Freitag, April 19, 2024

Strengere Regeln für Biometrie-Technik gefordert – Die Krise macht uns gläsern

Die Krise macht uns gläsern

Fingerabdruck zum Entsperren des Smartphones oder Augen-Scans, um einen Ort betreten zu dürfen – die Anwendungsbereiche von Biometrie sind bereits vielfältig: mit dem “Grünen Pass” kommt der nächste Schritt. Die Arbeiterkammer warnt vor Gefahren.

 

Wien, 20. April 2021 | Sicher könne man sich nicht sein, dass die Bilder- und Audioaufnahmen der Online-Pressekonferenz bei Microsoft Teams nicht abgegriffen und missbräuchlich verwendet werden, sagt Daniela Zimmer, Datenschutzexpertin und Konsumentenschützerin von der Arbeiterkammer Wien. Bei einem Videoanruf produziert man jedenfalls eine Menge an biometrischen Daten. Und die sind nicht nur für Facebook und Google interessant. Es lauern viele Gefahren, wie die Arbeiterkammer am Dienstag darstellte.

Gefahr Identitätsraub

Welche Gefahren in diesem Geschäft lauern, zeigt eine Studie vom Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften im Auftrag der AK. Nicht nur das Geschäft mit der Biometrie sei zu problematisch, gerade der Missbrauch könne schwerwiegende Folgen haben. Ursprünglich eine „Hochsicherheitstechnologie“, schleiche sich die Technik zunehmend in unser tägliches Leben ein, so Walter Peissl, Studienautor.

„Identitätsraub“ nennt man das: „Sollten Fingerabdruck oder Gesichtsscan in falsche Hände kommen, hat der durch Datenklau verursachte Schaden dauerhafte Folgen. Wie weist man seine Identität nach? Ist der Schlüssel weg, kann man ihn nachmachen lassen, Körpermerkmale nicht“, warnt Daniela Zimmer. Es brauche jedenfalls dringend eine „regulatorische Vorsorge.“

Strengere Regulierung gefordert

Der Geschäftszweig Biometrie müsse verboten werden. Die Weitergabe und der Handel an Dritte sollte verboten und mit hohen Strafen belegt sein, fordert die Konsumentenschützerin. Banken, die schon jetzt eine Menge an biometrischen Daten der Kunden speichern und lange aufbehalten, sollten diese löschen müssen. Aus unseren Augen-Scans, Fingerprints und ähnlichem Profit zu schlagen, sei „viel zu riskant.“ Ein solches Verbot sollte viel weiter im EU-Recht verankert werden. Auch gegen die Internetriesen müsse vorgegangen werden. Der Gesetzgeber müsse auch klarstellen, dass auch Profilbilder bzw. klassische Selfies biometrische Daten sind. Bisher gilt das nur für Gesichtsporträts. Das sei rückständig.

Auch um Brüssel macht man sich sorgen: Hieß es zunächst, dass man Gesichtserkennungssysteme auf öffentlichen Plätzen für 5 Jahre verbieten will, könnte die Technologie nun unter bestimmten Auflagen erlaubt werden. Wenn man Verbrechen abwenden kann, dann wäre die Technologie auf öffentlichen Plätzen erlaubt. Bloß eine Folgenabschätzung sei durchzuführen. Ein entsprechendes Papier kursiere aktuell in Brüssel. Sie hofft, die EU-Kommission überdenkt dieses Vorhaben noch einmal.

Corona bringt Boom

Letztlich gab vor allem Corona der Biometrie einen neuen Hype. Etwa nun beim Wiener Gurgeltest, der nur bei einer Videoaufnahme anerkannt ist. „Natürlich sind das hochsensible biometrische Daten. Aber schon aus jetziger Sicht fällt das unter die Datenschutzgrundverordnung”, sagt Peissl. Man müsse sehen, wie viel erträglich ist, im Sinne der Seuchenschutzmaßnahme. Sie sollten nach Erfüllen ihres Zweckes gelöscht werden.“ Das Problem? „Das wird nie überprüft.“

Und der neue Impf-Reisepass, das Grüne Zertifikat zur neuen Freiheit? Klar ist, dass das die Regierung bereits beschlossen hat, dass nun auch andere Stellen als Spitäler und Sozialversicherungen auf Gesundheitsdaten zurückgreifen dürfen. Viel mehr Konkretes weiß man nicht. Was geschehe, passiere jedenfalls in hohem Maß „intransparent.“ Deshalb habe man sich noch nicht eindeutig zum „Grünen Pass“ geäußert, weil eben alles viel zu unklar sei. Jedenfalls gehe es jetzt um Gesundheitsdaten. Das seien hochsensible Daten und diese bisher am klassischen Reisepass noch nicht gespeichert. Und diese werden nun mit biometrischen Daten verknüpft – eine neue Qualität.

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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21 Kommentare

  1. Am 10.3 hat der VfGH die Auskunftspflicht der Wirte an die Gesundheitsbehörde für verfassungswidrig erklärt. Bin schon neugierig, was er dazu sagt, den Wirten seine Gesundheitsdaten zeigen zu müssen.

  2. Der grüne Pass ist ein Faktor für die neue Normalität. Überwachungsstaat a la China. Aber neben den Türkisen finden das auch die Grünen und die Roten sehr toll.

  3. Seit ca März kann man die europäische Bürger*inneninitiative (EBI) „Reclaim Your Face“ unterschreiben. Damit wir in Zukunft in einer EU ohne biometrische Massenüberwachung und Gesichtserkennung leben können, müssen wir im nächsten Jahr eine Millionen Unterschriften aus sieben EU-Staaten sammeln. Hilf mit, dass wir unser Ziel erreichen. Unterschreibe am besten noch heute und teile die Petition in deinem Wirkungskreis! Zur Petition https://reclaimyourface.eu

    • Lb Grete- danke! Ich finde das immens wichtig und werde die Petition selbstverständlich unterstützen!

    • Eigentlich wollte ich unterschreiben, aber diese Petitonen wo ich meine Ausweisnummer angeben soll sind mir auch nicht mehr geheuer wie die Gesichtserkennung.

      • Warum fragen wir nach all diesen persönlichen Daten?
        Dies ist keine einfache Petition, sondern eine offizielle “Europäische Bürgerinitiative” (EBI). Das bedeutet, dass Ihre Unterschrift von den nationalen Behörden überprüft werden muss, gemäß den spezifischen Regeln jedes EU-Landes. Wir haben keinen Einluss darauf, welche Daten erhoben werden müssen.
        Steht unterhalb der Unterstützungserklärung.

  4. Was habt ihr den alle, verstehe ich nicht. Die Leute haben doch nichts zu verbergen und geben ihre Daten doch gerne her.
    Und nicht vergessen, die Regierung ist doch dazu da uns zu schützen.
    Der Basti ist doch demokratisch gewählt worden und macht sicher alles richtig.

  5. “Das Netz” mit Sandra Bullock handelt von Identitätsdiebstahl… Bei den ersten James Bond und Mission Impossible Filmen dachte ich noch: WtF! Was haben die für eine Fantasie! Jetzt hamma Alarmstufe rot und individuelle Vorsichtsmaßnahmen dringend geboten: kein fb oder insta oder wie die bathroom-selfies-Kanäle alle heißen, keine Bipa-Karten, keine Interspar-Bonuspunkte usw. Offline is the new luxury 🙂

  6. Freiheit opfern wofür? Damit die Türschnalle automatisch aufgeht? Schwachsinn.

  7. Nun hat’s @zackzack auch gemerkt 😉

    Das alles ist aber kein Corona Problem, das ist ein Politik und Demokratieverständnis Problem der Politik.

    Microsoft ist ja eh ein Problem in Sachen Datenschutz, aber da fehlt an Info im Artikel entscheidendes: es wird ALLES was online ist in Wort, Schrift und Bild per EU Verordnung gescannt. Auch E-Mails und Telefonate. Hier zum Nachlesen inkl Link zur Verordnung: https://www.patrick-breyer.de/beitraege/nachrichtendurchleuchtung/

    Das nun kombiniert mit Videoüberwachung, Homeoffice, online Meetings, grüner Pass und vll noch dem grandiosen Chip den das Pentagon entwickelt hat.

    Schöne neue Welt!

    • Und auch nicht zu vergessen: der digitale Euro kommt, ist schon beschlossen. Und was auch derzeit in der EU als Entwurf vorliegt ist eine Höchstgrenze für Barzahlung.

      Weil alles so offensichtlich ist nimmt man es nicht wahr. … Nicht “obwohl es offensichtlich” ist. Das nennt man Unaufmerksamkeitsblindheit.

    • “Nun hat’s @zackzack auch gemerkt”
      Soweit würde ich noch nicht gehen. Für gewöhnlich folgt darauf hin mind. 1 Schritt zurück. 😉

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