Sonntag, Dezember 8, 2024

Twitter-Streit in Russland geht in die zweite Runde

Seit mehr als einer Woche werden in Russland bestimmte Twitter-Inhalte mit einer gedrosselten Datengeschwindigkeit übertragen. Nun geht die Diskussion um willkürliche Entfernungen von Twitter-Konten und Restriktionen in die nächste Runde.

Wien, 19. März 2021 | Am 10. März begann die russische Informationsaufsichtsbehörde „Roskomnadzor“ den Zugriff auf Foto- und Videoinhalte auf Twitter zu beschränken. Diese Maßnahme wurde ergriffen, weil Twitter der Aufforderung „verbotene Inhalte“ zu löschen, nicht nachgekommen sei. Eine Woche später kündigte jetzt der stellvertretende Leiter der Medienaufsichtsbehörde, Vadim Subbotin, eine endgültige Blockade an: „Twitter antwortet nicht richtig auf unsere Anfragen. Wenn es so weitergeht, wird es in einem Monat außergerichtlich blockiert“, so Subbotin gegenüber Interfax.

Nun hat Twitter begonnen, Nutzer in Russland über die Forderungen von „Roskomnadzor“ zu informieren und sie aufgefordert, längst vergessene Tweets mit „politisch unkorrekten“ Äußerungen zu löschen. Laut Angaben russischer Medien handelt es sich um Tweets, die bis zu acht Jahren zurückliegen sollen.

Maßnahmen gegen kritische Medien

Auch kritische Medien, die auf Twitter vertreten sind, sind „Roskomnadzor“ ein Dorn im Auge. So verlangte die Medienaufsicht einen Tag nach der Drohung, Twitter zu blockieren, vom Account des Kreml-kritischen Mediums MBKH Media die „Veröffentlichung unerwünschter Inhalte“ zu unterlassen und entsprechende Inhalte zu löschen. Der Vorwurf bezieht sich auf Inhalte der in Russland verbotenen prodemokratischen Bewegung „Open Russia“, die von exilierten Oligarchen gegründet wurde. Russland hat die Aktivitäten von “Open Russia” als „unerwünschte Organisation“ im Jahr 2017 auf die schwarze Liste gesetzt und verboten.

Unverhältnismäßige Aufforderung

MBKH Media bekam daraufhin eine Benachrichtigung von Twitter und veröffentlichte diese: „Wir informieren Sie darüber, dass Twitter eine offizielle Anfrage des Föderalen Dienstes für die Aufsicht über Kommunikation, Informationstechnologie und Massenmedien der Russischen Föderation (Roskomnadzor) erhalten hat, die den Inhalt Ihres Twitter-Accounts @MBKhMedia als Verstoß gegen die Gesetzgebung der Russischen Föderation ansieht.“

Die Chefredakteurin Veronika Kutsyllo weist die Vorwürfe zurück und behauptet, von der Medienaufsicht nie eine Mahnung für die vorgeworfene Veröffentlichung bekommen zu haben. „Sie haben längst eine neue Taktik gewählt – Netzwerke oder Provider unter Druck zu setzen, ohne ihre potenziellen ‘Opfer’ zu warnen. Ich sehe keinen Sinn darin, Roskomnadzor oder die Generalstaatsanwaltschaft zu verklagen. Solange wir die Art von Gericht haben, die wir haben, macht es keinen Sinn“, so die Chefredakteurin.

(nb)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Nura Wagner

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