Plötzlich alles anders
Nach dem tagelangen Corona-Schlagabtausch zwischen der ÖVP und Gesundheitsminister Mückstein konnte man am Montag in der ZIB 2 eine überraschende Wende beobachten.
Wien, 25. Mai 2021 | Übers Wochenende entbrannte in der Koalition ein Streit um weitere Öffnungsschritte. Dabei wollte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bereits Mitte Juni Teile der Maskenpflicht fallen lassen. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) schien hingegen bei Lockerungen auf der Bremse zu stehen.
Bereits zum Amtsantritt war Mückstein vom Rechtsboulevard als Lockdown-Hardliner dargestellt worden. Die Öffnungsbremse passte deshalb in das gezeichnete Bild des Gesundheitsministers. Über Twitter richtete Mückstein dem Kanzler nämlich aus: „Umso mehr verwundern mich die Aussagen von Bundeskanzler Kurz zu weiteren Öffnungsschritten zum jetzigen Zeitpunkt.“ Mit Mückstein gebe es „keine Luftschlösser“. Kurz’ Aussagen hingegen seien „entbehrlich“.
(5/7) Meine Aufgabe als Gesundheitsminister ist es, für Klarheit und Orientierung auf Basis v. Fakten zu sorgen. Mit mir gibt es keine Luftschlösser! Ich appelliere daher, nicht mit unkonkreten Ankündigungen die Bevölkerung zu verunsichern.
— Wolfgang Mueckstein (@WolfgangMueckst) May 22, 2021
Die ÖVP wiederum schoss in Person von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger und Klubchef August Wöginger zurück. So betonte Köstinger, sie wolle mit Mückstein über Lockerungen sprechen und ihn „überzeugen“.
Kanzler verkündet Stunden vor Mückstein-Interview alleine
Wenige Stunden vor Mücksteins Auftritt in der ZIB 2 vom Montag, verkündete Kurz in Brüssel, dass bereits am 17. Juni die nächsten Lockerungsschritte einsetzen sollen. Von Mückstein erwarteten deshalb viele ein Veto gegen diesen Vorstoß.
Mückstein überbietet Kurz bei Lockerungen
Der Gesundheitsminister sprach sich allerdings für ein Fallen der Maskenpflicht bei Outdoor-Veranstaltungen für den 10. Juni aus – also eine Woche früher als der anvisierte Kanzlertermin. Wieso Mückstein Kurz dann so scharf kritisiert hatte, war wohl die interessanteste Frage. Antwort: „Ich habe nie frühere Lockerungsschritte ausgeschlossen, das Zitat werden Sie nicht finden“, so Mückstein zu Moderator Martin Thür.
Mücksteins Kritik richtete sich vor allem darauf, dass Kurz vom gemeinsamen Plan abgewichen war und keine gemeinsame Kommunikation der Öffnungsschritte eingehalten hatte, so der Minister zu seiner eigenen Verteidigung. Die Vorschläge, die Kurz alleine präsentiert hatte, waren dem Kanzler zuvor von Mücksteins Gesundheitsministerium übermittelt worden. Mückstein hätte sich einen „gemeinsamen Prozess“ mit Sozialpartnern, Landeshauptleuten und Opposition vor der Verkündung gewünscht, Kurz hatte diesen Plan jedoch abgeschossen.
Verwunderung über 180-Grad-Drehung
Die Verwunderung in den sozialen Netzen war nach dem Interview des Gesundheitsministers jedenfalls groß.
Ich mach das jetzt schon ziemlich lange. Aber ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so etwas erlebt habe. Von "Kanzler baut Luftschlösser" zu "Er hat eh recht, ich machs aber schneller, weil ers nicht gemeinsam kommunizieren will" ist grotesk. #zib2
— Freiheit und Frieden. #standwithukraine (@rudifussi) May 24, 2021
Kanzler Kurz bietet Öffnungen ab 17. Juni. Höre ich noch ein Gebot? 17. Juni, meine Damen und Herren, 17. Juni! 17. Juni zum ersten… Gesundheitsminister Mückstein sagt 10. Juni. Das neue Gebot ist 10. Juni! Wer bietet früher? 10. Juni, wir stehen bei 10. Juni… #zib2 pic.twitter.com/uN2IJZOXGb
— Natascha Strobl (@Natascha_Strobl) May 24, 2021
Also ich würde sagen, wir können die gesamte *Mückstein zeigt Zähne Causa* unter dem Titel „Lehrgeld zahlen“ wieder abhaken. #zib2
— Shoura Hashemi (@ShouraHashemi) May 24, 2021
In der #ZiB2 hat sich meine These von vorgestern bestätigt: Ich glaube es sind nicht die Lockerungen die zu Streit führen. Es sind die unabgesprochenen Ankündigungen des Bundeskanzlers über weitere Lockerungen! #mueckstein #Kurz #ERwillderErstesein
— Ulrike Königsberger-Ludwig (@ludwig_ulrike) May 24, 2021
Das ganze Interview gibt es hier zum Nachsehen.
(bf)
Titelbild: APA Picturedesk