Freitag, April 19, 2024

ZIB 2 – Schanigartenfreaks und falsche Partys

Von den Landeshauptleuten wollte am Mittwochabend keiner in die ZIB 2. Stattdessen durften Peter Filzmaier und Peter Klimek die östliche Osterruhe analysieren. Von Ostererleuchtung und falschen Partys des Bundeskanzlers:

Wien, 25. März 2021 | Über Wien, Burgenland und Niederösterreich wird in der kommenden Woche von 1. bis 6. April eine Osterruhe, ein harter Kurz-Lockdown, verhängt. Die drei Landeschefs Michael Ludwig (SPÖ), Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Hans Peter Doskozil (SPÖ) kamen aber nicht in die ZIB 2, stattdessen analysierten der Komplexitätsforscher Peter Klimek und Politologe Peter Filzmaier die Entscheidung.

Für Klimek habe der kurzfristige Lockdown wohl nur einen kleinen Effekt. Die Handels- und Schulschließungen würden das Infektionsgeschehen um gerade einmal zehn Prozent verringern. Aus epidemiologischer Sicht würde er zu einem zumindest zweiwöchigen Lockdown raten, aber dabei sei es auch wichtig, die Balance zu finden. Bei zu langen Lockdowns würden sich die Maßnahmen abnutzen. Wichtig sei es trotzdem, sich jetzt ein Polster für Öffnungen zu erarbeiten, bei den Infektionszahlen brauche es allerdings eine Trendwende.

Saulus-Paulus-Auftritt

Politologe Filzmaier hingegen analysierte den politischen Aspekt der Entscheidung. Burgenlands Landeshauptmann Doskozil habe etwa einen Saulus-Paulus-Auftritt hingelegt. Anfang der Woche war Doskozil noch für eine Öffnung der Thermen, nun habe er laut Filzmaier, eine „mysteriöse Ostererleuchtung“ gehabt. Der schnelle Meinungswechsel Doskozils und auch der des Wiener Gesundheitsstadtrates Peter Hacker – laut Filzmaier zu Wochenbeginn noch ein „Schanigartenfreak“ – seien Schönheitsfehler.

Wolfs These, ob nun Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) der große Gewinner der Verhandlungen mit den Länderchefs gewesen sei, stimmt Filzmaier nicht zu. Die Verkündungen vom Mittwoch hätten „den Beigeschmack eines Kompromisses“. Teilweise seien die Kompromisse sogar „halbherzig“ oder „faul“. Es handle sich zudem um keine langfristigen Beschlüsse.

Klimek wurde gefragt, wann das von Bundeskanzler Kurz propagierte Licht am Ende des Tunnels nun eintreffen werde. Im “Prognose-Konsortium” gehe man davon aus, dass es in den kommenden Wochen und Monaten leichter zu erreichen werde. Dabei hoffe man auf drei Faktoren: steigende Tests, mehr Impfungen und saisonale Effekte sollen bei der Viruseindämmung helfen. Sollte die Trendwende gelingen, rechnet der Komplexitätsforscher mit einer Entschärfung der Situation im Laufe des Mai oder Juni.

„Irgendwo war der Bundeskanzler auch auf der falschen Party“

Filzmaier bezog auch noch Stellung zum Fehlen des Bundeskanzlers bei der Verkündungspressekonferenz am Mittwoch – vor allem, weil diese im Bundeskanzleramt stattfand. Diese Symbolik müsse ihm klar sein.

Denn bei der Pressekonferenz zwei Tage zuvor am Montag, die „voller Leermeldungen“ war und weder Öffnungen noch Lockerungen präsentiert wurden, war Sebastian Kurz anwesend. Filzmaiers Urteil: „Irgendwo war der Bundeskanzler auch auf der falschen Party.“

Die ganze ZIB 2 finden Sie hier.

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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16 Kommentare

  1. Dank Ioannidis und einer Handvoll Länder wie Schweden oder Florida wissen wir, dass Lockdowns gar keinen Effekt haben, außer die Wirtschaft zu zerstören. Wieso darf eigentlich ein Computermodellprogrammierer über dieses Land bestimmen? Weil der ahnungslose Rudi davon keine Ahnung hat? Diese Computermodelle liefern das, was man will, das ist beim Klima genau so.

  2. Hoffentlich passt der Bundesnasenbohrer auf Merkel auf und entschuldigt sich rechtzeitig vor Ostern…

  3. Der studierte Physiker Peter Klimek hat letzes Jahr Statistiken über Lockdownmaßnahmen gemacht und schlug das Schließen von Kindergärten, Schulen und Universitäten als beste Maßnahme vor. (bei den Jüngeren muss auch ein Elternteil zu Hause bleiben – Spielel Interview) Da hat man ihn noch als Statistiker bezeichnet. Der Statistiker mutierte heuer zum Komplexitätsforscher – ein großer Aufstieg.

    • Naja, “Komplexitätsforscher” klingt doch noch viel besser als “Experte” ;-). Außerdem ist “Big-Data” gerade modern. Machen Sie aber nie den Fehler und fragen die nach den Daten, die sie NICHT zur Verfügung haben (weil sie niemand aufzeichnet) und wie das ihre “Berechnungen” beeinflusst 😉

    • Bis vor Kurzem war mir der Filzmaier noch suspekt, obwohl er manchmal auch gute Artikel (in der Krone) schreibt. Das, was mich so gestört hatte, war sein ewiges dahingeleiere, dass eben die Kräfte (links, mitte, rechts) so sind, wie sie sind und deswegen alles so bleiben wird, wie es ist (bla, bla, bla). Aber jetzt scheint er richtig aufzublühen! Vielleicht war er auch bis jetzt einfach immer unterfordert (als echter Politik-Insider)? Und vielleicht muss man es ja auch anders lesen: Da dürfte wirklich ein Umbruch in der Luft liegen 🙂

        • Wenn der sigrantig ist wie ich, dann kommen da noch ein paar scöne Wortspenden bevor sie ihn entfernen.

          • Wer soll ihn entfernen? Dies würde nur geschehen wenn die Gis Gebühren abgeschafft werden und der ORF auf den Basar der Wirtschaftsinteressen landen würde.

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