“Dann feiern die Leute eben wieder drinnen”
Der Oster-Lockdown hat den Donaukanal großteils leergefegt, denn seit Donnerstag gilt an stark frequentierten Plätzen der Hauptstadt eine FFP2-Maskenpflicht. ZackZack war vor Ort und hat sich selbst ein Bild gemacht.
Wien, 02. April 2021 | Seit Donnerstag gilt der Ost-Lockdown für Wien, das Burgenland und Niederösterreich. Vorerst bis zum 6. April, doch Wien hat bereits bis zum 11. April verlängert und darüber hinaus die Maskenpflicht für „stark frequentierte Orte“ verschärft. Darunter fällt auch der Donaukanal, der besonders im Frühling ein sehr beliebter Treffpunkt und Erholungszone ist. ZackZack hat sich bei den Wienerinnen und Wienern umgehört. Die neue Verschärfung stößt bei den meisten auf Unverständnis.
Schluss mit lustig
Noch ein letztes Mal vor Ostern mit Freundinnen und Freunden am Kanal auf ein gepflegtes Feierabendbier treffen – das dachten sich auch Martin L. und sein Kollege. Am Mittwoch, ein Tag vor Beginn des harten Lockdowns, herrschte in Wien herrliches Kaiserwetter. Auf die Idee, sich noch ein letztes Mal mit ein paar Leuten ans Wasser zu setzen, kamen viele. Bis dann plötzlich die Polizei auftauchte:
„Es war um 20.30 Uhr, ziemlich genau. Sie sind langsam durchgefahren und haben uns über die Autolautsprecher gelangweilt, aber höflich gebeten den Platz zu räumen und doch bitte unseren Müll mitzunehmen. Danach kam dann noch die Anmerkung, dass ab zwölf Uhr Maskenpflicht gilt. Wir sind dann eh auch direkt los und angesichts der Menge an Leuten, die dann mit uns hochgelaufen sind, würde ich vermuten, dass der Kanal danach leer war“,
schildert Martin L. gegenüber ZackZack die Lage am Mittwoch.
Die Einführung der Maskenpflicht in Bezug auf die Infektionsminderung findet Martin L. weniger sinnvoll:
„Es ist zwar gut, nochmal in Erinnerung zu rufen, dass wir immer noch in einer Pandemie leben. Aber so wie das ausformuliert ist, scheint ja der Konsum von Getränken ein Ausnahmegrund zu sein und das macht’s wieder wirklich sinnlos.“
Auch am Donnerstag war das Wetter in Wien frühlingshaft bei sonnigen 23 Grad. Normalerweise würden hier lauter Menschen lebensfroh am Kanal sitzen. Der Ort wirkte am Donnerstag wie ausgestorben. Vereinzelt gingen Menschen noch spazieren, darunter auch ein paar mit FFP2-Maske. / Foto: ZackZack
“Das Problem wird nur unter den Teppich gekehrt”
Auch Lara N. findet diese Einführung eher “sinnlos” und fragt sich, was sich die Stadt Wien dabei überlegt hat:
„Erstmal habe ich Angst, dass das jetzt für längere Zeit bestehen bleibt und zweitens ist es schade, dass so etwas beschlossen wurde, da das Ansteckungsrisiko draußen minimal ist. Ich verstehe diesen Beschluss daher eher wenig“,
so Lara N. und fügt hinzu, dass die Maskenpflicht wohl eher dazu führe, dass sich die Menschen wieder verstärkt drinnen treffen, wo das Ansteckungsrisiko wieder viel höher ist.
„Das Problem wird einfach nur unter den Teppich gekehrt, wo es die Öffentlichkeit nicht mitbekommt.“
„Nichts gewonnen“
Eine weitere Passantin, die ZackZack beim Spazieren getroffen hat, versteht den Ansatz dahinter, das Geschehen an öffentlichen Plätzen kontrollieren zu wollen. Sie fragt sich jedoch, ob es nicht eventuell besser wäre, an belebten Orten mehr behördliche Präsenz zu zeigen, auf die Abstände hinzuweisen und partyähnlichen Ansammlungen vorzubeugen als auf Maskenpflicht zu setzen:
„Jetzt ziehen sich die Leute vielleicht wieder in den Privatbereich und ihre Wohnungen zurück, wo die meisten Ansteckungen stattfinden. Also ist wieder nichts gewonnen.“
“Das Bewusstsein der Bevölkerung muss gesteigert werden”
Dennoch erscheint das Tragen einer Maske an stark frequentierten öffentlichen Plätzen manchen Befragten als sinnvoll, wie auch Psychologe Lars W. findet. Eine Covid-Übertragung sei im Freien zwar unwahrscheinlicher als in geschlossenen Räumen, jedoch möglich:
“Aus psychologischer Sicht kann das Bewusstsein für das aktuelle Infektionsrisiko in der Bevölkerung gesteigert werden. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme hängt meiner Ansicht nach aber vor allem davon ab, ob dadurch nicht anderes, ein Infektionsrisiko erhöhendes, Verhalten (z.B. Verlegung von Treffen in geschlossenen Räumen) unabsichtlich herbeigeführt wird“,
betont Lars W. gegenüber ZackZack.
Ein weiterer Passant, der am Kanal wohnt, sieht die Maskenpflicht ebenfalls als geeignet – zumindest einmal für kurze Zeit:
“Sobald das Wetter mal etwas wärmer wurde, war der Kanal bumvoll. Man hat überall Gruppen von mehr als zehn Leuten gesehen, die wild Party gemacht haben. Ich kann verstehen, dass Ausgehen und soziale Kontakte vor allem den jungen Leuten fehlen, aber irgendwie muss man mal auf die Bremse treten.”
“Reinen Wein einschenken”
Zuvor wandte sich Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) über Twitter an die Wiener Bevölkerung. Er appellierte, die Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren: „Bitte keine Treffen.“ Auch am Karlsplatz, am Schwedenplatz, am Stephansplatz und am Maria-Theresienplatz gilt seit Donnerstag eine FFP2-Pflicht. Ludwig wolle der Bevölkerung vor dem nächsten Lockdown „reinen Wein einschenken“:
#Osterruhe: Wir müssen der Bevölkerung reinen Wein einschenken. Daher auch eine klare Kommunikation über den Ernst der Lage. Und das tun wir.
/1— Michael Ludwig (@BgmLudwig) March 31, 2021
Von der Maskenpflicht ausgeschlossen sind, wie schon erwähnt, jedoch das Sporteln und Trinken an den genannten “Verbotszonen”. Doch auf die Diskussion mit den Polizisten wollen sich die Wienerinnen und Wiener offensichtlich nicht einlassen:
“Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob man sich dann überhaupt drum herum drücken kann, nur weil man eine Dose Bier bei sich hat”,
so Lara N. Das Feierabendgetränk in der Sonne lasse sie sich jedenfalls ungern verderben. Daher ziehe es die Leute dann wohl eher woanders hin. Schöne Plätze in Wien gebe es jedenfalls genug. Alle Befragten sind sich jedoch in einem Punkt einig: Der Sommer liegt nicht mehr in weiter Ferne und da schaut die Situation hoffentlich wieder anders aus.
(jz)
Die Namen wurden von der Redaktion geändert.
Titelbild: ZackZack