Donnerstag, März 28, 2024

Polizei hat keine Beweise für “200 Autonome” am Karlsplatz

Das ist ein Unterüberschrift

“Über 200 Autonome”, hätten am Wiener Karlsplatz die Polizei angegriffen, sagt Polizeipräsident Pürstl – zahlreiche Medien gaben das ungeprüft weiter. Dabei kann die Polizei für die Behauptung ihres Chefs keine Beweise nennen.

Wien, 07. Juni 2021 | Mit ABBA aus der Pandemie: Tausende Jugendliche feierten Freitag Nacht am Wiener Karlsplatz im Freien. Sie tranken, hielten sich nicht an die Coronaregeln und sangen lautstark “Dancing Queen”. So ging es bis etwa ein Uhr nachts.

Kurz darauf stürmten Polizisten in schwerer Einsatzausrüstung den Platz. Glasflaschen und Böller flogen. Wie konnte ein friedliches Fest urplötzlich in eine Straßenschlacht ausarten? Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl erklärte, “200 Autonome” hätten die Polizei attackiert. Zahlreiche Medien brachten Pürstls Behauptung ungeprüft. Doch: Sie ist wohl frei erfunden. Die Polizei bleibt Beweise schuldig.

Feiernde Jugendliche kurz vor der Räumung. Menschen kletterten auf die Engelsstatuen im Hintergrund – für die Polizei ein Grund für die Räumung des Platzes.

“Ganz Wien hasst die Polizei”

Auf Videos und Fotos vom Einsatz sind keine Personen zu sehen, die anhand ihrer Kleidung als “Autonome” erkennbar wären. Auf ZackZack-Nachfrage, welche und wie viele “Autonome” die Polizei identitfiziert habe, konnte diese keine Angaben machen – offiziell “aus datenschutzrechtlichen Gründen.” Die Polizei rechtfertigt ihren Einsatz mit der “Stimmung gegen die Polizei”. Die sei an Gesängen der Jugendlichen (“Ganz Wien hasst die Polizei”) erkennbar gewesen.

Man könne allerdings bestätigen, dass sich “polizeilich bekannte autonome Personen unter die Feiernden gemischt” hätten. Auch Innenminister Karl Nehammer hatte sich bereits so geäußert und behauptet, Angriffe auf Polizisten hätten gezeigt, dass “Aktivisten aus dem linksextremen Bereich” als “Drahtzieher” der Party fungierten. Wer diese Aktivisten seien und was Nehammer unter dem “linksextremen Bereich” versteht, konnte der Innenminsiter nicht sagen.

Einziger Hinweis auf “Autonome” scheinen Tweets von Angehörigen eines linken Journalistenkollektivs – des Presseservice Wien – zu sein, die vor Ort ihre Eindrücke beschrieben. Darüber hinaus konnte die Polizei auf ZackZack-Nachfrage keine Belege für die Behauptungen von Innenminister und Polizeipräsident nennen.

Deeskalation per Lautsprecherwagen

Augenzeugen schilderten den Hergang der Räumung so, dass zuerst Polizisten in Einsatzausrüstung angriffen, um den Platz zu räumen und eingie aus der Menge mit Flaschenwürfen reagierten. Nehammer und Pürstl hatten es so dargestellt, als wäre der Polizeieinsatz die Folge von Angriffen auf Polizeibeamte gewesen. Auch dafür gibt es keine Hinweise, eine entsprechende Nachfrage ließ die Polizei unbeantwortet.

Haben Beamte versucht, zu deeskalieren und das Gespräch mit den feiernden Jugendlichen gesucht, bevor sie den Platz stürmten? Die Wiener Landespolizeidirektion sagt ja und verweist auf den Einsatz eines “taktischen Kommunikationsfahrzeugs”. Dabei handelt es sich um einen Lautsprecherwagen, mit dem die Polizei die Räumung des Platzes erklärte. “Es kam bereits zu Sachbeschädigungen”, sagte die Landespolizeidirektion als Begründung durch.

Als offenbar einzige “Deeskalationsmaßnahme” ließ die Polizei einen Lautsprecherwagen durch die Menge fahren.

Welche Sachen konkret beschädigt wurden, sagt die Polizei nicht. Sie gibt lediglich an, dass Jugendliche Statuen erklettert hätten. Als weiteren Grund für die Räumung des Parks nannte die Wiener Polizei gegenüber ZackZack die Lärmbelästigung, die von den Feiernden ausgegenagen sei. Im Rahmen des Einsatzes wurden nach Polizeiangaben vier Kennzeichen von Einsatzfahrzeugen gestohlen. Acht Polizisten seien verletzt worden.

In Folge des Einsatzes hatte die Wiener Landespolizeidirektion am Samstag ein Platzverbot für den Bereich Resselpark verhängt, weil dort Gefahr für Leib und Leben bestünde. Die Maßnahme wurde unter anderem von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig als überschießend kritisiert. Unter Eindruck des öffentlichen Protests wurde das Platzverbot bereits 13 Stunden später wieder aufgehoben. Auch an den Zugängen zum Donaukanal hatte die Polizei am Samstagabend Sperren errichtet.

Konflikte auch in München

Die Jugendlichen feierten im Freien, weil Nachtclubs von den breiten Öffnungsmaßnahmen nicht erfasst sind. Auch in München kommt es deshalb zu Konflikten zwischen jungen Menschen und der Polizei, wie die “Süddeutsche Zeitung” berichtete. Besonders im Englischen Garten, einem beliebten Treffpunkt für Jugendliche, geht die Polizei gegen Leute vor, die sich nicht an Coronaregeln halten. Wer sich nicht ausweisen kann oder will, wird festgenommen.

Mitte Mai war es im Englischen Garten wegen eines mutmaßlichen sexuellen Übergriffs zu einer Massenschlägerei gekommen, die Polizei griff ein, Beamte wurden verletzt. Obwohl die Münchner Polizei meist weniger martialisch einschreitet als ihre Wiener Kollegen im Resselpark, und mehrheitlich das Gespräch mit den Jugendlichen sucht, wurden die Einsätze gegen junge Menschen in Deutschland scharf kritisiert.

(tw)

Titelbild/Bilder: APA Picturedesk

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

36 Kommentare

  1. jetzt können die Autonomen, die Linken, die Jugendlichen selbst erkennen, welch framing sie selbst in der Berichterstattung über die Demos der GegnerInnen der Regierungsmaßnahmen als Rechtsexterme, Nazis und Rechtsradikale aufgelaufen sind.

  2. NEHAMMERS ZAHNBÜRSTL
    Seit dem nicht verhinderten Terroranschlag in Wien sind mittlerweile 7 Monate vergangen, in denen sich Nehammer nicht zum Rücktritt durchringen konnte. Der Nichtrücktritt wird offensichtlich durch permanente private Profilierungsversuche kompensiert!
    Fraglich dabei ist die Rolle des Polizeipräsidenten, der dabei zum Zahnbürstl des „Strahlemanns“ Nehammer degradiert scheint!

  3. Naja, alle mit Mundschutz sind autonome. Wenn die Burschenschaften dort gefeiert hätten, hätten sie sie beschützt.

  4. Lärmbelästigung? Im Resselpark? Wer wurde da belästigt, Eichörnchen?

  5. Der schwarze Apparatschik hat ja die standardisierte ÖVP Sprech Nachricht wahrscheinlich nicht mal gelesen. “Schreibt das Übliche”, den Rest machen die regierungstreuen Medien.

    • Erstaunlich war aber trotzdem, dass eine Krone “linke Extremisten” geschrieben hat.

  6. Wozu Fakten, Belege, Beweise, wenn das Wahrheitsministerium verkünden darf, was es will? In solcher kriegerischen Montur erscheinen und dann aufregen, dass es Reaktionen gibt? Also bitte, wenn eine Einsatzmannschaft in Kampfmontur bereitsteht, dann muss die zuvor bereitgestellt worden sein. Es wurden keine Deeskaltionsteams für diesen Abend bereitgestellt, sondern ein Trupp gepanzerter Polizisten.

    Der Einsatz ist nicht einfach “passiert”, weil xy irgendetwas gemacht hat, sondern weil der Einsatz genau so vorbereitet wurde. Das war Absicht oder ein derart gravierender Planungsfehler, sodass Pürstl sofort zurücktreten muss. Und ein Wahreitsminister, der ihn deckt, muss auch zurücktreten.

    Am 11.6. beginnt die Fußball-EM der Männer. Wenn die Polizei bei Ansammlungen da nicht ebenso rigoros vorgeht wie im Resselpark, dann zeigt sich das fundamentale Unrechtssystem, das hier zu etablieren versucht wird. Wegen einem Tor darf MANN sich dann in den Armen liegen?

  7. Könnte es sein, dass die Verantwortlichen im Innenministerium keine größeren Versammlungen mehr aushalten, auch wenn sie völlig friedlich sind?
    Weit hammas gebracht, der Staat fürchtet sich nun schon vor harmlos feiernden jungen Leuten.

      • Dann kanns aber bei den Anti-Maßnahmen- und Anti-Regierungsdemos eben doch keine bösen Rechten gegeben haben, sonst wären dort nicht willkürlich Leute verhaftet oder mit Pfefferspray bearbeitet worden.

  8. Ich frage mich in letzter Zeit immer wieder… haben Polizisten keine Kinder? Haben die nicht Angst, dass die bei so nem Blödsinn mal dem eigenen Nachwuchs schaden? Oder ketten sie diese vorher daheim an?

    • Die Polizisten vor Ort müssen tun, was ihnen angewiesen wurde. Egal, was sie privat denken oder fühlen mögen.

  9. Wieso fällt dieser Bericht so ganz anders aus als die Berichte über die Demos gegen die (verfassungswidrigen) Corona-Maßnahmen?

  10. Seit 15 Monaten wird verhindert, dass Menschen sich treffen. Das führt dazu daß die Kommunikation hauptsächlich digital verläuft. Und genau das wir ja mittlerweile nach der neuen EU Verordnung 100%ig überwacht.

    Finden doch unerwartet größere Treffen statt, werden sie mit Gewalt auseinander getrieben. Da lässt sich nicht so gut überwachen.

    Nun sinds die feiernden linken, die Kritiker der Massnahmen sind pauschal die Rechten … So wird weiter gespalten.

    • Menschen durften sich nicht treffen? In welchem Land war das?
      Kleinere Gruppen würden auch ausreichen, echte Freundeskreise sozusagen.
      Aber die gibt es bei denen nicht mehr. Das sind maximal Daumen nach oben-Bekannte.

      Muss man denn zu Hunderten oder Tausenden zusammenkleben? Es gibt so viele Parks und Grünanlagen. Zudem kennt man ja kein Ende.
      Ob die bei der Arbeit oder dem Studium auch so fleißig und ausdauernd sind?

  11. Wenn es geheißen hätte, 200 Rechte, hätte man das aber schon geglaubt bei ZackZack, nicht?

    • Nicht unbedingt. Es wär vielleicht für die “Krone” keine Meldung wert gewesen bei 200 Rechten. Aber auch da müssen Belege her.

      Aber ich gebe Ihnen recht: Wir müssen wieder viel mehr zu diesen Veranstaltungen selbst gehen, um uns selbst ein Bild von der Lage machen zu können, wenn die Beschreibungen so auseinandergehen.

  12. Ist der Karlsplatz nicht Video überwacht?
    Ist das nicht ein Fall für die Justiz?

  13. Nehammer konstruiert sich seine Gründe. Und Fellner, Dichand und Konsorten sind ihm dabei behilflich. Man steht als anständiger Mensch sehr schnell außerhalb der Legalität, wenn ebendiese von charakterlich gegenteiligen definiert wird. Was wir heute erleben, sind die “Dreißiger Jahre Light”…

    • Das war doch immer schon so bei uns, dass man Andersdenkende geschmäht hat. Das fängt schon in der Schule an, wo man dann als schwierig gilt. Da muss man gar nicht aggressiv sein, es reicht einfach clever zu sein.
      Es kommen halt immer wieder neue “tags” dazu, die man den Leuten anhängen kann.

      Aber die österr. Seele ist generell so, dass sie Andersdenkende nicht erträgt. Jetzt findet das Ganze in einem Ausmaß und in der Öffentlichkeit statt, dass es auch bald der Letzte bemerkt. Aber die es bemerken, gehören auf ihre Art meist dazu. Alles nur ein Spiegel.

  14. Erfordert neuerdings Polizeiwillkür nur noch stichhaltige Gerüchte …

  15. Ein gewohntes Bild der Wiener Polizei. Spazierengehen mit den Rechten. Hinhauen auf alle anderen.

    Ich fürchte, bis diese türkise Gurkentruppe endgültig weg ist, wird sie noch sehr viel Porzellan zu schlagen um vom eigenen Versagen abzulenken.

  16. Hauptsache die Medien haben die entsprechenden Berichte gebracht. Dann hat die Polizei ihren Zweck erfüllt. Die Türkisen missbrauchen das Innenministerium und die Polizei die ganze Zeit für ihre Propagandaaktionen.

    • Ja die Propaganda 👑 ect. Funktionieren gut, dank Millionen Förderungen durch die Familie.

    • Türkis missbraucht die Demokratie und die Bevölkerung für ihre morbiden Machtdemonstration es und -Spielchen! Weg damit!

  17. Diese unnötigen Einsätze sind teuer. Unzählige Polizisten müssen an den Wochendnächten in Bereitschaft sein, …

    • Achso das mit den eskalierenden Undercover Radikalen von der Polizei selbst, ist mir jetzt wieder eingefallen. Ja, das war aber noch einmal ärger im Sinn von ”dahergeschobenen Gründen”.

  18. ”Gefahr für Leib und Leben” im Freien, bei den Inzidenzzahlen.

    • Es geht ja auch nicht um Gesundheit, es geht darum, Menschen daran zu hindern, sich zu treffen und über diesen Wahnsinn zu reden. Das merkt man ja schon an den Verschärfungen der Verordnung durch diesen Pseudoarzt.

Kommentarfunktion ist geschlossen.

Jetzt: Polizeiäffäre "Pilnacek"

Denn: ZackZack bist auch DU!