Freitag, März 29, 2024

ORBAN-SENDER ATTACKIERT ÖSTERREICHISCHE JOURNALISTIN

Pressefreiheit

Dass die ungarische Fidesz-Partei von Premierminister Viktor Orban nicht viel von Pressefreiheit hält, zeigte sich Mittwochabend in einem TV-Beitrag im ungarischen Staatsfernsehen. In diesem wurde eine österreichische Journalistin namentlich attackiert. Der Grund: Sie habe „mit Fragen provoziert“.

 

Wien, 08.04.2021 | Franziska Tschinderle, Journalistin im Auslandsressort des „profil“, hat es Mittwochabend in den ungarischen TV-Hauptabend geschafft. Die Nachrichtensendung “Híradó” des Staatssenders M1 widmete der Journalistin einen eigenen Beitrag, und dieser fiel alles andere als positiv aus. Was war der Grund? Die Antwort ist einfach: Tschinderle hat ihre Arbeit gemacht und in einer Mail kritische Fragen an die Regierungspartei Fidesz gerichtet, oder wie es im ungarischen TV-Beitrag des Orban-Senders heißt, „provoziert“.

Recherchen zu rechter Allianz

Gemeinsam mit ihrer Kollegin Siobhan Geets recherchiert Tschinderle derzeit über das vor einer Woche erfolgte Treffen von Ungarns Premier Viktor Orban mit dem Chef der italienischen Partei Lega, Matteo Salvini, und Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki. Die Politiker berieten sich bei ihrem Treffen über die Gründung einer neuen rechten Allianz in Europa. Die von Orban geführte Fidesz-Partei hatte zwei Wochen zuvor die christdemokratische Europäische Volkspartei (EVP), der auch die ÖVP angehört, verlassen. Grund waren jahrelange Streitigkeiten um die Auslegung europäischer Werte. Nun sucht Orban die Gemeinschaft mit den rechtsnationalen Kräften in Polen und Italien.

Der ganze TV-Beitrag. (Quelle: Youtube)

Drei einfache Fragen sorgen für eigenen TV-Beitrag

Drei Fragen richtete die österreichische Journalistin daraufhin an die Regierungspartei. Etwa, warum bei dem Treffen keine Vertreter des französischen Rassemblement National (RN) und der österreichischen FPÖ dabei waren. Auch, was die Ziele der neuen Allianz sind und wer noch beitreten könnte, wollte Tschinderle wissen.

https://twitter.com/tschinderle/status/1380070556150665219

In ihrer dritten Frage bezog sie sich darauf, dass ähnliche EU-kritische Zusammenschlüsse schon in den 1980ern gescheitert seien, unter anderem aufgrund antisemitischer Attacken.

“Keine echten Fragen”

„Solche Fragen stellen nur Amateurjournalisten“, kommentierte der Moderator des TV-Beitrags. Das ungarische Staatsfernsehen zitierte außerdem ungenannte Experten, “nach denen das Ziel ist, bereits im Voraus das sich formierende starke europäische christdemokratische Bündnis zu attackieren”. Auch von einer „beispiellosen Attacke der europäischen linksliberalen Presse“ ist die Rede.

Da es sich für die Fidesz-Partei hierbei um „keine echten Fragen“ gehandelt hat, wurde eine Beantwortung letztlich abgelehnt. Von Tschinderle erwarte man nun einen Artikel, der die ungarische Regierung erneut „in Misskredit bringen“ wolle, heißt es am Ende des Beitrags.

“Das kennt man in Ungarn mittlerweile”

Gegenüber ZackZack zeigt sich Tschinderle verwundert über die Reaktion des ungarischen TV-Senders. Ihr gehe es neben der allgmeinen Pressefreiheit vor allem um die Kolleginnen und Kollegen in Ungarn, “die so etwas täglich erleben müssen”. Der Vorfall bestärkt sie zudem, “weiter am Ball zu bleiben”.

“Dass Journalisten wegen kritischer Berichterstattung Schmierkampagnen ausgesetzt sind? Das kennt man aus Ungarn mittlerwiele leider. Aber dass eine Journalistin im staatlichen Fernsehen angegriffen wird, weil sie Fragen stellt? Das hat selbst meine Kollegen und Kolleginnen verwundert.”

so die Journalistin gegenüber ZackZack.

Solidarität im Netz

Im Netz zeigten sich bereits viele österreichische Journalisten und Journalistinnen solidarisch mit Tschinderle. Von einer „beispiellosen Attacke auf die Pressefreiheit“ spricht etwa „Profil“-Herausgeber Christian Rainer. Auch eine Stellungnahme der ÖVP wird gefordert. Die Kanzlerpartei zählte in der Vergangenheit zu den wichtigsten Unterstützern Orbans in der EVP.

Der SPÖ-Abgeordnete Jörg Leichtfried fordert von Kanzler Kurz zudem „klare Worte“ gegenüber Ungarn und Premier Orban und eine Verurteilung dieser Attacken. „Das sind die Methoden einer Partei, die Kurz unbedingt in der eigenen Fraktion EVP halten wollte“, erinnert er. Anfang März haben sechs der sieben ÖVP-Abgeordneten im EU-Parlament für einen Verbleib von Fidesz in der EVP gestimmt. Othmar Karas stimmte als einziger von ihnen dagegen.

ZIB2-Anchor Armin Wolf erinnerte in einem Tweet daran, dass sich Strache auf Ibiza damals eine ähnliche „Medienlandschaft“ für Österreich gewünscht hat.

(mst)

Titelbild: APA Picturedesk

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

14 Kommentare

  1. Die erste Frage ist eine klare und sinnlose Provokation und ist auch unhöflich, unprofesionell. Keine weitere Teilnehmer waren vorgesehen, wobei Salvini ist vizeMP von Italien, Morawiecki is MP von Poland und Orbán ist MP von Ungarn und es handelt sich um rechtskonzervativ orientierte politische Parteien, so LePen hat in diesem “Klub” nichts zu suchen. So die Absicht der Journalistin ist klar. Natürlich Sie kann auch solche unprofessionelle Fragen stellen, muss Sie aber dann auch mit unprofessioneller Reaktion rechnen.

  2. Also ggue. der sog. “Pressefreiheit in AT” herrschen in Ungarn fast paradiesische Zustände!

    • Na,na..nur net übertreiben. Vielmehr steht zu befürchten dass Kurz ähnliche autokratische Macht anstrebt, um auch hierzulande Zustände wie in Ungarn herbeizuführen. Noch werden keine Journalisten mit dem Leben bedroht, Straftaten untergeschoben und weggesperrt, oder auf andere Weise deren Existenz vernichtet wenn sie zu kritisch ihrer Arbeit nachkommen. Ja noch..

      • Hierzulande setzt man (noch) in erster Linie auf großflächige Manipulation (unter Zuhilfenahme von Think Tanks und Agenturen die Nachrichtendienste um Nichts nach stehen und die im Stande sind die Stimmung in der Gesellschaft in Echtzeit zu verfolgen). Das ist wesentlich effektiver als ein drohender und wütender Tyrann.

        • Ja ,das mag sicherlich zutreffen. Bin trotzdem froh wenn die “Diktatur” (noch) nicht so offensichtlich wie selbstredend ist wie in Ungarn. Bei uns kann sich durch Manipulation und Beeinflussung der Medien auch schnell was drehen. In Ungarn hilft da nur ein Aufstand mit Sturz des Despoten. Kollateralschäden inbegriffen.

      • Ihre Zuversicht möchte ich haben. Aber solange es zuckzuck ;-)) noch gibt ist ein Siberstreif am Horizont zu sehen.

        VG aus der Provinz!

      • Grundsätzlich bin ich natürlich volkommen Ihrer Meinung, nur kommen die Einschüsse näher und näher… ich erinnere an “gekaufte und unter Druck gesetzte Medien, den Ausspruch von Kurz “falsche Fakten”, die Aussage von Spiegelfeld bzgl Brandstätter “Jetzt wird der vernichtet”….
        Wehret den Anfängen

  3. Bekommt unser MiniOrban Unterstützung vom SuperOrban? Mischt sich der Bibi dann auch noch bei uns ein um den Maturanten zu schützen?

  4. Na genau den brauchen wir….
    Auch einer von Kurz best Friends…
    Widerlich

  5. Orban attackiert die “Pressefreiheit” offen, in Österreich geschieht das wesentlich eleganter indem alle (noch) großen Medien von regimetreuen Leuten unterwandert sind. *thumbsup*

  6. Trotz Austritt aus der EVP bleibt er Freund von W. Schüssel und dessen Ziehsohn. Viktor ist ja Vorbild für den Geschminkten

Kommentarfunktion ist geschlossen.

Jetzt: Polizeiäffäre "Pilnacek"

Denn: ZackZack bist auch DU!