Freitag, März 29, 2024

“Keine einzige weniger!” – Mord an Frauen hat ein System

Mord an Frauen hat ein System

Nur weil sie Frauen sind, mussten sie sterben. „Nehmt ihr uns eine, antworten wir alle“, hieß es gerade erst gestern bei der Demonstration in Wien gegen Femizid und Männergewalt. Heute gestand ein Mann in Graz den Mord an seiner Frau – wieder wurde eine Frau von ihrem Partner in den eigenen vier Wänden kalt ermordet. Sexuelle und körperliche Gewalt durch Männer an Frauen ist in Österreich keine Seltenheit und durch den Lockdown werden solche Übergriffe auch noch verstärkt.

Wien, 07. April 2021 | Gewalt gegen Frauen ist hierzulande keine Seltenheit und nach wie vor trauriger Alltag. Von sexuellen Übergriffen und Misshandlungen bis hin zum Mord – und am Mittwoch ist es schon wieder passiert: Ein 43-jähriger Mann hat in Graz in einer Wohnung in der Idlhofgasse seine 38-jährige Frau getötet. Der Mann gestand den Mord an seiner Frau, hieß es seitens der Landespolizeidirektion Steiermark. Laut Polizeisprecher Fritz Grundnig wurde danach die Leiche der Frau in der Wohnung gefunden.

Die Tat dürfte ersten Erhebungen zufolge in den Morgenstunden verübt worden sein. Die vier Kinder des Paares waren zum Tatzeitpunkt in der Schule. Wie genau es zu den Gewalthandlungen kam, müsse noch ermittelt werden, doch die mutmaßliche Tatwaffe wurde in der Wohnung entdeckt: ein Messer mit Holzgriff, sagte Polizeisprecher Fritz Grundnig.

“Nehmt ihr uns eine, antworten wir alle”

Erst gestern gab es am Wiener Karlsplatz eine Demonstration gegen Männergewalt und Femizid, also die Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts. Ausschlaggebend war dafür unter anderem eine Trafikantin, die nach dem versuchten Femizid an ihr in Wien einen Monat lang um ihr Leben gerungen hat und gestern an den Folgen verstarb. Sie wurde von ihrem Ex-Partner mit Benzin überschüttet und angezündet. Nach dem Motto “Keine einzige weniger” wollten die Protestantinnen und Protestanten auf die immer stärker zunehmenden Femizide aufmerksam machen. Keine weitere Frau solle, vor allem aufgrund ihres Geschlechtes, körperliche Gewalt erfahren oder sogar umgebracht werden.

Demonstration am Karlsplatz in Wien / Fotos: ZackZack

Jede fünfte Frau in Österreich Opfer von männlicher Gewalt

Das Ausmaß an häuslicher Gewalt an Frauen, sexuellen Übergriffen und Femizide ist erschreckend. Hier ein paar Zahlen: Laut veröffentlichten Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat war Österreich 2017 das einzige EU-Land, in dem mehr Frauen als Männer durch ein Gewaltverbrechen zu Tode kamen. Von 48 Mordopfern waren 27 weiblich.

Jede fünfte Frau – also 20 Prozent der Frauen, die in Österreich leben – ist ab ihrem 15. Lebensjahr körperlicher und/oder sexueller Gewalt ausgesetzt. Jede dritte Frau erlebt physische und/oder sexuelle Gewalt. Jede 3. Frau wird sexuell belästigt. Das geht in einer Erhebung der EU-Grundrechtsagentur zu geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen hervor.

Im Jahr 2020 wurden laut polizeilicher Kriminalstatistik 31 Frauenhäufig von ihren (Ex)Partnern oder Familienmitgliedern ermordet. Allein in den letzten vier Monaten gab es sieben Morde an Frauen aufgrund ihres Geschlechts. Der Mord in Graz ist nun der achte. Jedoch werden nicht alle Übergriffe erfasst. Die Dunkelziffer könnte daher noch viel höher sein.

“Brutale Frauenmorde gehen in Österreich ungebrochen weiter”

Vor einem Monat, am 5. März 2021, wurde eine 35-jährige Trafikantin in Wien von ihrem Ex-Partner an ihrem Arbeitsplatz angegriffen, mit einer Flüssigkeit übergossen und angezündet. Der mutmaßliche Täter versperrte anschließend das Geschäft und lief davon. Seither schwebte sie in Lebensgefahr. Ein Monat lang kämpfte Nadine um ihr Leben – vorgestern ist die 35-jährige ihren Verbrennungen erlegen.

Der Verdächtige behauptete keine Tötungsabsicht gehabt zu haben.

„Bei so einer brutalen Tat nicht von einer Tötungsabsicht auszugehen, ist eine Ungeheuerlichkeit und eine Verhöhnung des Opfers. Wer jemanden anzündet und dann noch die Tür verschließt, kann nicht ernsthaft davon ausgehen, dass die Person das überlebt“,

so Viktoria Spielmann, Frauensprecherin der Grünen Wien. Hier sei die Justiz gefordert, sich klar gegen Femizide einzusetzen und diese Tat nicht zu verharmlosen.

„Femizide – Frauenmorde –  sind keine Einzelfälle, sondern haben System und müssen endlich klar als solche benannt werden. Sie sind die Spitze des misogynen und patriarchalen Eisbergs der Männergewalt gegen Frauen“,

so Spielmann.

“Wir dürfen bei Männergewalt gegen Frauen nicht wegschauen”,

drängt Vorstandsmitglied der Grünen Frauen Wien, Monika Kreutz.

Frauen in der Lockdown-Falle der häuslichen Gewalt

Derzeit kommt es aufgrund des Lockdowns innerhalb vieler Familien verstärkt zu Übergriffen an Frauen in den eigenen vier Wänden. Anfang Juni 2020 hat die Technische Universität München die erste große Studie über Covid-19 und häusliche Gewalt in Deutschland veröffentlicht. Diese erste große repräsentative Umfrage zu häuslicher Gewalt während der Corona-Pandemie in Deutschland zeigt auf, dass rund 3 Prozent der Frauen während der Zeit der strengen Kontaktbeschränkungen zu Hause Opfer körperlicher Gewalt wurden. 3,6 Prozent der Frauen wurden von ihrem Partner vergewaltigt. In 6,5 Prozent aller Haushalte wurde Gewalt gegen Kinder verübt.

Deutlich höher noch lagen die Zahlen, wenn die Frauen in Quarantäne waren oder die Familien finanzielle Sorgen hatten. Nur ein sehr kleiner Teil der betroffenen Frauen nutzte die vorhandenen Hilfsangebote. Doch auch dieser Anstieg wird in der Statistik von einem vermutlich leider noch weit höheren Anstieg im Bereich der Dunkelziffer begleitet.

(jz)

Titelbild: APA Picturedesk

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70 Kommentare

  1. …hat System.

    Das System heisst Patriarchat. Das muss ich leider sagen. Es (be)zwingt alle Geschlechter, zwingt alle in (vor)bestimmte Rollen und macht alle unfrei. So viel zur menschlichen Intelligenz.

  2. “Mord an Frauen hat ein System”

    Wenn dem so ist wird es Abhilfe nur geben können, wenn dieses “System” (mit allen relevanten Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen in ihm) vorher hinreichend verstanden wird.
    In diese Richtung habe ich im Artikel leider kaum etwas bemerkt.

    • Da haben Sie recht! Ich interpretiere das allerdings mehr als Hilfeschrei und es wird nicht einfach sein, dieses “System” auch zu verstehen und konkrete Handlungsanleitungen (zur Verbesserung) zu formulieren. Umso wichtiger finde ich es, dass darüber zumindest ‘mal diskutiert wird. Letztlich betrifft es uns ja alle …

      • Die Schwierigkeiten sind enorm auch wegen der verschiedenen Kulturen, die da mitunter aufeinanderprallen.
        Das erste, was man fürs bessere Verstehen brauchen würde, wären wohl Statistiken, und zwar weltweit, und über alle Arten von Beziehungskonflikten, die in der Folge bis zum Mord führen können.
        Schon das klingt illusorisch, aber auch wenn man das hätte: die Zusammenhänge zu “verstehen” wäre man dennoch noch weit entfernt….
        Es wird also nicht viel übrig bleiben, als die Sache kleinweise anzugehen. Leider ohne viel Aussicht, Fälle wie die im Artikel künftig verhindern zu können.
        Oder sehen Sie bessere Perspektiven?

        • Ich glaube, dass man da auch kurzfristig etwas erreichen kann, wenn man die Organisationen stärkt, die sich damit beschäftigen. In Frankreich (das wahrscheinlich in Bezug auf Diversität in der Bevölkerung vergleichbar ist) gibt’s “nur” halb soviele Morde an Frauen. Bei den Statistiken haben wir ein Problem: Die Anzahl der Obduktionen geht seit Jahrzehnten extrem zurück. Viel wissen wir wahrscheinlich gar nicht. Kurzfristig würde sicher auch helfen, Druck aus der Gesellschaft zu nehmen. Aber derzeit passiert genau das Gegenteil: Wenige machen viel Kohle auf Kosten der Mehrheit. Ich würde sogar den umgekehrten Weg gehen und annehmen, dass bei uns etwas grundlegend nicht stimmt …

          • Zu “grundlegend” fällt mir ein, dass wir Menschen eine der aggressivsten Affenarten sind – völlig im Gegensatz etwa zu den Bonobos, wenn ich mich recht erinnere.

          • Ja! Auch wenn Fromms “Anatomie der menschlichen Destruktivität” ein wirklich “schweres” Buch ist, die Unterscheidung in verteidigende Aggression (z.B. zum Schutz des Nachwuchses) und destruktive scheint mir essentiell. Zumal es ja beim Menschen zumindest die Basis für Vernunft gäbe. Aber hier drehen wir uns quasi im Kreis: Vernunft kann erst dann “übernehmen”, wenn es eine Sprache gibt für das, was man (z.B. seelisch erleidet), bevor MAN eine Frau schlägt. Wir (als Gesellschaft) müssten lernen, über Gefühle zu sprechen. Aber der Nonsense, den so viele “Expert*innen” von sich geben, wenn sie behaupten, dieses oder jenes Gefühl wäre negativ, trägt nicht gerade dazu bei.

          • Der Gehirnforscher Antonio Damasio unterscheidet zwischen Emotionen und Gefühlen. Das finde ich deswegen gut, weil man obiges Problem auflösen kann. (Diese Präzisierung durch Unterscheidung ist auch eine der Kerntechniken von Erich Fromm.) Mir dreht sich der Magen um, wenn ich höre oder lese, dass man in dieser oder jener Situation nicht wütend sein dürfe. Gefühle (jetzt bin ich selbst ein wenig schlampig) zu unterdrücken ist keine gute Idee. Man muss lernen, die Ohnmacht, etc. PRODUKTIV zu verwenden. Und sei’s nur, gegen Unrecht anzuschreiben, sich in ein Thema einzulesen, etc.

          • Dass es in ziemlich allen Lebenssituationen kontraproduktiv ist, sich oder anderen irgendwelche Empfindungen (Gefühle) verbieten zu wollen bin ich auch schon lange überzeugt. Es geht darum, damit konstruktiv und produktiv umzugehen, wie Sie ja sagen.
            Leider sind wir als Gesellschaft und im Erziehungssystem weit davon entfernt. Wenn ein Mann, der seine Frau umgebracht hat, das z.B. mit “Eifersucht” erklärt bin ich sehr skeptisch, wie weit das die ganze (relevante) Wahrheit sein kann.
            Wir stehen also wohl wieder einmal vor der Notwendigkeit, die ganze Menschheit von Grund auf umkrempeln zu müssen….

          • Und eine weitere gedankliche Schwierigkeit: Gerade bei so drastischen Ereignissen wäre ein klares sprachliches Konzept über die menschliche Befindlichkeit vonnöten. Da muss auch der Begriff der (angeblichen) Willensfreiheit angegangen werden. Hier herrscht ja völlige Uneinigkeit auch in der Wissenschaft.
            Wie weit man darüber verfügen kann, was man in einer Situation will, ist aber doch wohl von ganz entscheidender Bedeutung.

  3. Und wieviele Anzeigen gabs wegen nicht eingehaltenem Abstand? Keine? Achja, das war eine gute Demo.

  4. um was zu ändern muss man erst mal die herkunft der täter analysieren. . wenn man dies nicht tut ändert sich nix an den verhältnissen
    warum das im artikel komplett ausgeklammert wird , ist mir schleierhaft…

    schade um den artikel

    • AUFGEKLÄRTE GESELLSCHAFT
      Aus den uns bekannten Gründen konnten sich die sogenannten islamischen Fundamentalisten und Hassprediger, schon lange vor dem
      IS hier in Österreich festsetzen!
      Besonders in Wien wurde der Fundamentalismus mit Steuergeld unterstützt, während gleichzeitig die Katholiken oder andere im Islam als Ungläubige bezeichnete Menschen vertrieben oder ermordet wurden und werden.
      Das finstere Mittelalter wird damit protegiert und prolongiert! Eine Zeit, in der auch die Katholiken ebenso fundamental waren. Der Unterschied zu den Muslimischen Fundamentalisten besteht darin, daß die Katholiken und unsere Gesellschaft diese Zeit überwunden haben.

      • Die angesehene Feministin Alice Schwarzer, sieht das genauso und warnt vor falscher Toleranz gegenüber dieser Entwicklung, die sich in Europa breit macht. Die Emanzipation der Frau wird dadurch geschwächt.

        • Die Fans von Erdogan, ein bekennender Fundamentalist, denken da natürlich so:
          Der Erdogan ist schon ein toller Hecht, jetzt hat er Van der Leyen, vor laufenden Kameras, am Sofa flachgelegt!

          • Mit Merkel und damit der gesamten EU passiert das ohnedies laufend. Erdogan handelt sozusagen aus Gewohnheit.

  5. Beklagen und Anprangern der höchsten Gewalt-Eskalationen zwischen den Geschlechtern (wie etwa Morde) ist natürlich höchst berechtigt. Die Ursachen sind aber sehr komplex und verworren.
    In Konflikten nützt klarerweise jeder Konfliktpartner seine Stärken. Die sind bei den Männern meist mehr physisch – wodurch es weit mehr physische Gewalt an Frauen gibt als an Männern.
    Wenn Morde geschehen sind können die konkreten Konfliktgeschichten dahinter kaum analysiert werden. Um abzuhelfen müsste das lang vorher geschehen. Und um zu allgemein hilfreichen Aussagen zu kommen müsste zunächst wohl einmal analysiert werden, welche die Stärken und die Schwächen des einen, und welche die des anderen Geschlechts sind.

    • Sie meinten wohl, bei den Tätern liegen die Stärken eher im Physischen.

      • Sehr pauschal und ungenau ausgedrückt:
        MÄNNLICHE Täter sind den weiblichen Opfern eher physisch überlegen.

        • Ich persönlich schäme mich wirklich, wenn ich über den hohen offiziellen Anteil an Frauen höre, welche von sexuellen Übergriffen oder körperlicher Gewalt betroffen sind! Pornografie, fehlende Ethik und fehlende Bildung, also ein allgemeiner Werteverfall, schadet der Emanzipation der Frauen.

          • Stimme dem auch zu, möchte aber noch anfügen, daß die Frau in ihrer Darstellung in der Werbe- und Medienwelt zum Objekt degradiert wird. Verblödete und geblendete Männer verlieren dadurch wahrscheinlich noch leichter ihre Hemmungen, ihre Aggressionen sozusagen an diesen Trugbildern auszuleben.

          • Ja, aber auch dagegen kann man auftreten. Letztes Jahr gab’s im Falter eine Werbung vom Ministerium der Frau Gewessler: Zwei Pärchen fahren mit dem Rad. Vorne die zwei Männer, die quasi die Führung übernehmen. Und hinten tuckern die Frauen nach.

            Ich hoffe nicht, dass das noch einmal passiert. (Habe der Ministerin geschrieben.) Am meisten hat mich aber verwundert, dass das niemandem mehr aufzufallen scheint. Kein Aufschrei, keine Diskussion.

          • Hab dabei eher an die Silikonindustrie und deren willenlose Gehilfinen gedacht! Diesem Diktat der künstlichen Schönheitsideale müßten sich Frauen, meiner Meinung nach, wesentlich stärker entgegen stellen. Die Frau als Objekt und Konsumartikel.

        • Nein, wenn ein Mann, wie im letzten Mordfall, seiner Ehefrau ein Messer hineinrammt, ist er nicht physisch überlegen. Sehr wohl aber übt er extreme körperliche Gewalt und Agressivität aus.

          Das heisst, Männer sind meist nicht physisch überlegen oder stärker als Frauen, sondern neigen eher zu körperlicher Gewalt, Frauen, hingegen, eher zu verbaler Aggressivität. Erstere ist leider meist tödlicher.

          • Sie haben gut ausgedrückt, was ich in etwa auch gemeint habe.

          • Diese Täter sind psychisch nicht überlegen, physisch leider schon.

          • Es mangelt anscheinend bei uns allen hier an einem gemeinsamen Begriffsverständnis. “Stärke”, “Überlegenheit” etc. können je nach Kontext konstruktiv oder destruktiv verstanden (oder auch praktisch eingesetzt) werden.

            Ein destruktiv Handelnder muss aber wohl immer auf irgendeine Weise (physisch, psychisch, etc.) “stärker” sein als das zu Schaden gekommene Opfer, da es offensichtlich dem Opfer nicht gelungen ist, den Schaden abzuwenden.

    • Also wenn es männliche Stärke ist ein Messer, Benzinkanister etc zu verwenden, dann sollten manche vielleicht in sich gehen.
      Das sind KEINE starken Männer, sondern verunsicherte schwache & feige Wesen, die unkontrolliert um sich schlagen!

      • Das sind Unmenschen, die von der Justiz nicht geschont werden dürften. Wenn dann ein männlicher Verteidiger, wie in vielen Fällen darauf Pocht, daß keine Tötungsabsicht vorlag, reiht er sich genau dort, nämlich unter den Unmenschen ein.

      • Da bin ich voll bei Ihnen.

        Ich verstehe “Stärke” nicht per se als etwas Positives.
        Vielleicht wäre “Überlegenheit” ein besseres Wort gewesen.

        Die speziellen Fähigkeiten beider Geschlechter, destruktiv oder konstruktiv in einer Beziehung zu agieren, sollten betrachtet werden, wenn man etwas gegen Gewalteskalationen unternehmen will.

      • Das ist es ja! Wenn Männer gewalttätig werden, dann bekämpfen Sie im Gegenüber ja ihre eigene Schwäche und Ohnmacht. (Fragen Sie mich aber bitte jetzt nicht, in welchem konkreten Buch von Erich Fromm das zu finden ist, wahrscheinlich in der Anatomie der menschlichen Destruktivität.) Normalerweise gibt’s natürliche Grenzen, die jeden Menschen (ich rede jetzt nicht von pathologischen Fällen) davor zurückhalten, anderen zu schaden. Die können aber außer Kraft gesetzt werden. Es gibt glaube ich sogar eine Liste an Punkten, wie man Menschen dazu bringen kann, andere zu foltern. Aber abgesehen davon, läuft bei uns viel subtil ab. Dazu erzähle ich im folgenden eine Geschichte:

        • Eine “Führungskraft” möchte geliebt oder hofiert werden, z.B. weil er ein Narzißt ist. Nun kommt zur Gruppe der Mitarbeiter*innen jemand neu dazu. Der Chef stört (oder lässt stören) eine Besprechung und schaut, wie seine “Schäfchen” reagieren. Jene, die sich aufregen, werden entweder nicht befördert (wenn’s dafür Zeit wäre), oder gleich hinausgeekelt. So weit, so bekannt. Aber WAS passiert mit den anderen, die das schon länger tolerieren? Dachten Sie zu Beginn vielleicht noch, dass das nur eine Ausnahme war und später, wenn sie weiter gekommen sind, werden sie es anprangern, werden sie allmählich abgestumpft und werden so Teil des “Systems”.

          • Sicherheitshalber verweise ich noch auf Literatur: Von Arno Gruen gibt’s da z.B. “Der Verlust des Mitgefühls: Über die Poltik der Gleichgültigkeit”

            Und auf den Ratschlag unserer Flachlandtirolerin (hier im Forum) unten: Hinhören und wenn’s geht einschreiten.

            Zivilcourage sollte wieder mehr Stellenwert in unserer Gesellschaft bekommen. Eine Anlaufstelle ist sicher der Verein ZARA.or.at

  6. Die “steuerbaren” Frauen.

    Das ist nach wie vor tief verankert in unserer Gesellschaft. Frauen im Hintergrund des Mannes, Frauen, die man steuern könnte (und manchmal müsste!), Frauen die Untertanen sind (des Mannes). Es ist auch erst 40 Jahre her, dass Frauen Rechte haben, die nicht vom Wohlwollen des Gatten abhängen (Konteröffnung, Arbeit etc.). Und in anderen Ländern da müssen Frauen immer noch ihren Mann fragen, wenn sie ein Konto eröffnen wollen, zu ihrer Schwester fahren wollen etc.

    Wenn sich Frauen selbstständig und unabhängig machen (wollen), dann werden traditionell verhaftete Männer nicht selten gewalttätig. Die Idee von “steuerbaren” Frauen ist strukturelle Gewalt. Wir müssen als Gesellschaft NEIN sagen. Auf allen Ebenen.

    • Ja! Aber wir müssen uns auch darum kümmern, neue Rollenbilder für Männer zu schaffen. Ich versuche das jetzt rein pragmatisch zu argumentieren und behaupte nicht, dass es wirklich so ist: Frauen sind jedenfalls unabhängiger geworden in den letzten Jahrzehnten. Der Anteil der Frauen bei den Studien ist mittlerweile fast überall größer als der der Männer (ich glaube nur MINT ist noch eine Ausnahme). Das bringt Männer (rein statistisch) in die Defensive. Sie können mit den Veränderungen (in der Gesellschaft) nicht mehr mit. Das muss –aus meiner Sicht– zwangsläufig zu Spannungen führen. (…)

      Aber WER kümmert sich darum? Bei Wikipedia ist der Frauenanteil anscheinend bei nur 20%. Und ein riesen Problem ist der Bias in den “devoten” Geräten wie Alexa, Siri & Co. Wozu haben wir einen “Bildungsminister”? Über WAS denkt Faßmann (so er überhaupt denkt) nach?

      • Wir brauchen einen neuen Gesellschaftsvertrag. Auch in dieser Linie.

        • Finde das einen genialen Ansatz! Wie eine Art Zusatz zu den Menschenrechten? Schwebt Ihnen schon ‘was Konkretes vor? Zum Thema künstliche Intelligenz gibt’s eh das Weißbuch der EU (habe da bei den Rückmeldungen mitgemacht; bin in der Expertendatenbank registriert), aber ansetzen muss man viel früher. Ich bin gerade dabei über die Gründung eines Hacker-Spaces nachzudenken, um insbesondere Mädls (sagen wir ab Ende der Volksschule) die Möglichkeit zu geben, ins Programmieren, die Robotik, etc. hineinzuschnuppern …

          • Ich denke darüber nach. Ferdinand von Schirach hat einen bereits fortgeschrittenen Ansatz.

            https://netzpolitik.org/2021/kommentar-warum-wir-jetzt-sechs-neue-grundrechte-fuer-europa-brauchen/

            Im Text ist auch ein Link für die Petition.

            “Jeder Mensch” ist das Buch, da stehen neue Grundrechte für Europa drin.

            Als Gesellschaftsvertrag ist die Diskussion und die Willensbildung schon: Wie wollen wir miteinander leben? Und wie setzen wir diesen Willen durch?

            Und da brauchen wir wohl noch mehr als diese Grundrechte. Aber so etwas wäre ein Anfang.

          • Danke für den Hinweis! Von von Schirach habe ich ein Buch gelesen, glaube “Die Würde des Menschen ist antastbar”. Werde mir bei Gelegenheit das neue (bei meinem kleinen Lieblingsbuchhändler) bestellen.

          • Gerne. In Bezug auf Chancengleichheit braucht es ebenso einklagbare Wege. Und ich meine damit strukturelle Ungleichheiten. Eine Frau kann einklagen, dass sie vom Arbeitgeber aus sexistischen Gründen übergangen wurde, wenn sie es beweisen kann, wird ihr Recht gegeben. Aber eine Frau kann nicht einklagen, dass sie als Mädchen für die Hausarbeit erzogen wurde, deswegen aus der Schule genommen wird. Strukturelle Ungleichheiten sind statistisch erfassbar. Und sie müssen prinzipiell einklagbar werden.

            Nicht, weil ich meine, dass viele Klagen gut sind, sondern weil erst durch Klagen eine öffentliche und breitere Diskussion entsteht. Siehe Sterbehilfe.

          • Der Gesellschaftsvertrag, können wir erst nach all diesen Diskussionen vereinbaren. Wollen wir Ungleichheiten zulassen? In welchem Maße können wir sie tolerieren? Zum Beispiel bei Einkommensunterschieden. Wollen wir, dass das höchste Gehalt 7000 x mehr ist als das geringste Gehalt in einem Konzern?

          • find ich auch als guten ansatz, programmieren für mädels. besonders muslimische mädchen und frauen sollten da besonders gefördert werden. die frage st nur wie man sie am besten erreicht und auch in ihrer selbstständigkeit mehr fördern kann.

          • Tun wir bitte nicht so, als ob es bei den Christenmenschen kein Frauen-Bashing gäbe. Danke. Besorgen Sie sich Zeitungen (Krone, Presse, Kurier) aus den Jahren 1968 bis 1976. Stöbern Sie ein bisschen rum. In der Nationalbibliothek liegen alle auf.

            Das, was Sie zu lesen bekommen, das ist noch nicht lange her, wird Sie an Erdogan erinnern, an einen Ajatollah, an einen Bolsonaro, an einen Trump. Sie werden entdecken, dass strukturelle Gewalt gegen Frauen tief in unserer Gesellschaft verwurzelt ist, ressentimentbehaftet und mit deutlichen Worten sexistisch.

        • Eine wichtige Voraussetzung für einen neuen Gesellschaftsvertrag (speziell hinsichtlich des Geschlechterverhältnisses) wäre, das relevante Konflikt- sowie das Konfliktlösungspotential hinreichend zu kennen.
          Ich bezweifle sehr, dass wir da schon weit genug sind.
          Hier müsste also vorher angesetzt werden.

        • Danke für die Korrektur. Ich versuche mit Absicht immer etwas schlampig zu sein, um nicht zuviel aufzufallen ;-). Schließlich schreibt ja der Pilnacek himself “Wer vorbereitet Gernot?” anstatt “Wer bereitet Gernot vor?”.

          Spaß beiseite: Ich bin wirklich froh über solche Hinweise, und zwar deswegen, weil es bei diesem Format (des Forums) etwas schwieriger ist, nichts zu übersehen.

      • Mit dieser Koalition und den steuerbaren Quotenfrauen wird das sicher nicht gelingen.

  7. Wieviel sind 3,6%? Österreich hat ca. 8,9 Mio Einwohner*innen. Die Hälfte wäre 4,45 und davon 3,6% sind 160.200! Den Zeitraum der Studie müsste man sich genau anschauen. Aber grob habe ich im Kopf, dass nach dem zweiten Weltkrieg 250.000 Frauen von den Russen vergewaltigt wurden. Ich verstehe daher nicht, dass es immer wieder Leute gibt, die pauschal auf Ausländer schimpfen! Das Problem der Gewalt (in den Familien) ist in erster Linie ein österreichisches!

    P.S. Das sind nüchterne (und extrem erschreckende) Zahlen. Ich mache das nur, um wachzurütteln. Dahinter stecken immer einzelne Schicksale. Und meines Wissens wurde auch schon gezeigt, dass das erlittene Leid (von Gewalt) über drei Generationen (!) weitergegeben wird.

  8. die herkunft der meisten mörder wird aber tunlichst verschwiegen… wie soll man etwas ändern können wenn die ursachen nicht am tisch liegen? wir haben viele hereingelassen, die einfach ein anderes werte verständnis besitzen…

    • Zeigen Sie mir die Daten anhand der Quellen von der Statistik Austria! Oder behaupten Sie einfach irgend etwas, ohne vorher nachzudenken? Um Ihre rechte Propaganda zu verbreiten? Abgesehen davon, die Ursachen liegen ja am Tisch: Einige Menschen können sich nicht ausdrücken und hetzen gegen Minderheiten, OHNE bei den Fakten zu bleiben …

      • die letzten mörder jedenfalls waren ein tunesier und ein afghane … detto einige davor. was ist da an fakten so schwer zu verstehn?

        • Danke, das ist keine rechte Propaganda, das sind die Auswüchse einer fundamentalistischen Religion!

    • Bedauerlicher Weise hat mittlerweile auch der Begriff EHRENMORD, wie selbstverständlich, Einzug in unserer Sprache gefunden.

  9. Gewalt fängt viel früher an und man sollte auch ‘mal die Systeme, die Gewalt erst ermöglichen, hinterfragen. Nicht selten sind beim Vertuschen (von Gewalt) auch Frauen (!) beteiligt. Ich weiß von einem schwerwiegenden Fall an einer Uni. Geschützt wurde der Professor (vom Rektorat bis hinauf zum Unirat). Wer sind diese Frauen, die das (männlich dominierte) System für sich schamlos ausnützen und damit aber auch stützen? Im konkreten Fall waren es tatsächlich Quotenweiber (ich verwende diesen Begriff hier bewusst), die dann auch in den entsprechenden Gremien sitzen und gewalttätige Männer schützen. Warum?

    • Auch das derzeitige ” System Lockdown” trägt nicht zur Besserung der Situation der von Gewalt bedrohten Frauen und Kinder (und meinetwegen auch Männer) bei.
      Das Wegsperren von Menschen, die in überwiegender Zahl mit den sog. “Gefahren” durch ein Virus Ängste erleiden, Kinder mal wieder ausschließlich zu Hause betreuen sollen, infolgedessen womöglich finanziell existentiell bedroht sind
      kann unweigerlich zur Eskalation in manchen Familien führen.
      Da darf man sich nicht wundern.
      Aber das scheint ja unsere Regierung überhaupt nicht zu interessieren, auch nicht die Landeshauptleute in den östlichen Bundesländern.
      Anders kann man es nicht sehen, angesichts dessen, dass es weiterhin ohne jegliche Evidenz beim Lockdown bleibt.

  10. Meine Bitte an ZackZack: Macht doch eine eigene Überschrift “Gewalt an Frauen”, wo alle relevanten Artikel (da gab’s leider viele in der letzten Zeit) versammelt sind, bis hin zu Telefonnummern, etc. Vielleicht könnte man auch eine längere Diskussionsmöglichkeit (sagen wir ein Monat lang) freischalten? In Rosa Mayreders Texten (etwa hundert Jahre alt) habe ich viele pointierte Aussagen (auch über das Gehabe von Männern) gefunden. Falls es jemanden interessiert, kann ich gerne die eine oder andere heraussuchen und (aus männlicher Sicht) kommentieren …

    • Vor Kurzem habe ich den Bericht von einer jungen Dame aus Polen gesehen, die – wie ich finde – eine geniale Idee für Frauen hatte die unter häuslicher Gewalt leiden.

      https://de.euronews.com/2021/03/08/gegen-hausliche-gewalt-polnischer-teenager-startet-shop-fur-kosmetikprodukte

      Ich kenne auch einige Frauen die Gewalt zu Hause erfahren, hauptsächlich durch die eingebildeten Besitzansprüche von Männern.
      Und da muß ich Ihnen schon widersprechen; denn diese Frauen an die ich hier denke, sind nicht in Österreich geboren und aufgewachsen; genauso wie ihre Männer. Aber Sie haben Recht, auch ich kann meine Wahrnehmung nicht mit einer Statistik belegen.

      Und auch wenn es nicht so populär ist, es gibt auch Gewalt gegen Männer. Auch das sollte thematisiert werden, zumal ich den Eidruck habe daß es viele gewaltbereite weibliche Teenager gibt. Aber vielleicht habe ich einfach einen merkwürdigen Bekannten- und Freundeskreis.

      • Auch in GB gab’s eine Initiative in Drogeriemärkten, wo’s möglich war, einfach ein Gespräch zu suchen. Das ist jedenfalls ein Thema, dem sich die Politik viel stärker widmen müsste. (…) Es ist ja kein Problem, konkrete Einzelfälle zu beschreiben (auch anonym). Aber ich mag diese Pauschalisierungen nicht. Denn wie allgegenwärtig Gewalt ist, merkt man, wenn man die Augen aufmacht …

        Natürlich gibt’s auch Gewalt gegen Männer. Vielleicht weniger physisch, aber die Ohnmacht in den Frauen kommt auch nicht immer in Form von konstruktiven Initiativen zum Vorschein ;-). Man kann sich dann natürlich fragen, WOHER das kommt. (…)

        • EIN Bereich, wo m.E. nicht selten Männer unter weiblicher “Gewalt” (in Anführungszeichen, weil Motive etc. erst gründlich zu hinterfragen wären) leiden ist dort, wo Frauen eine naturgegebene Machtposition haben: in der Beziehung zu den Kindern.
          Die Mutter-Kind-Beziehung ist von Anfang an ganz eng, während der Vater diese Beziehung erst aufbauen muss. Diese Konstellation enthält viel Konfliktpotential, und da geht (von allen Seiten, aber auch von weiblicher) oft vieles schief – mit nachhaltigen Folgen…

  11. Gewalt an Frauen ist wie ein “gewaltiges” Perpetuum-Mobile. Niemand scheint daran zu denken, wie die größten Diktatoren der Geschichte zu dem wurden, was sie waren (oder noch immer sind). Laut Erich Fromm ist es die MÄNNLICHE Gewalt, die über die Frauen an die MÄNNLICHEN Nachkommen weitergegeben wird. Nun schauen wir uns ‘mal um (in der Welt): Ausbeutung, Kinderarbeit, Umweltzerstörung, etc. Jeder “große” Zerstörer (manche als Manager, mache als Kanzler, etc.) war einmal klein und bedürftig und auf seine Mama angewiesen!

    Nachsatz: Falls der Eindruck entsteht, ich würde die Schuld den Frauen anlasten, bitte noch einmal lesen und nachdenken. Solange, bis sich die richtige Interpunktion (vgl. “Menschliche Kommunikation” von Watzlawick, Beavin und Jackson) eingestellt hat.

  12. Vor Kurzem wurde über die Türkei berichtet, wo’s 300 Frauenmorde (in einem Jahr) gab. Die Zahlen von Österreich auf die Türkei umgerechnet würden 230 (!) bedeuten! Das Problem ist ziemlich komplex, weil’s besonders um die (fehlenden) Rollenbilder für Männer (in der Gesellschaft) geht. Als bekennender Feminist wurde ich auch hier (im Forum) schon angegriffen. Interessanterweise noch nie von jemanden, den man als intellektuell bezeichnen könnte. (…)

    An jene Frauen, die sich hier –gegen Gewalt– engagieren: Wo kann ich mich (als Mann) melden, um mitzuhelfen? Meines Erachtens fängt das alles ja schon viel früher an: Besonders hier im Forum merkt man, dass Menschen beleidigend werden, wenn sie sich nicht mehr ausdrücken können. Gegen diese “Sprachlosigkeit”, diese Ohnmacht muss man (als Gesellschaft) etwas tun …

    • Hinhören, die kleinen Nuancen im Gespräch von Paaren deuten, und wenn die Möglichkeit besteht, die Frau zur Seite nehmen und ernsthaft reden

      Mir wären viele Tränen erspart geblieben, hätte ich zur richtigen Zeit einen solchen Freund gehabt

      • Ich bin hochsensibel, ich mach das öfter. Mische mich auch immer wieder in Gespräche von Mädls ein, die über “seltsames” Verhalten von Burschen sprechen. Über so Themen wie Zärtlichkeit wird kaum diskutiert. Meist geht’s nur um Sex und dessen “Optimierung”. Alles steht und fällt mit der Sprache und der Möglichkeit sich auszudrücken …

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