Donnerstag, April 25, 2024

»Zerschlagung Bosniens« – Sloweniens Premier in Erklärungsnot

Sloweniens Premier in Erklärungsnot

Nach tagelangen Spekulationen über das sogenannte Non-Paper zur Neuziehung von Grenzen am Westbalkan, das Sloweniens Premier Janez Jansa der EU übermittelt haben soll, hat das slowenische Nachrichterportal “Necenzurirano” das Dokument veröffentlicht. Darin wird die Grenzziehung nach ethnischen Prinzipien und unter anderem die “Zerschlagung” Bosniens vorgeschlagen.

Wien, 16. April 2021 | In dem auf Englisch verfassten Dokument mit dem Titel “Westbalkan – der Weg vorwärts” werden am Anfang “ungelöste nationale Fragen” von Serben, Albanern und Kroaten als eine “zentrale Frage” in der Region bezeichnet. Unter “Lösungen” wird u.a. die Vereinigung von Kosovo und Albanien vorgeschlagen, wobei der mehrheitlich von Serben bewohnte Teil im Norden des Kosovo einen Sonderstatus nach dem Vorbild Südtirols erhalten sollte.

“EU- oder Nicht-EU (Türkei)-Zukunft”

In Bosnien-Herzegowina soll der serbische Landesteil, die Republika Srpska, an Serbien angeschlossen werden. In diesem Fall würde Serbien nämlich den Verlust des Kosovo akzeptieren, heißt es. Für die überwiegend kroatischen Kantone Bosnien-Herzegowinas wird entweder eine Vereinigung mit Kroatien oder ein Sonderstatus innerhalb des Landes nach dem Südtirol-Modell vorgeschlagen. Die Bosniaken (bosnischen Muslime) sollen dem Plan zufolge einen “unabhängig funktionierenden Staat” bekommen. Bei einem Referendum würden sie zwischen einer “EU- oder Nicht-EU (Türkei)-Zukunft” entschieden, so das Dokument.

Das Papier sieht vor, dass zunächst die Möglichkeiten der Durchführung dieses Plans in einem “stillen Verfahren” mit Entscheidungsträgern in der Region und der internationalen Gemeinschaft erörtert werden. Das wurde laut dem Dokument bereits eingeleitet. Wenn die EU, die USA und die Mehrheit der Entscheidungsträger in der Region mit dem Plan einverstanden sind, dann soll die EU die Initiative ergreifen und sie formalisieren, heißt es weiter. Das Non-Paper ist weder unterzeichnet noch an jemanden adressiert.

Wer das inoffizielle Papier verfasst hat, konnte man laut “Necenzurirano” offiziell nicht feststellen. Nach Angaben der Quellen stammt es bestimmt nicht aus dem slowenischen Außenamt, Teile davon sollen in Budapest geschrieben worden sein. In Brüsseler Kreisen wird es jedoch als slowenisches Dokument gehandelt, weil Jansas Büro bei dessen Verteilung auf verschiedene Adressen beteiligt gewesen sein soll, so das Nachrichtenportal.

Jansa bestreitet Existenz nicht

Nach Informationen des Nachrichtenportals soll das Dokument im Februar dem EU-Ratspräsident Charles Michel übergeben worden sein. Das haben zuvor auch bosnische Medien berichtet. In dessen Büro bestätigte man den Erhalt des Non-Papers laut Medienberichten jedoch nicht. Aus der EU-Kommission hieß es, dass man das Dokument nicht erhalten habe.

Jansa hat die Existenz des Non-Paper nicht explizit bestritten. Auf Twitter betonte er, dass er Michel zuletzt im Vorjahr getroffen habe, weshalb er ihm heuer “schwer irgendwas persönlich aushändigen” habe können. Der slowenische Präsident Borut Pahor, der nach Angaben seines Büros den Inhalt des Dokument nicht kennt, hat Berichten zufolge bei seinem Bosnien-Besuch Anfang März die Frage gestellt, ob eine friedliche Auflösung Bosniens möglich sei. In einer Reaktion auf diese Berichte betonte Pahor, dass er regelmäßig vor solchen Ideen warne und die territoriale Integrität Bosniens befürworte.

Aufregung in Bosnien

Die Berichte über das Non-Paper sorgen für Aufregung in Bosnien. So wurde am Montag die slowenische Botschafterin in das bosnische Staatspräsidium zitiert. Vor allem die Präsidiumsmitglieder der Bosniaken und Kroaten übten harsche Kritik. EU-Diplomaten mahnten laut slowenischen Medien, dass die Neuziehung der Grenzen am Westbalkan “keine gute Idee sei, weil man damit die Büchse der Pandora öffnen würde”. Die USA bekräftigten unterdessen ihre Unterstützung für die territoriale Integrität Bosniens.

(apa/bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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6 Kommentare

  1. Na mal sehen, ob die EU jetzt gegen Slowenien Sanktionen erhebt.

    Ach nein, die EU wusste ja nicht mal, dass EU-Ratspräsident Charles Michel das Papier bekommen hat. Frei nach dem Motto “wir wissen von Nichts, lasst uns mit dem Schmarrn in Ruhe”. Oder ist alles nur eine Finte?

    Oder ist ein EU-Mitglied ein Brandstifter? Ach nein, das kann nicht sein, dass ein demokratischer Staat und EU-Mitglied einen neuerlichen Bürgerkrieg heraufbeschwört, die EU ist ja GUT.

    Und dass Teile davon in Budapest, also Ungarn, geschrieben worden sein sollen, macht das Dokument wieder “GUT”. Kann es sein, dass der Kurz-Freund Orban dabei mit beteiligt war?

    Aber gut für uns Ösis, diesmal scheint Basti nicht einer der Brandstifter zu sein. Glück gehabt.

    Ein Hoch auf die EU und ihre GUTEN Mitglieder.

    Wie dramatisch die EU-Hegemonie ausgehen kann, sieht man gerade in Nordirland. Der Bürgerkrieg lässt grüßen.

  2. Da wir das mächtige Original in Orange haben, haben wir auch Kopien; Tropicaltrump, Minitrump… dies ist der Slowtrump…

  3. Egal wohin man blickt, es wird überall gezündelt von den Politikern, allerwelts!
    Vielleicht sollten die sich alle schleichen, dann ists a bisserl ruhiger und Frieden?

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