dort war der Bruch zwischen festem Stundenplan und Fernlehre besonders markant. Auch Alina Iwanowa (21) erklärt: „Ich kann das verstehen, wir müssen die Risikopatienten beschützen.“

Geldsorgen

Alleine an der Universität Wien – der größten Hochschule im deutschen Sprachraum – studieren 94.000 Menschen. Die meisten kommen nicht aus der Hauptstadt. Viele wohnen zum ersten Mal alleine, oft in beengten Verhältnissen, weg von zu Hause. Das Geld ist knapp. 80 Prozent von Österreichs Studenten arbeiten laut einer Studie von ÖH und GPA neben dem Studium, nur 40 Prozent sagen, dass das Geld reicht. Die Krise hat eine Bevölkerungsgruppe, die es ohnehin schwer hat, auch ökonomisch hart getroffen. Viele Studentenjobs in Handel und Gastronomie waren auf einen Schlag weg.

„Jetzt einen Job zu finden ist unmöglich“, sagt Moritz Hennerbichler, der zuvor in Museen gearbeitet hatte. Leo Grolmus hat Glück im Unglück. Sie arbeitet in der Obdachlosenhilfe. Da gebe es in der Krise mehr denn je zu tun. Sie macht sich vor allem Sorgen, weil die Pflichtpraktika an der Fachhochschule entfallen. Was das für das Studium bedeutet, wisse niemand so recht, auch wenn die Fachhochschule um Lösungen bemüht sei. Auch Alina Iwanowa konnte ihren 15 Stunden-Job behalten. Wann immer es möglich sei, gehe sie ins Büro „um nicht so alleine zu sein.“

Depression und Angst

Lisa Waldner (25) trifft der Lockdown an den Unis besonders hart. Sie leidet an Depressionen und Angst – und ist damit nicht alleine. Rund ein Drittel von Österreichs Studenten zeigt seit Beginn der Krise ähnliche Symptome, doppelt so viele wie normalerweise. Das ergab eine großangelegte Studie der Psychologischen Studierendenberatung Innsbruck. Wer, wie Lisa Waldner, schon zuvor an einer klinischen Depression litt, hat es nun schwer, Halt zu finden. „Am schlimmsten ist die Einsamkeit“, erzählt sie. „Konzentration, Selbstorganisation, das erfordert viel Kraft.“ Das Eingesperrtsein habe die Krankheit verschlimmert.

Wo sich sonst junge Menschen drängen, herrscht jetzt gähnende Leere. Bild: Universität Wien

Depression und Angststörungen gehen oft Hand in Hand. Die Krisenkommunikation der Regierung habe für sie alles noch schlimmer gemacht, sagt Lisa Waldner. „‘Jeder wird jemanden kennen, der an Corona gestorben ist‘ – warum fördert die Politik Angst?“  Trotz der schwierigen Situation sinken die Anforderungen nicht, erklärt Max Moser (22). Viele seiner Kollegen seien nach dem dritten Coronasemester in Folge mental nicht mehr sehr stabil. Bei ihm selbst gehe es auf und ab: „An manchen Tagen ist es überhaupt kein Problem, an anderen ist es sehr schwierig.“

Wie soll es weitergehen?

Ein nachvollziehbares Konzept für die Öffnung der Unis gibt es nicht. Wissenschaftsminister Heinz Faßmann hatte bloß vage in Aussicht gestellt, dass es nach Ostern wieder Präsenzlehre geben könnte. Manche Lehrende nahmen das zum Anlass, Studenten aus ihren Kursen zu werfen. Falls in einigen Wochen umgestellt würde, könnten aus Sicherheitsgründen nicht so viele teilnehmen, lautete die Erklärung. Andere Lehrende zwingen ihre Studenten in Präsenzprüfungen – oft mit hunderten anderen zusammen in einem Raum.

Moritz Hennerbichler kommt „langsam ans Limit.“ Sein einziger Lichtblick sei, dass er seinen Bruder treffen könne, der ebenfalls nach Wien gezogen sei. Max Moser trifft sich gelegentlich „mit zwei, drei Freunden zum Kartenspielen.“ Hauptsächlich aber sitzen Österreichs Studenten seit einem Jahr zu Hause. Außer den vielen Online-Lehrveranstaltungen haben sie kaum Kontakt zu anderen Menschen. Alina Iwanowa fehlt dabei vor allem „das gemeinsame Nachdenken.“ Moritz Hennerbichler hat einen konkreten Wunsch an die Politik: „Könnte man nicht die Fußballstadien öffnen? Das fehlt mir wirklich sehr. Es ist ja draußen. Warum kann man da nicht wenigstens ein paar hundert Zuschauer ins Stadion lassen?“

Alina Iwanowa bringt den Wunsch vieler Studenten auf den Punkt: „Wenn es irgendwie möglich wäre, würde ich schon sehr gern auf die Uni kommen.“

Anm.: Die Namen unserer Gesprächspartner wurden auf deren Wunsch teilweise geändert.

(tw)

Titelbild: Universität Wien

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32 Kommentare

  1. Na ja, wenn man schon so viel Verständnis und Akzeptanz für die Maßnahmen aufbringt, wie die Studenten aus dem Artikel, dann muss man doch auch die Restriktionen und Nebenwirkungen die sie mit sich bringen, tapfer und ohne zu klagen ertragen! Es dient schließlich der guten Sache! Nicht wahr?! 😆😅😉 hoffentlich geht ihnen bald ein Licht auf!!! 🌥🙏

  2. “Wie soll es weitergehen?” … Ja mei, Eigenverantwortung halt. Weg mit dem ganzen Wahn, weg mit der Maskenpflicht und das Land wieder aufsperren. Der ganze evidenzlose Mumpiz gehört dann gerichtlich aufgearbeitet. Sonst wird das nix.

  3. Meine Tochter absolviert seit Herbst 2019 in Wien ihr Physikstudium. Sie freute sich schon “narrisch” auf die weltoffene Stadt und auf den Austausch auf verschiedensten kulturellen Ebenen. Bevor sie nach Wien übersiedelte nahm sie hier häufig an Regenbogenparaden und Demos gegen Rassismus teil.
    Aber nun? Lockdowns, depressiv/agressive Stimmung innerhalb der Stadtbevölkerung aber auch der aufkeimende Rechtstrend sorgen für schmerzliche Ernüchterung. Sie bewegt sich aktuell nur noch in einem kleinen Kreis von jungen Leuten denen es ähnlich geht. So konzentriert sie sich nun zwar noch konzentrierter ihrem Studium, leidet aber wie viele andere Studenten auch, an den eingeschränkten Ressourcen der Uni. Letztes mal verriet sie mir dass es weh tut erwachsen zu werden ohne die letzten Jahre als “Jugendliche” unbeschwert in einem angstfreien und optimistischen Gesellschaftsklima ausleben zu können. Das schmerzt auch mich.

    • Besonders arm sind ja diejenigen, die in der Pandemie zu studieren begannen, da sie kaum das Unileben, mit dem persönlichen Kontakt und den Austausch mit Professoren oder KollegInnen kennenlernen konnten, was wahrscheinlich auch zu vermehrten Drop-out Raten bei der gewählten Studienrichtung führen wird.
      Leider waren die Studenten beim Ausarbeiten zu Covid-Massnahmen im Bildungsbereich auch lange Zeit so etwas wie Stiefkinder, wodurch auch Höhersemestrige länger in der Luft hingen, wie es mit der Organisation ihres Studiums überhaupt weitergehen wird und sehr verunsichert waren. Umso trauriger, da Fassmann ja einmal Vizerektor der Uni Wien war.

      • Dass generell auf junge Leute, Studierende wie Grundschüler, von türkiser Seite her kaum Rücksicht genommen wird ist vermutlich auch der Kosten – Nutzenrechnung dieser Partei geschuldet. Ist ja statistisch belegt das von dieser Altersschicht der wenigste Rückhalt für Kurz zu erwarten ist. Würde den Grünen raten alles zu unternehmen um das Vertrauen der jungen Leuten wieder zurückzugewinnen. Sonst schießen sie sich das nächste kapitale Eigentor.

        • Die Spaltung der Grünen, durch die jungen Grünen, die ihre Werte nicht unter dem Baldachin der Koalition verloren haben, scheint die einzige Lösung aus dieser elenden Koalition.
          Das Studium der Grünen Website könnte hilfreich sein:
          Wir Grüne wollen die Interessen Österreichs und seiner gesamten Bevölkerung wieder klar in den Vordergrund stellen und uns klar dagegen stellen, wenn andere Parteien die eigenen Freunde und Klientel bedienen. 
          Wir wollen die treibende Kraft für saubere Umwelt und saubere Politik sein. Um die Zukunft mit all ihren Chancen mit Leidenschaft zu gestalten. Zukunft ist, was wir draus machen. Zukunft wird aus Mut gemacht!

    • Und immer schön für das Klima Hüpfen und für BL Matter knien…ganz wichtig.
      Ich hoffe ,ihre Tochter hat auch hier fleißig mitgemacht!!

      Sie sollten sich mal über die Regenbogenfarben informieren. Ist ratsam.

      Ach ja ,aber auf die Idee gegen den Wahnsinn zu protestieren mit ihren Studienkollegen ist Sie wahrscheinlich noch nicht gekommen ,oder täusche ich mich hier?

      • Ja sie würde auch gegen die Gesundheitspolitik auf die Straße gehen lässt sich aber von den Vereinnahmungen der rechten Szene abschrecken. Auch von Leuten wie Rutter und Klauninger die neben ihrem homophoben Zugang zum Gesellschaftswesen auch dubioseste Geschichten verbreiten mit Affinitäten zur QAnon Verschwörungstheorien, made in USA.
        Und Klima ist ihr auch wichtig. Gut dass sie es erwähnten.

        • Sie sollte sich nicht abschrecken lassen
          Sie könnte mit ‘uns’ mitgehen
          Sehr gerne mit Regenbogenfahne

          • Ich glaube es würde ihr gefallen wenn sie sich sicher fühlt. In der eigentlichen Sache selber wäre sie sicher solidarisch mit euch.

          • Ich bin ja dzt selber noch relativ unvernetzt. Mal sehen.😊

            Und vor den ‘beliebten Lodenfreaks’ müsste man Ihre Tochter schon abschirmen….)

          • Das ist ein Nachteil bei solch einem Forum dass man sich zwar austauscht jedoch nicht näher kennenlernen kann. Würde mit manchen gerne auch auf privater Ebene kommunizieren.🙂

          • Ich wüsste auch nicht, wie man Kontaktadressen austauschen kann, ohne dass man hier völlig in der Auslage steht…. aber …. vielleicht geht das ja?

          • Die Unterhaltung mit Ihnen und Nordicman war sehr gut. Aber man muss halt immer im Hinterkopf behalten, dass es ein öffentliches Forum ist…….

          • Da haben sie vollkommen recht. Mach das zum erstenmal überhaupt, in dieser Form. Es bleibt viel auf der Strecke was einen oft unbefriedigt zurück lässt. Ich weiss auch oft nicht ob ich richtig verstanden werde bzw. andere richtig verstehe. Da fehlt mir wohl der “professionelle” Zugang. Reibe mich auch zu viel auf. Bastelfan macht das gut!

          • Ist auch für mich erstaunlich wie “man” (ich) da so reinkippen kann. Mach das alles immer neben dem arbeiten, beruflich und zu Hause. Meine Frau meint dass sie mir das Abo aufkündigt 🙄

          • Es gibt keinen ‘professionellen’ Zugang. Ich glaube, wir sind da alle irgendwie im selben Boot. Manche cooler, andere weniger.

            Und man ist ja auch nicht immer in derselben Tagesverfassung.

            Insgesamt hab’s schon ein paar sehr gute Diskussionen. Ich hab auch einiges gelernt. Auch wenn ich nicht immer mit allem einverstanden bin.

    • Als Akademiker brav schwarz wählen. Dann bleibt man auch rechts und ewig gestrig. Es ist kein Rechtsruck sondern die Leute lassen sich nicht mehr verar….. Von der ÖVP.

  4. Storchenparty bringt Abwechslung und soziale Kontakte!
    OÖ Storch bringt Baby und Virus 🦠
    Storchenfeier war wohl Corona Party!
    Gute Genesungswünsche an den blauen Storch und
    Vizelandeschef Haimbuchner!
    In OÖ herrscht Vollbeschäftigung im Contact Tracing!

    • Ist zwar nicht ganz ein Uni-Thema doch beschäftigt es auch mich als Oberösterreicher. Brachte Haimbuchner viel Häme ein da er sich stets als besonnener “Vernunfttspolitiker” präsentiert, jedoch auch da er im Vorfeld sehr bemüht war das vermehrte Aufkommen von Clustern Flüchtlingen und anderen Migranten anzuhängen. Ich fürchte das er dies auch weiterhin so praktizieren wird.

      • In der schmerzlichen Erfahrung, in der Junge Leute zu leben gezwungen sind, meine Tochter ist 16 und hat seit zwei Jahren keinen regulären Unterricht erfahren, braucht es Solidarität. Bedauerlich nur, daß die sinnlosen Restriktionen von einem Volksschullehrer verursacht werden, der aus OÖ stammt. Er behandelt die Bürger Österreichs wie Kinder und stellt sie in die Ecke!! Solidarität von einem gebürtigen Mühlviertler, der seit 77 in Wien lebt.

        • Bemühe mich diesbezüglich Solidarität zu erweisen. Es ist wirklich ein Drama dass Kindern Bildung und Jugendlichen ein gutes Stück Erlebniswelt geraubt wird. Auch auf Grund einer komplett missglückten Strategie gegen Cocid -!9. Hr. Anschober hat gewiss seinen Anteil daran, doch wurde es nicht nur von ihm verursacht sondern auch von Sebastian Kurz. Von seiner vorgegebenen Politik und seinen Seilschaften zu Experten. Auch wirtschaftliche und diplomatischen Beziehungen. hatten hier ihren schädlichen Einfluss. Und wenn wer meint dass Anschober nicht Gesundheitspolitiker werden hätte sollen wird er damit recht haben. Vielleicht sieht auch er selber das so.

          • Es wäre gut, wenn jm Vernünftiges Anschober beiseite nimmt und ihn zum Rücktritt bewegen könnten. Zu seinem
            Schutz und dem der anderen.
            Es kann ja auch niemand wollen, dass sich A da jetzt nur mehr noch durchquält und schon Polizeischutz benötigt. Das ist ja alles verrückt.

        • Er hat bei einer seiner Pressekonferenzen nach der Ankündigung von Lockerungen gesagt: ‘nicht übermütig werden’

          Von ihm kann man wirklich nichts erwarten.

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