Donnerstag, April 25, 2024

Platzverbot am Karlsplatz: »Höchstwahrscheinlich rechtswidrig«

Die Wiener Polizei verhängte ein temporäres Platzverbot am Karlsplatz. Die Begründung dafür war aber unrechtmäßig, sagt Rechtsanwalt Horn. Virologe Nowotny appelliert, trotz guter Zahlen noch vorsichtig zu bleiben.

 

Florian Bayer

Wien, 8. Juni 2021 | „Das Platzverbot war unverhältnismäßig und falsch“, twitterte Jürgen Czernohorsky, Wiener Stadtrat für Klimaschutz, Umwelt und Demokratie (SPÖ). Auch andere, bis hin zum Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (ebenfalls SPÖ), kritisieren die polizeiliche Räumung und das Platzverbot am Karlsplatz, wo am Freitagabend Hunderte junge Menschen gefeiert haben.

Grund für die Räumung war laut Polizeipräsident Gerhard Pürstl, dass „gewaltbereite autonome Gruppen mit einem harten Kern von über 200 Personen“ gezielt Gewalt gegen die Polizei angezettelt hätten. Die LPD Wien konnte dafür aber keine Beweise liefern. Im Zuge der Platzräumung flogen Flaschen auf Polizeibeamte, woraufhin die LPD Wien am Samstag ein Platzverbot verhängte, das am Sonntag wieder aufgehoben wurde.

LPD Wien und Innenministerium brachten das polizeiliche Einschreiten auch mit einer Nichteinhaltung der Corona-Maßnahmen in Verbindung. Der genaue Grund für die umstrittene und gewaltsame Räumung u.a. mittels Pfefferspray bleibt letztlich unklar. „Deeskalation funktioniert an sich anders. Das werden wir mit der Polizei besprechen“, sagte der Wiener Sozial- und Gesundheitsstadtrat Peter Hacker.

Jurist Horn: „Unzulässige Argumentation“

„Wenn Flaschen geflogen sind, ist eine kurzfristige Räumung des Platzes laut Sicherheitspolizeigesetz durchaus zulässig. Man muss aber unterscheiden zwischen dem Ad-Hoc-Platzverbot, das Einsatzkräfte vor Ort für bis zu sechs Stunden lang aussprechen dürfen, und einem formal verordneten Platzverbot, wie es verhängt wurde. Für letzteres gibt es “definitiv keinen Grund“, sagt Rechtsanwalt Florian Horn.

Rechtlich wäre zwar eine spezifische lokale Gesundheitsgefährdung ein legitimer Grund für ein länger andauerndes Platzverbot, nur liege eine solche nicht vor. „Am Karlsplatz besteht grundsätzlich nicht mehr oder weniger Gefahr für eine Ansteckung als überall sonst. Nur weil dort auch gefeiert wird, kann man den Platz nicht dauerhaft für alle sperren“, sagt Horn. Und die von der Polizei zitierte Gefahrenlage durch Angriffe auf Polizeibeamte war ja mit dem geleerten Platz wieder aus dem Weg geräumt, rechtfertige also auch keine Sperre.

Horn verweist darauf, dass für Corona-Maßnahmen die Gesundheitsbehörde zuständig ist. Die Polizei hat das Magistrat der Stadt Wien aber offenbar nicht informiert, wie Bürgermeister Ludwig anmerkte: „Das war ein Fehler. Die Sicherheitsbehörde kann zwar laut Corona-Verordnungen Hilfsdienste leisten, die Verantwortung obliegt aber der Gesundheitsbehörde“, sagt Jurist Horn.

Ergo muss jedenfalls auch die Stadt für etwaige künftige Maßnahmen sorgen, wenn aus ihrer Sicht eine Gefährdung der Gesundheit gegeben ist. Die Polizei kann wegen eines einmaligen Gedränges keine in der Zukunft liegenden Platzverbote verhängen, sagt Horn: „Eine ähnliche Argumentation verwendete die Polizei schon bei Demo-Verboten nur aufgrund von Beispielen von Fehlverhalten in der Vergangenheit.“ Dass diese vielfach unrechtmäßig waren, belegen mehrere Urteile des Verwaltungsgerichtshofs, zuletzt erst vergangene Woche.

Wenn tatsächlich erhöhte Gefahr besteht, müsse man darauf reagieren, etwa mit einer Maskenpflicht, einer temporären Sperrstunde oder vergleichbaren Maßnahmen. „Alle Maßnahmen, auch lokale, müssen aber abgewogen und begründet werden“, sagt Horn mit Verweis auf die derzeit niedrigsten Inzidenzen seit Monaten. Das ursprünglich dauerhaft ausgesprochene, dann wieder aufgehobene Platzverbot war aus seiner Sicht „höchstwahrscheinlich rechtswidrig“.

Virologe Nowotny: „Noch vernünftig sein“

„Ich verstehe die jungen Leute, die jetzt 15 Monate lang stark eingeschränkt waren und Rücksicht auf ihre Mitmenschen genommen haben. Was sich aber am Karlsplatz und am Donaukanal abgespielt hat, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wirklich gut“, sagt Virologe Norbert Nowotny von der Veterinärmedizinischen Universität Wien.

Zwar sinke die Zahl der Neuinfektionen fast täglich. „Ein paar Wochen sollten wir aber noch vorsichtig sein, um möglichst keine Cluster vor der Urlaubszeit zu riskieren“, sagt der Virologe. Er rechnet damit, dass die meisten verbleibenden Beschränkungen mit Anfang Juli fallen werden – „dann sollten die Inzidenzen nochmal niedriger, die Durchimpfung der Bevölkerung höher sein.“

Wenn die 3G-Regeln (getestet, geimpft, genesen) auch an Hotspots wie dem Karlsplatz gelten würden, sähe die Sache zwar anders aus. „Aber das ist nicht der Fall und das kann auch nicht wirklich kontrolliert werden“, sagt Nowotny. Wie man Situationen und Szenen wie am Wochenende politisch und polizeilich am besten vermeiden könne, müssten aber andere beantworten.

Nowotny hofft und geht davon aus, dass die Maßnahmen nicht nur für kommerzielle Veranstaltungen – wo die 3G-Regel ja fast lückenlos kontrolliert wird – sondern auch für den privaten Bereich fallen werden, etwa in Bezug auf die Abstandspflicht. Bis dahin appelliert er aber an die vor allem jungen Leute, „diese drei Wochen noch vernünftig zu bleiben. Um einen längeren Zeitraum geht es ja hoffentlich gar nicht mehr.“

Titelbild: APA Picturedesk

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22 Kommentare

  1. Nicht schon wieder eine Verurteilung der Polizei! Das wäre schon das fünfte Mal innerhalb kurzer Zeit.
    Gibt es da eine Regelung für Wiederholungstäter?

  2. Das Innenministerium schaltet und waltet wie es ihm beliebt und missbraucht die Polizei für ihre Zwecke. Eine sehr beunruhigende Entwicklung…

  3. Alles von der türkisen Gruselpartie provoziert.
    Lasst doch die jungen Leute in Ruhe.
    Lasst sie feiern, jeder der sich fürchtet bleibt sowieso weg und die älteren Semester haben dabei auch nichts zu suchen.
    Wenn einer auf die Statue klettert holt man ihn einfach runter und gut ist’s. Ich glaube nicht, dass einer der Jugendlichen den anderen gefragt hat welche Partei er wählt. Die wollen einfach nur Spaß haben.
    Reine gewollte Provokation!
    Der Kurze ist ja auch mit dem Geilomobil herumgefahren und hat Party gemacht.

  4. Über was parliert Virologe Nowotny hier? Syphilis? AIDS? Den gemeinen Tripper? Also Krankheiten vor denen man geschlechtsreife Feiernde jugendlichen Alters am meisten warnt. Nein, er meint dieses Covid-19! Diese Krankheit die für die angesprochene Altersklasse das allergeringste Gesundheitsrisiko darstellt.

    • Wir leben in einer Zeit, wo Fernsehclowns zu Wissenschaftlern ernannt, während echte Wissenschaftler zu Clowns erklärt werden.

    • Ich wage es ja schon gar nicht mehr zu sagen, bei meiner anscheinend schon bekannten Aversion gegen den Autor. Doch wie wäre es, statt dem Veterinär einmal Dr. Haditsch zu Wort kommen zu lassen?

  5. Vielleicht könnte der Herr Pilz seine Kontakte in Merkelanien fragen, ob der Drosten und der Klabauterbach den Nowotny, die Laer und andere Wirrologen in Ihrem Alptraumteam brauchen.Eine Alternative wäre noch bei den Europäischen Ungusteln zu fragen.

  6. Der Nowotny soll seine Aussagen mit rezensierten Studien – nicht selbstrezensierten, wie das Drosten macht – untermauern. Dieses unwissenschaftliche Herumeiern und den Leuten Angst einjagen, wie das ein Lauterbach macht, hat in einem Land jenseits der Aufklärung nichts verloren. Den Beweis dafür, dass das unwissenschaftlicher Nonsens ist, erbringen jene Länder, die sämtliche Maßnahmen abgedreht haben und dieselbe oder geringere Testblödsinn”inzidenz” haben.

  7. Was macht er nun der Herr Nowotny? Hofft er dass die Massnahmen bald nicht mehr gelten? Oder geht er davon aus?

    Ich persönlich gehe davon aus:
    – GGG bleibt, aber ohne das G für Gesund sein wobei nach und nach alles auf das G für geimpft reduziert wird
    – dann tun alle so als wäre die Pandemie besiegt und es wird weltweit gefeiert deshalb
    – dann kommt die Olympiade
    – dann schenken sie uns eine Mutanten oder einen neuen Erreger (MERS) … ca im Sep/Okt
    – dann geht der Mist von vorn los

    – und gleichzeitig wird’s ab da kombiniert mit Klimageschichten

    Aufhören? Nur dann wenn die Menschen nicht mehr mitmachen. Aber da hab ich null Hoffnung derzeit.

    • Der Moral- und Demokratiepsychologe (ich wusste zuvor gar nicht, dass es das gibt) Dr. Georg Lind sagt ja in einem Interview, die Mehrheit der Menschen ist unfähig, frei zu sein. Das heisst eben, sehr viel Eigenverantwortung und das scheint, bei den Lockdowngenießern gar nicht gut zu kommen.

  8. Natürlich in Wien, natürlich gegen Jugendliche, natürlich im Nachhinein rechtswidrig, natürlich regierungstreue Medien mit vorauseilendem Gehorsam, natürlich ablenken von ÖVP fails, natürlich grottenschlechte Regierungsarbeit, usw. usw. usw.. Darum sollten Jugendliche nachdenken und NICHT rechte Parteien oder Erfüllungsgehilfenparteien wie Grün und Pink wählen.

    • Da bleibt ja nicht mehr viel übrig. Sollen die Jungen dann etwa die Roten wählen, deren Chefin am liebsten das 1000-jährige Lockdownreich ausrufen würde?

    • Diesen roten gfriesern muss man geben, hat schon der tiroler bundespräsidentschaftskandidat gemeint. Undvetwas über 7 % eingefahren. 🤣

      • Das waren gar keine rote Gfrieser. Die sollen dadurch nur medial künstlich erzeugt werden. So viele gibt es gar nicht, und schon gar nicht dort und in Trinklaune

  9. Eine große BITTE an die ZackZack Redaktion:

    Haltet uns in diesem Medium den Novotny vom Leib! Bitte! Ich kann diesen selbstgefällig grinsenden Humpti-Tumpti weder sehen noch hören.
    Der soll in der Krone, ORF -> den regierungstreuen Medien aufsprechen denn dort halte ich mich nicht auf! Ich kann nicht “Dauerkotzen”

    Zu dem Platzverbot: schön wenn es rechtswidrig ist .. wie wäre es dann einmal mit Konsequenzen?
    Der Terroranschlag vom November ist noch immer unbearbeitet da der Nehammer sich noch immer aufspielt. Wann wird da endlich was angefangen?

  10. Schön und weiter?
    Es ist vollbracht, der Schaden ist einmal mehr angerichtet, wie so oft in der letzten Zeit.
    Mit solchen Feststellungen alleine, wird man der Erosion der Demokratie nicht wirklich entgegenwirken können.
    Jeder, der in der Privatwirtschaft hacklt und dort Mist baut, bekommt dort umgehend die Rechnung/Konsequenzen präsentiert.
    Und wie verhält es sich in der Politik bzw. bei den Behörden?
    Narrenfreiheit ohne besondere Konsequenzen.

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