Freitag, April 19, 2024

Forscher erzeugten Mischwesen aus Zellen von Mensch und Affe

Wissenschafter haben Embryonen aus Zellen von Mensch und Affe erzeugt. Sie spritzen menschliche Stammzellen in wenige Tage alte Embryonen von Javaneraffen.

Wien, 16. April 2021 | Das Team um Juan Carlos Izpisua Belmonte vom Salk Institute for Biological Studies in La Jolla (Kalifornien) präsentiert seine Arbeit im Fachmagazin “Cell”.

Einige der Embryonen entwickelten sich für knapp 20 Tage im Labor weiter und enthielten ein Zellgemisch beider Arten. Ausgereifte Lebewesen entstanden bei den Versuchen nicht. Langfristiges Ziel dieser ethisch umstrittenen Forschung ist es, menschliche Organe oder Gewebe in Tieren zu züchten, um damit etwa dem Mangel an Spenderorganen zu begegnen.

“Spannende Grundlagenforschung”

Der Stammzellforscher Hans Schöler sieht die Studie als “spannende Grundlagenforschung”. Die tatsächliche Züchtung von Organen in solchen Chimären – Mischwesen unterschiedlicher Arten – sei jedoch noch “ganz ganz fern”, sagt der Direktor am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster, der nicht an der Studie beteiligt war.

Die Wissenschafter bauten mit ihrer Studie auf früheren Untersuchungen auf, bei denen sie Mischembryonen aus Zellen von Mensch und Schwein erzeugt hatten. Dabei waren nur sehr wenige menschliche Zellen in das Gewebe der Schweine integriert, vermutlich aufgrund der großen evolutionären Distanz zwischen den beiden Arten zurück. Mit den Javaneraffen (Macaca fascicularis), wählten die Forscher nun einen näheren Verwandten und erzielten tatsächlich bessere Ergebnisse.

Keine Organlieferanten

Als Organlieferanten sollen die Mensch-Affen-Chimären nicht dienen. Die Forscher wollen mit ihren Experimenten vor allem Grenzen und Möglichkeiten der Technik ausloten und frühe Entwicklungsvorgänge im Embryo untersuchen. Für medizinische Anwendungen wie die Züchtung von Organen böte sich unter anderem aus wirtschaftlichen und ethischen Gründen eher die Nutzung von Schweinen an.

Gerade die Erzeugung chimärer Blastozysten (frühe Embryostadien) mit menschlichen Zellen werfe besondere ethische Fragen auf, schreiben Henry Greely von der Stanford University und Nita Farahany von der Duke University in einem in “Cell” veröffentlichtem Kommentar zu der Studie. Schließlich könnten sich die menschlichen Zellen im sich entwickelnden Embryo ausbreiten und sich zu unterschiedlichen Zelltypen entwickeln. Aspekte etwa des Tierschutzes oder dem Umgang mit menschlichen Spenderzellen seien deshalb kritisch zu prüfen.

Die Forscher hatten jeweils 25 menschliche Stammzellen, die das Potenzial haben, sich in fast alle unterschiedlichen Zelltypen zu entwickeln, in sechs Tage alte Affen-Embryonen injiziert. Zunächst wuchsen alle 132 dieser Embryonen, nach zehn Tagen waren es noch 103. Am Ende der Studie – am Tag 19 nach der Befruchtung – lebten noch drei.

(bf/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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16 Kommentare

  1. Der Rektor der Linzer Kepler Uni wurde gefragt, warum er gerade jetzt – wo in anderen Ländern wegen der rasanten Entwicklung viel besserer Methoden Tierversuchseinrichtungen geschlossen werden – ein Tierversuchslabor baut. Schließlich liefern moderne human-medizinische Methoden Resultate, die sich auch auf Menschen übertragen lassen und sogar personalisierte Medizin ermöglichen, noch dazu schneller, billiger und ohne wem weh zu tun oder wegen mangelnder Übertragbarkeit zu gefährden. Seine Antwort: Weil es erlaubt ist.

    Der Verein Gegen Tierfabriken fordert in einer Petition, die Linzer Kepler Uni soll ihren modernen tierversuchsfreien Weg fortsetzen: vgt.at/jku

    • Gebaut wird das Tierversuchslabor für einen Tierexperimentator, der schon an Tierversuchen höchsten Schweregrades in China beteiligt war. Er arbeitet gern mit transgenen Mäusen mit menschlichen Genen oder Krankheitsgenen, und macht sie mit künstlichen Tumoren krank, die sich dann im ganzen Körper ausbreiten und unter denen die Tiere Monate oder Jahre lang leiden. Kritik an seinen Experimenten kommt auch aus den eigenen Forscherreihen. Seine Peer-Reviewers bezeichnen seine Experimente und Behauptungen als „falsch und verwirrend.“ Seine jahrzehntelangen Tierersuche haben noch zu keiner einzigen konkreten Verbesserung für Patienten geführt.

    • Der “Mensch” ist wohl ziemlich schlau, “deppert” ist definitiv die “Masse” – z.B. (X) am Wahlzettel… 😭

  2. Frankenstein-Medizin.
    Aber ich habe gehört, dass es tatsächlich Misanthropen gibt, die eine Rückentwicklung der Menschen zu Affen wünschen. Sie haben sehr viel Geld und ihnen ist sehr fad.

    • … das ist doch schon längst Alltag, man braucht nur die Sitzungen im Parlament verfolgen,
      … sie bekommen viel zu viel von unserem Steuergeld,
      … es ist ihnen oft mehr als fad,
      … der einzige Unterschied aus Misanthropensicht der noch auszumerzen ist:

      >>> Affen haben Moral und keine offenen Säcke! <<<

  3. “Spannende Grundlagenforschung”. Was gemacht werden kann, muss gemacht werden und muss gemacht werden dürfen. Die “hehre” Wissenschaft steht schließlich über alle ethische Begriffe.

    • Der Mensch, der forscht, glaubt, er kann sich über die Natur stellen, sie bezwingen.
      Was möglich ist, wird gemacht, einfach weil sie es können.
      Die Natur zeigt uns aber jeden Tag, dass sie unabhängig von uns überheblichen Lebewesen Grossartiges schafft.
      Wir könnten doch nach Jahrhunderten des technologischen Fortschritts, mit Demut von der Natur lernen statt sie zu bekämpfen.
      Dafür bräuchte es eine gesetzliche Verankerung aller diesbezüglichen Rechte in der Verfassung der EU, erstmal wie z.b. F. Schirach es in seinem neuen Büchlein Der Mensch vorschlägt.

      • Der Mensch forscht… und eines schönen Tages:
        Begreift ER, der “Trockennasenaffe”, das ER ein Teil der Natur ist und diese unbedingt zu schützen ist….

        (ok, der Witz war nicht gut…)

    • In Österreich hat die Tierversuchslobby sogar einen extra Paragraphen ins Bundesverfassungsgesetz über Nachhaltigkeit, Tierschutz und Umweltschutz rein reklamiert:

      “Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zur Bedeutung der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung.”

    • In Vitro könnte man viel lernen, alles darüber hinaus ist eine epische Katastrophe.

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