Freitag, März 29, 2024

Abschlussklassen: Chaos um Verordnungen

Das ist ein Unterüberschrift

Weil die Verordnung zu spät kam und einiges dafür sprach, verlängerten Wiener Schulen das Distance Learning. Direktoren und Schüler kritisieren späte Information.

Florian Bayer

Wien, 15.4.2021 | Die Verwirrung war groß: Eigentlich herrscht Lockdown in Ostösterreich, auch an den Schulen. Freitagnachmittag (9.4.) bestimmte aber das Bildungsministerium, dass Abschlussklassen ab Mittwoch (14.4.) wieder im Präsenz-Schichtbetrieb unterrichtet werden sollten.

Zuvor waren mehrere Schulen, jedenfalls das BG9 Wasagasse und die AHS Rahlgasse in Wien, davon ausgegangen, auch Abschlussklassen weiter per Distance Learning unterrichten zu können. Das taten sie auch. Aus organisatorischen, aber auch gesundheitlichen Überlegungen wollten sie beim Distance Learning bleiben, das sich dort bewährt habe.

„Einzelne AHS-Schulleitungen erkennen Ernst der Lage – anders als Minister – und lassen auch 4. Klassen daheim. Begründung: Infektionsgefahr zu groß, Onlineunterricht gut eingeführt und damit für alle möglich, am vollen Stundenplan teilzunehmen“, schrieb eine Mutter, deren Kind betroffen war, auf Twitter. Die Antwort des Wiener Bildungsdirektors folgte kurz darauf.

Wiens Bildungsdirektor Heinrich Himmer auf Twitter. Bild: Twitter/heinrich1110

„Die Bildungsdirektion Wien hat jene rechtlichen Vorschriften zu vollziehen, die uns seitens des Ministeriums vorgegeben sind“, heißt es vom städtischen Bildungsdirektor Heinrich Himmer auf ZackZack-Anfrage. Unter die aktuelle Verordnung falle, dass u.a. Schüler der 4. Klassen und Maturaklassen in Präsenz unterrichtet werden müssen.

„Verordnung kam zu spät“

Zwei derartige „Hinweise“ bzw. Weisungen mussten laut Bildungsdirektor ausgesprochen werden. „Da die Verordnung so spät kam, mussten wir bereits zuvor eine Entscheidung treffen. Drei Viertel der Schüler und die meisten Lehrer haben sich für eine Beibehaltung des Distance Learning ausgesprochen“, erklärt Johannes Bauer, Direktor des BG9 Wasagasse, die ursprüngliche Entscheidung.

Dabei sei es nicht um eine Protesthaltung gegangen, sondern um die sachlich beste Lösung. „Die Verordnung kam zu spät, funktioniert nicht für alle Schulen in ganz Österreich gleich gut. Besser wäre, wenn Schulen selbst entscheiden können, ob sie Abschulklassen in die Schulen holen oder nicht“, sagt Schuldirektor Bauer, der auch daran erinnert, dass der Bildungsminister sich immer wieder für Schulautonomie ausgesprochen hat.

Bauer führt etwa ins Treffen, dass Schüler „verständlicherweise“ keinen Krankenstand zum Maturatermin riskieren möchten. Hauptargument seien aber organisatorische Überlegungen gewesen, denn ein Parallelbetrieb von Distanz- und Präsenzunterricht sei nur „schwer“ möglich. Nach der Weisung wurde die Entscheidung fürs Distance Learning am Montag wieder aufgehoben, die Eltern per neuerlichem Brief informiert.

Elternbrief BRG Wasagasse (13.4.2021)

Bis Donnerstag Mittag waren die Schulen neuerlich im Ungewissen, wie es ab nächster Woche weitergeht. Nun ist es klar: Mit der neuen Verordnung wird die derzeitige Regelung in Wien und Niederösterreich bis Ende nächster Woche (24.4.) verlängert. Im Burgenland kehren ab Montag alle Schüler in den Präsenz-Schichtbetrieb zurück.

„Ständiges Hin und Her“

Wir haben uns unter Schülern umgehört. „Ich bin nicht sicher, ob der Präsenzunterricht nicht zu früh kommt und zu riskant ist“, sagt Leon, Maturant an der AHS Rahlgasse. Es sei schwer, sich eine eindeutige Meinung zu bilden. Er sei jedenfalls „überfordert“ mit Distance Learning.

Im Klassenzimmer falle ihm die Konzentration viel leichter. Auch vielen seiner Freunden ergehe es so. Das Chaos rund um den Schulbetrieb kritisiert er: „Man kann sich auf nichts einstellen, es ist ein ständiges Hin und Her.“ Immerhin seien schon alle Schularbeiten geschrieben, jetzt geht es nur noch um die Maturavorbereitung.

Ähnlich sieht es auch Minna, ebenfalls Maturantin an der AHS Rahlgasse. „Natürlich ist der Unterricht ein Risiko, auch die Anreise in den Öffis. Es bleibt ein ungutes Gefühl.“ Die Präventionsmaßnahmen, besonders die wöchentlichen Tests, sieht sie aber als „wohl bestmögliche Lösung“.

„Fühle mich sicherer“

„Ich hatte am Anfang große Bedenken, mittlerweile fühle ich mich sicherer“, sagt auch Minnas Klassenkollege Paul. Die Schüler werden einmal wöchentlich getestet, am Anfang jeden zweitägigen Präsenzblocks, erzählt er. Den Unterricht im Klassenzimmer sieht der Maturant positiv, da er dort weniger abgelenkt werde als zu Hause.

Auch Paul kritisiert das Chaos rund um den Unterrichtsbetrieb. Seine Klasse wurde erst Dienstagvormittag vom Chemielehrer informiert, dass ab Mittwoch wieder Präsenzunterricht stattfindet. Diese Unsicherheit sei „mühsam.“

Diese Stichprobe ist natürlich nicht repräsentativ. Rund ein Drittel der Maturanten an der AHS Rahlgasse, und sogar zwei Drittel der Abschlussklassen (4. und 8.) am Wasagymnasium haben sich gegen Präsenzunterricht in der jetzigen Situation ausgesprochen. Kritische Stimmen gibt es auch bei manchen Eltern.

Fürsorgepflicht der Schulen

„Auch sehr gebildete Menschen glauben: Es wird doch eh getestet, da kann gar nichts passieren. Erst jetzt sickert vielen, dass das nicht so ist“, sagt die Mutter eines 13-Jährigen am Gymnasium Wasagasse, die auch mit anderen Eltern in Kontakt ist. Schulen hätten „auch eine Fürsorgepflicht“.

Das Distance Learning habe sich eingespielt, die Lehrer seien sehr engagiert. Weder ihr Sohn, noch seine Mitschüler wirken depressiv oder unglücklich. „Auch vor Corona gab es jahrelang zu wenig Plätze in der Kinderpsychiatrie, Essstörungen und Depressionen. Nur hat das niemanden interessiert“, sagt sie. Es stört sie, dass diese Argumente mitunter instrumentalisiert und einseitig aufgeführt werden, wiewohl psychische Folgen der Krise „natürlich“ berücksichtigt werden müssten.

Die Rahlgasse blieb beim Fernunterricht. Bild: APA Picturedesk

Den Wunsch nach Normalbetrieb versteht und teilt sie, doch „bei der jetzigen Inzidenz sollte es keinen Präsenzunterricht geben“. Und wenn doch, dann mit regelmäßigen Testungen mit den sensitiveren PCR-Gurgeltests und CO2-Messgeräten in allen Klassen, die ans Lüften erinnern. Für solche Geräte hätten sich 50 Elternteile ausgesprochen, sagt die Elternsprecherin. Bis jetzt gebe es sie nur ein einzelnen Klassen.

Auch müssten auch ganze Klassen schnellstens isoliert werden, sobald es auch nur eine bestätige Infektion gibt – solange, bis alle Schüler und idealerweise auch Familienmitglieder negativ PCR-getestet sind.

„Derzeit passiert das nicht“, sagt sie und verweist auf die städtischen Kontaktregelungen. Auch an der Informationspolitik seitens der Schulbehörde müsse noch gearbeitet werden: „Wenn jemand Läuse hat, werden sofort alle Mitschüler informiert. Bei Corona ist das nicht so.“

Titelbild: APA Picturedesk

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22 Kommentare

  1. Denken im Unterrichtsministerium ausgesetzt!
    Mittlerweile 2 verlorene Jahre für unsere Schüler
    Meine fünfzehnjährige Tochter verfügt über jede Unterstützung, trotzdem kann sie, im Sinne des Lernfortschrittes, weder das letzte, noch das heurige Schuljahr als regulär einstufen.
    Die banalste und einfachste sowie pragmatisch beste Lösung wäre in jeder Hinsicht eine Klassenteilung und wochenweiser Wechsel zwischen Haus und Präsenzunterricht gewesen. Auch das Testen der jeweils halben Klasse wäre vereinfacht und effektiv gewesen.
    Der Kontakt und Dialog mit den Schülern, sowie die Weitergabe der Hausaufgaben wäre geordnet abgelaufen. Der soziale Kontakt mit den Mitschülern ebenso.
    Wie auch bei Allen anderen Verordnungen, die mit dem Begriff Lockdown verbunden sind, hat auch im Unterrichtsministerium das Denken ausgesetzt!

  2. An ZackZack: Könnt ihr Clubmitgliedschaften an jene vergeben/verlosen, die es sich nicht leisten können? Z.B. Arbeitslose, Student*innen, etc. Vielleicht gekoppelt mit der Vorlage eines Ausweises, den man braucht um in den Sozialhilfemärkten einzukaufen? Ich würde 10 (einfache) Clubmitgliedschaften (für ein Jahr) sponsern! Bin zwar selbst nur befristet und prekär beschäftigt, aber ich würde gerne einen Teil meiner Lenzing-Aktien-Gewinne in den gesellschaftlichen Diskurs investieren! For the mountain we (have to) climb; um die Worte von Amanda Gorman zu verwenden …

    • Ihr Vorschlag ehrt sie sehr! Denke, daß einige, die hier schreiben und offensichtlich auch über viel Zeit verfügen, darüber hinaus gerne bereit wären, zumindest den halben Preis der Clubmitgliedschaft zu berappen. Sozusagen aus Solidarität mit ZackZack. Also, wie bei den Wiener Linien, halber Fahrpreis für Mindestsicherungsbezieher!
      Komme eben auch vom Marketing

      • Die unzähligen Türkisen und auch die Grünen Schwarzfahrer hier seien bei dieser Gelegenheit gegrüßt!
        Nach dem politischen und moralischen Versagen eurer Führer und Bildungsakademien dürft auch ihr in der einzigen Oase der Österreichischen Medienwüste euer tristes, geistiges und körperliches Befinden laben!

  3. Mir tun nicht nur die Kinder leid, die’s am härtesten trifft, sondern all jene, die sich auf die “Experten” verlassen haben. Aber das ist INSBESONDERE ein Versagen der Medien! Bereits am 30. März 2020 habe ich an die Regierung (und alle Parlamentsclubs), Ö1 und mehrere Chefredaktionen geschrieben. Der Titel damals war “Small Data – Ein Weckruf!” Ich hatte damals erklärt, dass man REGIONAL vorgehen soll und mit wenig Daten viel erreichen kann, wenn man die richtig interpretiert. Ich hatte sogar angeboten, mitzuhelfen. Dazu hätte ich aber Ansprechpartner*innen (in den Ministerien, etc.) gebraucht, die mich auch verstanden hätten. Dass die Regierung das nicht wollte, verstehe ich. Aber mehrere Medien (besonders Ö1) hätte in den folgenden zwei Monaten (bis Ende Mai) verstehen müssen, was ich damals meinte. Offensichtlich waren alle Journalist*innen mit dieser Situation VOLLKOMMEN überfordert …

    • Auf was möchte ich hinaus? Jetzt sieht man, wie das mediale Kartenhaus zusammenbricht. Da wurde “vom Goldstandard aller Tests” berichtet, als es um den PCR-Test ging. Das blöde halt ist nur, dass sich da nicht einmal die Expert*innen einig sind, wie man den “richtig” kalibriert. Es waren die Medien, die mitgeholfen haben eine trügerische Sicherheit (z.B. mit Tests) aufzubauen. Relfektiertheit scheint bei den Medien (selbst bei jenen, die sich mit “Qualität” brüsten) aber wohl keine Kategorie zu sein.

      Ich verstehe alle, die das schon länger stört bzw. gestört hat. Aber das ist eben ein gesellschaftlicher Prozess, dem man nicht erzwingen kann (mit noch so “guten” Argumenten). Es braucht eben einen Diskurs. Und um den hätten sich die Medien kümmern müssen. (…)

      • Der langen Rede kurzer Sinn: Man sollte sich immer fragen, wie objektiv Zahlen sind. Und im Zweifelsfall, so wie viele Mathematiker*innen, mit Buchstaben rechnen 😉

  4. Warum werde ich bloß misstrauisch, wenn ich Florian Bayer lese?
    Natürlich ist es eine selektiver Wahrnehmung, aber irgendwie gleichen sich die Bilder, die FB erzeugt. Zuerst das Bemühen um Objektivität: Es sei schwer, sich eine eindeutige Meinung zu bilden. Er sei jedenfalls „überfordert“ mit Distance Learning.
    Dann kommt die Corona-Keule: „Auch sehr gebildete Menschen glauben: Es wird doch eh getestet, da kann gar nichts passieren. Erst jetzt sickert vielen, dass das nicht so ist“, sagt die Mutter eines 13-Jährigen am Gymnasium Wasagasse, Weder ihr Sohn, noch seine Mitschüler wirken depressiv oder unglücklich. „Auch vor Corona gab es jahrelang zu wenig Plätze in der Kinderpsychiatrie, Essstörungen und Depressionen. Nur hat das niemanden interessiert“, sagt sie

    • Gab es vor Corona auch eine VERDOPPLUNG der Suizid-Versuche unter Kindern & Jugendlichen (berichtete kürzlich eine Schweizer Kinderklinik)?

      DAS sollte man mal diese Mutter fragen. Und wie empathielos man sein muss um zu “erkennen”, dass es die Kinder eh nicht juckt…..

      • Ich frage mich, ob Florian Bayer diese Mutter, die das von sich gibt, wirklich gefunden hat, oder ob er ihr nur seine eigenen Worte (Meinung) in den Mund gelegt hat.

        • Es erinnert mich auch sehr an ein Bild im deutschen “Staatsfernsehen”, als dort das digitale Lernen begann. Ein Kind mit erhobenen Armen und einem “Hurra, ich bin schon fertig” vor einem großen Schreibtisch mit einem Laptop und einer Schale Obst daneben.
          Als ob so ein Bild die Wirklichkeit der Allgemeinheit abbildete! Manipulation pur!

      • Naja, im wesentlichen ist das nichts anderes als Arno Gruen in seinem Buch “Der Verlust des Mitgefühls: Die Politik der Gleichgültigkeit” beschreibt. Jede*r wünscht sich eine App, mit der man “objektiv” feststellen kann wie’s jemandem geht. Dabei bräuchte man nur in sich hineinhorchen. Aber WO wird denn das gelernt? In unserer (westlichen) Gesellschaft nicht. Und das ist auch eine Ursache der häuslichen Gewalt, etc.

      • Haben Sie gestern die Aussagen der Kinder- und Jugendpsychiaterin am AKH Skala auf Servus tv gehört? Niederschmetternd.

        Sind natürlich alles Nebenwirkungen des eigentlichen Schutzes der Gesundheit, der verfolgt wird. Darum gehts ja. 🙄

  5. Oida, verstehe ich das richtig? Im Zweifel zugesperrt lassen?
    Ich hätte ohne gesonderte Verordnung gedacht, die logischste Folge wäre zum Ursprung – also zum Normalzustand – zurückzukehren.

    So geht also vorauseilender Gehorsam. Dabei wären die Kinder Schutzbefohlene, und man quält sie trotzdem wissentlich aber ohne nachzudenken.

    Ich könnte jeden Tag heulen, was man den Kleinen da alles antut!!!! Lasst sie endlich in Ruhe!!!!!!

    Die Inzidenz könnt’s Euch gerne hinstecken wo Ihr wollts, denn auch dieser Betrug ist aufgeflogen. Was für Pädagogen sind das, die nicht zuallererst an das Kindeswohl denken? Eindeutiger kann die Studien- UND Fakten-Lage kaum noch sein! Ich fasse es nicht! Ihr Aaaaaarschlöööööcheeeer! Echt jetzt….

    • “Im Zweifel”, und damit natürlich wieder verfassungswidrig. Es ist schon unfassbar, dass diese völlig abnormen Gestalten der Ansicht sind, man muss den Normalzustand erklären und nicht die Abweichung davon.

  6. Ich bin mir mittlerweilen ziemlich sicher, dass Fassmann Kinder aus tiefstem schwarzen Herzen hasst.

    • … was man auf die gesamte Regierung und all die Fans der Maßnahmen ausweiten kann.

      • Bin mir nicht ganz sicher, ob ich Sie richtig verstehe. Ich glaube es gibt viele Menschen, die sich daran gehalten haben, weil sie glaubten, das ist gut so. Die meisten haben andere Sorgen als über all das nachzudenken. Aber in Bezug auf die Regierung kann ich jedenfalls zustimmen!

    • Schwer zu sagen. Aber dass Faßmann INKOMPETENT ist, liegt auf der Hand. Es ist ja leider nicht das erste Chaos, dass er angerichtet hat …

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