Donnerstag, März 28, 2024

»Bitte rettet ihn!« – Eltern von Protassewitsch und Sapega fordern internationale Hilfe

Eltern von Protassewitsch und Sapega fordern internationale Hilfe

Der verhaftete Regimekritiker Protassewitsch hat ein veröffentlichtes “Video-Geständnis” abgelegt, seine Freundin sitzt in einem für Folter berüchtigten Gefängnis. Deren Eltern starten einen Appell.

Minsk, 26. Mai 2021 | Diktator Lukaschenkos Luftwaffe erzwang mittels augenscheinlich fingierter Bombendrohung die Landung eines Passagierflugzeuges. An Bord: Ein belarussischer Journalist, Roman Protassewitsch, und seine Freundin Sofia Sapega. Lukaschenko betont, die Landung sei “legal” gewesen. Es ist unklar, wo sich Protassewitsch, der am Flughafen verhaftet wurde, aktuell befindet.

In einem Video gab er vor, seine „Taten“ zu gestehen. Seine Freundin sitzt derweil in einem Gefängnis, das für die Folterung seiner Insassen bekannt ist. Die Eltern der beiden Polithäftlinge bitten jetzt eindringlich um internationale Hilfe.

„Sie werden ihn dort töten“

“Ich bitte, ich fordere die gesamte internationale Gemeinschaft auf, ihn zu retten. Er ist nur ein Journalist, er ist nur ein Kind. Bitte, bitte … Ich bitte um Hilfe. Bitte rette ihn. Sie werden ihn dort töten”,

drängt Natalia Protassewitsch, die Mutter des Journalisten, gegenüber der Französischen Presseagentur (AFP). Ihr Ehemann Dmitry Protassewitsch, ein ehemaliger Soldat, sagt, der Anwalt des Journalisten habe am heutigen Mittwoch versucht, ihn zu sehen. Doch das Ansuchen sei abgelehnt worden.

„Wir wissen immer noch nicht, ob er da drin ist, wie sein Zustand ist, wie er sich fühlt. Eine Art, wie die Behörden mit den Verwandten umgehen ist, sie damit zu foltern, erst in letzter Minute mitzuteilen, wo ihre Angehörigen festgehalten werden”,

so Protassewitschs Vater. Er glaubt, das Video-Geständnis seines Sohnes sei erzwungen und fingiert.

Freundin in berüchtigtem Folter-Lager festgehalten

Am Dienstagabend wurde auch ein Video mit der Freundin des regierungskritischen Journalisten veröffentlicht. Sie las einen augenscheinlich auswendig gelernten Text ab, und gestand, einen Telegrammkanal bearbeitet zu haben, der persönliche Informationen über belarussische Polizisten und andere Sicherheitskräfte oder Doxes veröffentlicht. Beobachter vermuten, dass auch dieses Geständnis erzwungen wurde.

Wie der “Guardian” berichtete, zeige das Video, dass Weißrussland möglicherweise vorhabe, Sapega mit jahrelanger Haft einzusperren. Anwalt Alexander Filanovich erklärte gegenüber dem russischen BBC-Dienst, Sapega werde zwei Monate lang in einem Geheimdienst-Internierungslager festgehalten, als “vorbeugende Maßnahme”. Das Haftlager ist für die Folterung seiner Insassen bekannt.

Mutter verteidigt Sapega und hofft

Sapegas Mutter, Anna Dudich, sagte gegenüber “Reuters”, ihre Tochter habe sich von der Politik eigentlich ferngehalten.

“Meine Hoffnungen beruhen jetzt wahrscheinlich auf einem Wunder und auf dem Wissen, dass meine Tochter definitiv an nichts schuld ist. Sie ist einfach zur falschen Zeit am falschen Ort aufgetaucht.” Weder Mutter Dudich noch ihr Anwalt konnten sich seit ihrer Inhaftierung an Sapega wenden, sie wurden nicht über Anklagen gegen sie informiert, ließ man wissen.

Sofia Sapega ist russische Staatsbürgerin, die im litauischen Vilnius Völkerrecht studiert. Ihre Mutter habe große Angst um die Gesundheit und Sicherheit ihrer Tochter während der Haft, sei sich jedoch sicher, dass Sofia Widerstand leisten werde: „Sie ist moralisch gesehen ein sehr hartes Mädchen. Sie wird durchkommen, sie wird widerstehen, da bin ich mir sicher”.

“Wir werden alle Kanäle nutzen”

Die erzwungene Landung hat weltweiten Aufschrei und Vorwürfe des Staatsterrorismus ausgelöst. Die Staats- und Regierungschefs der EU beschlossen unterdessen neue Sanktionen. Fluggesellschaften meiden den belarussischen Luftraum, Oppositionsführerin Sviatlana Tsikhanouskaya fordert einen internationalen Gipfel zur Erörterung der Situation.

Am Dienstag sagte der französische Präsident Emmanuel Macron: „Zusätzliche Sanktionen? Wird das ausreichen? Das kann ich heute absolut nicht sagen.” Er fügte hinzu: “Der inakzeptable Charakter dessen, was passiert ist, rechtfertigt sie.” Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte, das Video von Protassewitsch sei “besorgniserregend und beunruhigend” und machte die Forderung der EU nach seiner Freilassung “umso dringlicher”. “Und wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Kanäle nutzen, um dies zu tun”, so Angela Merkel.

Estlands Präsident Kersti Kaljulaid forderte das Vereinigte Königreich auf, Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass korruptes Geld über das Londoner Finanzzentrum nach Weißrussland fließt.

Österreichs Bundeskanzler äußerte sich ebenfalls zu den Geschehnissen und unterstützt die Sanktionen. Mit knapp 400 Millionen Direktinvestitionen ist Österreich der viertgrößte Investor in „der letzten Diktatur Europas”. ZackZack berichtete hierzu ausführlich.

US-Präsident Joe Biden sagte am Dienstag, dass auch US-Sanktionen gegen Weißrussland “im Spiel” seien, lehnte es jedoch ab, weitere Details zu erläutern. “Ich möchte nicht spekulieren, bis wir es geschafft haben”, sagte Biden, als er gefragt wurde, was die USA planen werden.

(red)

Titelbild: APA Picturedesk

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15 Kommentare

  1. Ich weiß nicht was ich sagen soll… tun kann ich auch nichts…. Aber mein Herz ist bei ihnen und ich verurteile dieses KZ von Land und dessen Methoden auf das Schärfste!

  2. Was willst uns jetzt sagen..in deinem Artikel..Pilz?? Ich hoffe der Mensch überlebt es..auf Putins Gnaden..

  3. Man würd sich leichter tun, ihn zu retten, wenn man nicht grad selbst mit Korruption und Machtübernahmeszenarien zu kämpfen hätt….!

      • Hä? Bin ich die Merkel? Aber wenn ich die Merkel wäre würde ich dem Lukaschenko mit dem Rückzug sämtlicher deutscher Investoren drohen und ihm ein Ultimatum setzen, aus. Nix diplomatisches Gequatsche und Streicheleinheiten für einen Mörder, Folterknecht und Verbrecher.

    • Ich hoffe und glaube nicht!
      Wenn ich es jemanden zutraue etwas zu erreichen dann ist es Merkel und/oder Biden.
      Die Sanktionen sind nur ein Schauspiel für die Bevölkerung und bringen gar nichts.
      Alles läuft über Putin und ohne Öffentlichkeit, damit keiner das Gesicht verliert. Lukaschenko ist nur Handlanger.

  4. Wow, ich bin sowas von überrascht wie sich unsere Politgrößen ins Zeug legen!
    Genauso wie sie Lukaschenko hofiert haben, genauso halten sie jetzt den Mund.
    Die WKO, die Raika, die Telekom usw. haben kein Problem mit dem Regime, wieso sollte man sich da exponieren für Menschen von denen man nichts bekommt.
    Und der Bastl sagt irgendetwas was er gleich wieder vergisst.

    • Und vom Außenminister hört man nichts, der dürfte noch vom Einholen der israelischen Flagge und der Bearbeitung der Folgeschäden groggy sein.

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