Donnerstag, März 28, 2024

“Steueroase” – Nationalbank-Vizepräsidentin Kolm klagt Twitter-Userin

Nationalbank-Vizepräsidentin Kolm klagt Twitter-Userin

Die Vizepräsidentin der österreichischen Nationalbank fährt gegen eine Twitter-Userin schwere juristische Geschütze auf. Die lehnt ein Vergleichsangebot ab und will den Wahrheitsbeweis für die Äußerung antreten, dass Barbara Kolm eine Steueroase aufbaue.

Wien, 19. März 2021 | Vor Gericht ist Zeit buchstäblich Geld. Und weil es im Prozess von Nationalbankvizepräsidentin Barbara Kolm gegen Twitter-Userin Patrice Fuchs in die zweite halbe Stunde geht, wird die Sache um 400 Euro teurer – das ist der Standardsatz für einen Anwalt vor Gericht.

Es gibt auch nur den einen, Kolms nämlich, denn Fuchs ist nicht anwaltlich vertreten. Das kann sie sich nicht leisten. Pflichtverteidiger wurde ihr keiner bewilligt, weil die Rechtssache nicht komplex sei. Die Rechtssache besteht darin, dass Ex-FPÖ-Politikerin und Nationalbankvizepräsidentin Barbara Kolm medienrechtlich gegen Fuchs als Medieninhaberin ihres Twitteraccounts vorgeht. Fuchs behauptete auf der Plattform, Kolm baue in Honduras eine Steueroase auf.

Eine eigene Stadt für Investoren – niedrige Steuern inklusive

Worum geht es? In dem bitterarmen mittelamerikanischen Land Honduras entsteht derzeit eine „Charter City“, eine extraterritoriale Stadt für internationale Investoren. Sie heißt „Próspera“ und hat eigene Gesetze und Rechtssprechung. Federführend an dem Projekt beteiligt ist Steuerberatungsriese Ernst&Young. Próspera wirbt auf seiner Website mit einer besonders niedrigen Steuerquote: 7,5 Prozent. Die Strandwohnungen entwirft das Büro von Star-Architektin Zaha Hadid.

Um all das zu ermöglichen, änderte Honduras 2014 seine Verfassung. Die Einwohner der Insel Roatán, auf der die Charter City entsteht, befürchten Medienberichten zufolge, dass sie von ihrem Land verdrängt werden sollen. Als „eine Art Aufsichtsrat“ von Próspera fungiert ein Komitee, dessen Mitglieder vom honduranischen Präsidenten ernannt werden, wie der „Deutschlandfunk“ berichtete. Bis 2018 gehörte ihm auch Barbara Kolm an.

Das alles ist unbestritten. Die Frage, die verhandelt wird, lautet: Darf man Kolm vorwerfen, eine Steueroase aufzubauen? Richter Stefan Apostol sagte ja. Doch Kolm berief. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien entschied, dass man gerade Kolm diesen Vorwurf nicht machen dürfe, weil von ihr „als Vizepräsidentin der Österreichischen Nationalbank insbesondere auch in steuerlichen Belangen ein absolut untadeliges, über jeden Zweifel erhabenes Verhalten abverlangt wird.“ Und der Vorwurf, Kolm baue eine Steueroase auf, ist aus Sicht des OLG ehrenrührig. An diese Rechtsansicht ist Richter Apostol nun gebunden, wie er Patrice Fuchs erklärt. Für Kolm seien die Vorwürfe „höchst unangenehm“, wie ihr Anwalt sagt.

Geschenkt

Kolm lässt folglich von ihrem Anwalt ein Vergleichsangebot überbringen: Widerruf, eine „symbolische“ Entschädigung von 500 Euro und die bisher angefallenen Verfahrenskosten von 2.365,04 Euro. „Die 400 Euro“ für die zweite halbe Stunde der Verhandlung „schenke ich ihnen“, sagt Kolms Anwalt zu Fuchs. Apostol weist auf das hohe Kostenrisiko eines Beweisverfahrens hin. Die Kosten könnten „schnell fünfstellig werden.“ Das Vergleichsangebot sei nach seiner beruflichen Erfahrung „nicht unfair“. Und mit Blick auf Kolms Anwalt: „Und vielleicht kann man ja noch etwas verhandeln.“

Doch dazu kommt es nicht. Patrice Fuchs sagt: „Ich will beweisen, dass es stimmt.“ In diesem Fall werde die Angelegenheit nun doch komplexer, stellt Richter Apostol fest, und fragt Fuchs ob sie einen erneuten Antrag auf einen Pflichtverteidiger stellen wolle? Sie will.

Dann stellt Apostol in Aussicht, als erstes Kolm als Zeugin zu laden. Deren Anwalt ist nicht begeistert. Die Sache geht also in die dritte, wohl entscheidende Runde.

(tw)

Titelbild: APA Picturedesk

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

43 Kommentare

    • Das ganze ist insgesamt ein Damokles-Schwert, weil man so eine Zone nur mit militärischen Mitteln verteidigen wird können und das zu so paradoxen Situationen führt wie bei den Atomkraftwerken. Denn das führt früher oder später dazu, dass die Militärausgaben steigen, bezahlt von den Bürger*innen, die eh wenig haben. Das führt zu immer mehr Spannungen, etc.

      Vor ein paar Jahren gab’s da einen beeindruckenden Film mit dem Titel “Y tambien la lluvia” (in etwa: Und dann auch der Regen), wo Milizen eingesetzt wurden, damit arme Bürger*innen nicht das Regenwasser sammeln (anstatt sich das teure privatisierte Wasser zu kaufen).

  1. Es gibt jetzt die Möglichkeit @soulipat in diesem Prozeß “Kolm gegen Fuchs” zu unterstützen. Entweder über Paypal:
    https://paypal.me/pools/c/8xSO2NZkeG
    Oder via dem PSK-Konto:
    AT66 6000 0000 7328 0620
    Die Spenden werden zu 100% transparent behandelt

    • Grundsätzlich Danke! für die Links und die Information. Aber wie kann ich die Korrektheit (nicht die technische, die geht über die Prüfziffer) der IBAN verifizieren? Gibt’s da auch eine Homepage mit Impressum, etc., wo ich mehr erfahre?

    • Transparenz ist gut – aber das Team um Fuchs würde ich schon gerne kennen.
      Leider sind schon viel zu viele aussichtsreiche Prozesse versemmelt oder so lange verschleppt worden, bis am Ende nix herausgekommen ist.

  2. Frau Fuchs, ich ziehe meinen Hut vor Ihnen! Und sollten Sie Unterstützung brauchen, melden Sie sich bitte einfach via ZackZack. Da würde ich nämlich sofort ein paar hundert Euro in Transparenz (gegen In-Transparenz) investieren, auch wenn ich die in Österreich versteuert habe!

  3. “Federführend an dem Projekt beteiligt ist Steuerberatungsriese Ernst&Young.”

    Sie beraten Firmen zur Steuerhinterziehung und bieten gleich ein passendes Exotenland dafür an. Und kassieren dafür nocheinmal.

    Und die Mittäterin NB – Vize Kolm wird vom OLG geschützt?
    Dabei wird nicht ihre Handlung bewertet, sondern ihre berufliche Position.

    Ja, gehts noch, OLG? Wie weit seid denn ihr weg von Recht und Gerechtigkeit?

    • Sorry, den Begriff “Mittäterin” ziehe ich mit Bedauern zurück.

      Aber dringend aufklärungsbdürftig ist die Rolle der NB-Vizepräsidentin in dieser Causa sehr wohl.

  4. Verstehe ich das richtig? Das Anforderungsprofil ist die Argumentations-grundlage, nicht, ob das Anforderungsprofil erfüllt wird?

  5. Frau Kolm hat es geschafft, dass sich nun wesentlich mehr Leute als eine Handvoll Twitteranten für diese Sache interessieren werden. Erinnert von der Strategie ein bissl an den oberschlauen Bierwirt. Man gebe ihr eine Bühne! Wird sicher lustig werden :-)))

  6. Wäre doch lustig, wenn Frau Fuchs ihrem Namen Ehre macht und das nächste Vergleichsangebot von Frau Kolm andersrum gemacht werden muss. Es ist bekannt, dass im Superreichenparadies Ö alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, keine Steuern zu zahlen und viel Einfluss auf die Politik zu haben. Wer weiß was bei der Frau Kolm noch so alles zu finden ist.

  7. Gerade einem Finanzminister (dürfe man) diesen Vorwurf nicht machen, weil von (ihm) „als
    (Finanzminster der Republik Österreich) insbesondere auch in steuerlichen Belangen ein absolut untadeliges, über jeden Zweifel erhabenes Verhalten abverlangt wird.“
    (Tauschen sie Finanzminister gegen Gasser aus)

  8. In Österreich sollte man nur prozessieren, wenn man wirklich davon überzeugt ist Recht zu bekommen. Andernfalls kann dir das dein Leben versauen. Es gibt auch eine Unterstützungserklärung für ein Volksbegehren, das sich dem Problem annimmt. Scheint nur bisher nicht viele interessiert zu haben.

  9. Das würde genau zum Konzept “unserer Volksverräter” passen – uns den letzten € aus der Tasche holen und sich dann auf eine Insel vertschüssen, wo sie in keiner Weise belangbar sind.
    Daher aufklären und klagen – mit voller Wucht.

  10. Da gehört ein crowdfunding konto her für frau fuchs.
    Manche freiheitliche nehmen den freiheitsbegriff wörtlich, frei, auf der ganzen welt tätig zu werden, für die armen in honduras, oder neigt man sich in richtung mammon?

  11. Mich machen zwei Sätze stutzig:
    erstens, OLG entschied etwas und ein Richter ist an diese Rechtsansicht gebunden? Also, muss Richter Apostol so entscheiden, dass dieser Entscheid mit der Meinung des OLG konform ist?
    Zweitens: “diesen Vorwurf nicht machen dürfe, weil von ihr „als Vizepräsidentin der Österreichischen Nationalbank insbesondere auch in steuerlichen Belangen ein absolut untadeliges, über jeden Zweifel erhabenes Verhalten abverlangt
    wird.” Also, weil ihr dieses Verhalten abverlangt wird, darf man ihr solche Vorwürfe nicht machen?

    • Ja, das ist in der Tat eine verzahntes juristisches Dilemma. Der Hintergrund: Wenn das Gericht entscheidet, dass man sowas sagen dürfe, dann kann (oder sogar muss) Kolm fristlos entlassen werden. Darum musste sie zum OLG gehen. Das OLG entscheidet, dass für Kolm etwas auf dem Spiel steht, es also nicht als Bagatelle abgetan werden darf.

      Der Richterspruch ist aber nicht so, dass Apostol nun freisprechen müsse. Das mit Ehrenrührung ist immer so eine Sache. Wo keine Ehr, da keine Ehrabschneidung möglich.

      Aber egal: Der Streisand-Effekt beginnt sich zu entfalten. 🙂

  12. Was macht eine FPÖ Politikerin in Honduras? Sind unsere Politiker nur mehr auf solche Trips? Warum sind die Steueroasen Routen noch nicht geschlossen? Bitte dranbleiben.

  13. Lächerlich diese Menschen!
    Damit schüchtern die niemamden ein. Die glauben echt weil sie Geld haben wie Heu und auf der Glücklicheren Seite des Lebens, beeindruckt das jemanden? Da täuscht eich mal allesamt nicht.

  14. ” „Die 400 Euro“ für die zweite halbe Stunde der Verhandlung „schenke ich ihnen“, sagt Kolms Anwalt zu Fuchs.”
    Kommt sich dabei wahrscheinlich noch cool vor, dieser Ungustl. Immer wenn jemand von dieser abgehobenen Bagage mit Klagen gegen Bürger daherkommt, kann man sich sicher sein, dass sie eben auf dem falschen Fuß erwischt worden sind. ^^

  15. Unser Blender wollte ja die Steueroasen schließen! Ha ha der Blender Kurz mit der Mafia ÖVP??
    Er wollte auch Google- Fratzenbuch und Co besteuern…….War nat. eine glatte Lüge im Wahlkampf wie man sieht.

    Immer dieser Lobbyismus -Ex-FPÖ-Politikerin ….Das kann kein Staat auf dauer verkraften.
    Zusammenspiel von Wirtschaft und Politik ist verheerend für die Bürger.

    Das sind die 17 weltweit größten Steueroasen
    https://www.globalcitizen.org/de/content/steueroasen-weltweit/

    • Über Vermögensteuer kann man diskutieren. So der Arbeitsminister. Man wird nur mehr verar….. Und Österreich verramscht.

      • Ja das ist wirklich traurig…… Aber das Traurige daran ist die mehrheitlich echt Debile Bevölkerung. Alles glauben was ihnen gepredigt wird ,und nix hinterfragen oder gar selber überprüfen………..

        Würde das die Mehrheit machen ,wären diese Fascho Politiker und Fascho Medien im NU weg! (MSM).

        Das trifft generell auf das IV Reich zu -DIE FRIEDENSUNION!

        Mit der EU Führerin Merkel!!

    • Mit dieser Liste ist es ein Leichtes nachzuweisen, dass ein Steuersatz von 7,5% eine Steueroase ist. Japan definiert Steueroase wenn weniger als 20% verlangt werden.

  16. Die Präsidentin des Hayek-Instituts und Leiterin des Austrian Economics Centers hat ganz offensichtlich kein Problem damit sich aus dubiosen Quellen von den Cayman-Inseln finanzieren zu lassen.
    Sie ist ja auch der Meinung: Dass Steueroasen wichtig seien, „weil sie für ein Minimum an Steuerwettbewerb sorgen„!
    Und:
    Der Staat mischt sich zuviel ein!
    Auch so eine Meinung von Frau Kolm.

    Aber sie hat wohl kein Problem mit der hohen Gage, die sie nun vom Staat bezieht.

    Wahrscheinlich ist sie deshalb dafür, wieder Studiengebühren einzuführen – die Leute haben ja wesentlich schneller studiert, als sie noch zahlen mussten.
    Sie will die dritte Säule der Pensionsversicherung ausbauen. Also private Versicherungen forcieren. Da trifft es sich gut, dass der Finanzminister aus der Versicherungswirtschaft kommt.
    Und sie will das Wasser privatisieren. Damit die Privaten es dann weitergeben können.

    https://www.hagerhard.at/blog/2018/09/die-seltsame-personalpolitik-der-fpoe/

  17. …………………..weil von ihr „als Vizepräsidentin der Österreichischen Nationalbank insbesondere auch in steuerlichen Belangen ein absolut untadeliges, über jeden Zweifel erhabenes Verhalten abverlangt wird …………………………….

    Welch gewaltiger, herziger, lächerlicher Auszug aus einem Satz ……. über jeden Zweifel erhabenes Verhalten ……………

    ich wusste nicht, dass ich heute noch so herzhalft lachen darf …

    schon lange nicht mehr so einen “tollen” Satz gelesen in Zeiten wie diesen

  18. es ist zum Kotzen….Steueroasen, Schlupflöcher, Korruption bis zum Abwinken, wohin das Auge reicht…..wann wachen d ÖsterreicherInnen auf????

  19. Ah ja … das OLG sollte mal vielleicht erkläre, was eine Steuerose sener Meinung nach ist.

    • Ich glaube, die Beklagte konnte ‘den Wahrheitsbeweis’ nicht antreten…..

      • War nicht notwendig. Der Richter urteilte für sie (Beklagte). Das OLG verlangt einen Wahrheitsbeweis, der aber leicht geht. Japan sagt, unter 20% ist eine Steueroase.

Kommentarfunktion ist geschlossen.

Jetzt: Polizeiäffäre "Pilnacek"

Denn: ZackZack bist auch DU!