Praktikantinnen im Sozialbereich arbeiten immer noch umsonst
Soziale Arbeit, Krankenpflege, Physiotherapie – Tausende Studierende arbeiten in Österreich an der vordersten Corona-Front mit. Verdienen tun sie dabei keinen einzigen Cent.
Wien, 22. April 2021 | Sie betreuen Kinder in Krisenzentren, begleiten Erkrankte durch ihren Alltag, arbeiten sogar auf Covid-Stationen oder in Quarantänequartieren der Wohnungslosenhilfe. Die aktuell 15.000-20.000 jungen Pflegerinnen und Sozialarbeiter, die im Rahmen ihres Fachhochschulstudiums mehrere Monate Praktikum absolvieren müssen, fordern, endlich für ihre Arbeit bezahlt zu werden. Sie arbeiten Vollzeit und die meisten sehen dafür kein Geld.
“Wir halten das System am Laufen”
Dieser Umstand müsse ein Ende haben, meint Leokadia Grolmus. Sie studiert Soziale Arbeit am FH Campus Wien und kämpft für Gerechtigkeit in dieser Sache. Um die Politik darauf aufmerksam zu machen, hat sie die Petition #ZukunftPraktikum gestartet und sammelt Unterschriften, um die Ausbeutung von Studierenden zu beenden.
“Wir sind nicht nur die Zukunft des Gesundheits- und Sozialsystems, wir halten es jetzt schon am Laufen. Es kann nicht sein, dass in anderen Studienfächern eine Bezahlung über 1000€ möglich ist und wir an unserem Kontostand verzweifeln müssen.”
so Grolmus.
Viele Betroffene würden unter Existenzängsten leiden, versuchen sich mit Samstagsjobs über Wasser zu halten. Besonders schwer hätten es Studierende aus Drittstaaten, die auch keine Studienbeihilfe beziehen können. Für die junge Studentin ein Grund mehr, dass sich endlich was tut: “Sorgt endlich dafür, dass auch wir für unsere Arbeit bezahlt werden”, fordert sie in der Petition, mit der sie ein Gehalt von mindestens 950 Euro pro Monat für ein Vollzeitpraktikum erkämpfen möchte.
Mückstein will Ausbildung attraktiver machen
Doch es gibt Hoffnung. Neo-Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) ließ am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal mit der Aussage aufhorchen, bezahlten Praktika im Sozialbereich positiv gegenüberzustehen. Denn es sei in Zukunft wichtig, viele Leute in die Ausbildung zu bringen und diese attraktiver zu machen:
“Man muss Anreize schaffen für Berufe, die wenige Leute machen wollen. Die Ausbildungsbedingungen gehören angeschaut. Wir brauchen Pflegende.”
Es brauche auch mehr Wertschätzung für diese Berufe. Eine davon wäre die allgemein höhere Bezahlung für Personen, die im Pflege- und Sozialbereich tätig sind.
“Den Worten müssen auch Taten folgen”
Unterstützung bekommen die Studierenden auch von der Gewerkschaft GPA. Diese reagiert erfreut auf die Aussage von Mückstein.
„Praktikantinnen und Praktikanten im Pflegebereich stehen an der Front, verrichten ihre wichtige Aufgabe aber momentan meist unbezahlt. Das muss sich ändern!“,
sagt Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft.
„Die Bezahlung von Praktika ist ein wichtiger erster Schritt. Jetzt gilt es, den Koalitionspartner zu überzeugen. Den Worten müssen auch Taten folgen“,
sagt Susanne Hofer, Jugendvorsitzende der GPA.
Am 03. Mai werden die betroffenen Studierenden im Rahmen einer Demonstration auf die Straße gehen.
(mst)
Titelbild: APA Picturedesk