Rechtsstaatlichkeit ignoriert
Vergangenen Herbst hatte sich die EU auf Regeln zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit geeinigt. Umgesetzt wurden diese jedoch trotz Aufforderung des EU-Parlaments bisher nicht. Letzteres bereitet deshalb eine Klage gegen die Kommission vor.
Straßburg, 04. Juni 2021 | Das hat es noch nicht gegeben. Das EU-Parlament bereitet eine Klage gegen die EU-Kommission vor. Hintergrund sind die im November 2020 eingeführten Regeln zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit. Demnach sollen säumigen Staaten, wie etwa Ungarn und Polen, seitdem hohe Strafen drohen, wenn diese sich nicht an rechtsstaatliche Prinzipien der Union halten.
Frist abgelaufen
Das EU-Parlament hatte der EU-Kommission, welche die Gesetze umsetzt, eine Frist bis 01. Juni gegeben, um die neue Regelung endlich anzuwenden. Passiert ist seither jedoch nichts. Die Kommission hatte das Ultimatum kommentarlos ignoriert. Das könnte sich jetzt rächen. Die österreichische Delegationsleiterin der Grünen im EU-Parlament, Monika Vana, sagte in einer Aussendung, das Europaparlament setze sich dafür ein, »dass EU-Gelder nicht den antidemokratischen Selbstermächtigungsversuchen eines Viktor Orbans nützen und wird deswegen die Kommission vor dem EuGH wegen Untätigkeit klagen. Wer die Grundrechte verletzt, muss finanziell von der EU sanktioniert werden.«
Auch der Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas von der ÖVP, will den Rechtsstaatsmechanismus »endlich anwenden«.
»Die EU-Kommission hat die Frist 1. Juni zur Umsetzung tatenlos verstreichen lassen. Daher bin ich nun mit Abgeordnetenkollegen quer durch die Fraktionen dafür, dass das Europarlament die rasche Umsetzung der Regeln für Sanktionen bei Rechtsstaats-Missachtung einklagt«, so Karas.
Auch die Sozialdemokraten unterstützen die Klage: »Bis jetzt hat die EU-Kommission keine schriftlichen Benachrichtigungen an Staaten verschickt, um erste Schritte bei systematischen Defiziten im Bereich der Rechtsstaatlichkeit zu setzen«, beschwerte sich Bettina Vollath, SPÖ-Europaabgeordnete.
EuGH entscheidet
Im Gegensatz zu Ungarn funktioniert die Gewaltenteilung in der EU. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wird sich mit der Klage des Parlaments befassen müssen. Daran ändert auch eine Gegenklage Ungarns nichts. Der EuGH hat Orbans Einspruch gestern abgewiesen.
(dp)
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