Freitag, April 19, 2024

A1 gegen Datenschützer – Causa Belarus

Causa Belarus

In einem offenen Brief stellt die A1 Datenschützer Thomas Lohninger an den Pranger. Lohninger antwortet und kritisiert besonders die wirtschaftliche Verstrickung mit dem diktatorischen Regime Lukaschenkos.

Wien, 14. Juni 2021 | Die Datenschutzorganisation „epicenter.works“ plant eine Demonstration vor dem A1 Telekom Austria-Hauptgebäude. Es soll gegen die Unterdrückung der Demokratiebewegung protestiert werden. Man will dabei auf die wirtschaftlichen Verstrickungen mit Belarus aufmerksam machen. A1 hat daraufhin einen offenen Brief an „epicenter.works“-Geschäftsführer Thomas Lohninger geschrieben.

Darin betont man, der Konzern hätte die Demo-Ankündigung mit “Verwunderung zur Kenntnis genommen”, doch hätte man seit der Belarus-Krise „immer den Weg einer transparenten und offenen Kommunikation verfolgt“. Weiters rechtfertigt A1 die Abschaltungen des Internets in Belarus mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen des Landes.

Thomas Lohninger hat seinerseits ebenfalls mit einem offenen Brief geantwortet. Darin fordert er den Austritt aus den geschäftlichen Beziehungen zu Belarus und äußert seine Bedenken gegenüber A1, das sich seiner Ansicht nach einem diktatorischen Regime beugen würde.

“Internetsperre nicht im Interesse des Unternehmens”

In dem Brief von A1 an Thonas Lohninger heißt es:

„Wir haben das als einziger Anbieter in Belarus immer angekündigt und transparent gemacht. Wir haben dies auch vor dem Hintergrund gemacht, weil die Behörden in Belarus technisch die Möglichkeit außerhalb unseres Netzes haben, bei Nichteinhaltung der Anordnungen das gesamte Internet im gesamten Land nicht nur zu drosseln, sondern zu unterbinden.”

Die letzte Anordnung der Einschränkung der Internetversorgung in Belarus an A1 sei im November 2020 gefolgt. Für die Internetausfälle seien die Kundinnen und Kunden finanziell entschädigt worden, so das Unternehmen. “Sie können also sicher sein, dass solche Internetsperren nicht im Interesse des Unternehmens sind“, heißt es weiter im Brief.

“Welchen Anteil hat Österreich an Lukaschenkos Macht?”

Lohninger antwortet: „Aus unserer Sicht hätte A1 schon längst für Aufklärung in dieser Sache sorgen müssen, erst recht nach den Eskalationen der jüngsten Zeit.” Er fordert A1 dazu auf, offenzulegen, welche Anordnungen das Unternehmen von der Lukaschenko-Regierung bekommen habe.

“Wurden etwa Standortdaten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Demonstrationen an das Regime beauskunftet oder wurden die Gesprächsinhalte von Oppositionellen ausgeleitet? Welchen Anteil haben österreichische Unternehmen und auch die Republik Österreich daran, dass Lukaschenko immer noch im Amt ist?”, fährt Lohninger fort und fügt hinzu, dass A1 und anderen österreichischen Unternehmen aktiv zur Stabilisierung des Regimes beitragen würden.

“Österreich hat eine Mitschuld”

Die A1 Telekom Austria verwies auf Nachfrage von ZackZack lediglich auf den Brief und betonte, dass sich Abschaltungen des Internets in Belarus nicht verhindern ließen. Ebenfalls stünden Herrn Lohninger Forderungen zwar fei, man wollte jedoch keine weiteren Auskünfte geben.

Gegenüber ZackZack äußert sich Lohninger empört:

„Wenn man in so einem Regime Geschäfte macht, ist das eine Entscheidung. Es geht hier klar um die Frage der Werte – Österreich hat hier eine Mitschuld und eine Verantwortung gegenüber der österreichischen Bevölkerung.“

Seiner Meinung nach hätte allein die Einforderung von A1, sich aus dem Geschäft in einem diktatorischen Land zu ziehen, bereits einen großen Effekt.

„Ich glaube, es gibt schon ein großes Bewusstsein über die geschäftliche Vernetzung zu Belarus, das sieht man auch in den Tweets von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Man sagt immer, man sei voll und ganz für die Sanktionen, steht aber steht aber auf der Bremse im Rat der EU Mitgliedstaaten. Österreichs Bevölkerung muss sich die Frage stellen: Will man bei A1 noch Kunde sein? Die Deutsche Telekom (Magenta) hat sich bewusst aus Märkten mit Rechtsstaatdefiziten gezogen, wie zum Beispiel in Albanien.“

(jz)

Titelbild: APA Picturedesk

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11 Kommentare

  1. Lukrative Berater-Versorgungsjob für abgehalfterte österr. Politik-Granden im Tausch gegen österr. Staatsbürgerschaften für korrupte PolitIker der hohen Rus, die ihr Schwarzgeld bei uns parken dürfen. So ein lukratives Geschäftsmodell lassen sich unsere jeweiligen Regierenden sicher nicht so schnell kaputt demokratisieren …

    • Nun, für epicenter.works gilt das Gegenteil. Ich erwarte für meine Spende eine gewisse Lautstärke 😀

  2. „Datenschutz ist Machtkontrolle, Datenschutz ist Schutz des Individuums, Datenschutz ist Schutz der Freiheit, Datenschutz ist Schutz der informationellen Selbstbestimmung.“
    ―Karl Michael Betzl

    Datenschutz ist auch die Pflicht jedes Einzelnen, es werden die eigenen Daten meist unkontrolliert in die Welt geblasen…, jeder hat selber Einfluss darauf….

  3. Ich habe die Vorgangsweise von A1 in Belarus zum Anlass genommen meinen Handy- und Internetvertrag von A1zu kündigen. Es wäre für mich unerträglich, Kunde eines Unternehmens mit so einer Unternehmensphilosophie zu sein. Und nebenbei habe ich damit meine Handy- und Internetkosten um 60% reduzieren können! Und das mit einer Verdoppelung der Geschwindigkeit des Internets! Das hat sich auch finanziell ausgezahlt!

  4. Datenschutz existiert genauso wenig wie Menschenrechte, beides ist eine Illusion. Nicht nur in China oder Weißrussland sondern auch im ach so tollen Westen. Wer betreibt denn das Folterlager Guantanamo auf kubanischem Boden? Der moralische Anführer der Welt (Zitat Biden). Wer hat Assange gefoltert, weil er es wagte das Imperium zu konfrontieren?

    In Irland wurde gerade ein Gesetz beschlossen, das es der Polizei erlaubt die Bevölkerung zur Herausgabe von sämtlichen Passwörtern für elektronische Geräte zu zwingen wenn ein “Verdacht” besteht: https://www.bbc.com/news/world-europe-57468750

    Falls man sich weigert drohen Strafen bis zu 30000 Euro. Wir leben in einer Konzerndiktatur mit zunehmender polizeistaatlicher Struktur, die von sich behauptet eine Demokratie zu sein. Irgendwann werden es genug Menschen begreifen, damit ein breites Umdenken stattfindet.

    “If you want a picture of the future, imagine a boot stamping on a human face – for ever.”
    (George Orwell)

  5. UNO-Charta: Jeder Staat hat die Pflicht, die Rechtspersönlichkeit der anderen Staaten zu respektieren. Die territoriale Integrität und politische Unabhängigkeit jedes Staates sind unverletzlich. Jeder Staat hat das Recht, seine politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Ordnung frei zu wählen und zu entwickeln.

    Als Datenschützer ist mir Thomas Lohninger willkommen, als Regime-Changer nicht. Wollen denn alle, die einen gewissen Bekanntheitsgrad bekommen, zu Diktatoren mutieren? Will Lohninger jetzt den Betrieben diktieren, mit wem sie Geschäfte machen dürfen? Mit Russland, Belarus und China nicht, mit Saudi-Arabien schon? Auch mit den USA, die alle und alles ausspionieren mit Unterstützung von BDR und Dänemark? Mit den USA, die alle Staaten unter ihr Diktat bringen wollen? Die alle Betriebe, die sich zB an das Atom-Abkommen mit dem Iran halten, sanktionieren? Ist das Demokratie?

    • “Jeder Staat hat das Recht, seine politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Ordnung frei zu wählen und zu entwickeln.” Ja wer ist da denn wohl gemeint? Nachdem es sich hier um Völkerrecht handelt und nicht um Despotenrecht ist es wohl nicht Lukaschenko dem es obliegt das eigene Volk zu unterdrücken und seine Ordnung durchzudrücken. Soll jetzt nicht heißen, dass wir keine solchen Probleme hätten. Vielleicht nicht in dieser Klarheit, aber Kurz ist ja jetzt wohl n gutes Beispiel für einen möchtegern Despoten.

  6. ZackZack und epicenter.works sollten jetzt gemeinsam in Österreich eine “Rethink-your-A1-contract-Kampagne” starten, in der alle VertragsnehmerInnen von A1 in Österreich aufgefordert werden darüber nachzudenken, ob sie mit einem Unternehmen wie A1, das in einer Diktatur wie Weißrussland eine in den Details ungeklärte und intransparente Kooperation mit dem Regime pflegt, selbst eine Vertragsbeziehung haben wollen.

    Richtig formuliert kann A1 daraus auch keine Klage wegen geschäftsschädigenden Verhaltens in Österreich zimmern.

    Den Druck auf A1 gilt es aber definitiv zu erhöhen.

    • Ich empfehle den Aktivisten auch, sich symbolisch eine A1 Aktie zu kaufen, um so als Aktionär bei der nächsten A1 Aktionärsversammlung zugelassen zu werden und dort ein Rederecht zu verlagen.

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