Charter City im Kanzleramt?
Wien, 20. März 2021 | Mit der Kurzflug-Geschichte, die Reise des Kanzlers im Oligarchenjet, ließ Ben Weiser den Blätterwald von Kiev bis Berlin rascheln. Thomas Walach berichtete von einem aufsehenerregenden Prozess rund um die Vizepräsidentin der Nationalbank. Eine Woche mit langweiligen Geschichten gibts bei uns eher selten.
Von Honduras nach Ibiza
Ob es sich bei der „Charter City“ um eine Steueroase handelt? Das wird das Gericht entscheiden. Das aber ein Land seine Verfassung ändert, um eine exklusive Stadt mit eigenen Gesetzen für internationale Investoren zu gründen, ist schon ein ziemlicher Hammer. Ob es sich dann um eine Oase oder um ein Paradies für großes Geld handelt, finde ich gar nicht so wichtig.
Ich durfte diese Woche wieder aus dem U-Ausschuss berichten. Kickl, der ja auch da war, will ihn zügig einstellen und einen Corona-U-Ausschuss starten, bevor wichtige Unterlagen dem Schredder verfallen. Antonella Mei-Pochtler, engste Kanzlerberaterin, muss vielleicht im Corona-Ausschuss auch wieder aussagen. Immerhin moderiert sie gerade ja auch das „Covid-19 Future Operations Plattform“, Boston Consulting ist auch Teil davon. Die hat man ja auch für Covid-Screenings engagiert.
Wie sehr, das weiß aber nur Finanzministerium und die Cofag. Der Cofag-Geschäftsführer war diese Woche auch im U-Ausschuss. Ich war verwundert, als er stolz referierte, wie Transparent die Cofag arbeiten würde. Früher war Mei-Pochtler bei Boston Consulting.
Erblümel
Zwischen Boston Consulting und der Charter City habe ich bei einer schnellen Recherche keine Verbindungen gefunden. Ich dachte mir, wenn Boston schon bei Corona-Screenings berät, dann könnten sie das doch auch bei Steuerfragen in Honduras tätig sein. Ist doch mehr deren Fachgebiet. Aber vielleicht habe ich einfach zu wenig recherchiert.
Das bringt mich jedoch auf eine ganz andere Idee: Vielleicht verkündet das Kanzleramt auch bald seine eigene „Charter City“? Mitten am Ballhausplatz. Eigene Gesetze scheinen dort ja schon zu gelten. Einen tollen Namen würde man noch brauchen. Die Investoren-Stadt in Honduras wird „Próspera“ getauft werden, heißt so viel wie „gedeihen” oder “erblühen“.
Sollte man die „Charter City“ am Ballhausplatz einfach „Erblümel“ nennen?
Titelbild: APA Picturedesk