Freitag, März 29, 2024

Regenbogenparade in Wien: Zwischen Liebe und Hass

Zwischen Liebe und Hass

Bei über 30 Grad feierte die Wiener Regenbogenparade ihr Comeback: Zum 25. Mal zogen zehntausende Menschen über die Ringstraße, um die Liebe zu feiern. Störaktionen durch Randalierer wurden verurteilt.

Wien, 21. Juni 2021 | Zur 25. Jubiläum der Regenbogenparade zogen die Teilnehmenden coronabedingt als reine Fußgänger- und Fahrraddemo durch die Ringstraße. Die bunte Truppe der Vielfalt startete zum Höhepunkt der “Vienna Pride” um 14.00 Uhr vom Rathausplatz. Von dort ging es gegen die Fahrtrichtung einmal rund um den Ring und danach wieder zum Rathaus.

Während die Teilnehmenden friedlich feierten, gab es nicht nur auf der Parade selbst, sondern auch abseits der Ringstraße negative Vorfälle. Das Motto der Randalierer: die LGBTQ-Community hätte “in Österreich keinen Platz”.

Bei derSchlusskundgebung der Parade entrollten drei Randalierer ein Anti-Pride-Banner und machten mit Pyrotechnik darauf aufmerksam. Die Störaktion wurde von der Exekutive beendet. / Foto: APA

Auch Cajetan Perwein, Mitarbeiter im Umweltministerium, berichtete am Sonntag auf Twitter von einigen Vorfällen. Im Gespräch mit ZackZack schildert Perwein die Randaleaktion und macht auf die Dringlichkeit der Medienberichterstattung aufmerksam.

Angespuckt, beleidigt und Regenbogenfahne zerbrochen

Auf dem Weg zum Spar wurde Perwein von zwei unterschiedlichen Personen angespuckt und mit „Scheiß Schwuchtel“ beschimpft.

“Ich dachte mir anfangs, es gibt immer Trottel. Also habe ich die einfach ignoriert. Am Praterstern wollte ich mir was zu essen kaufen, meine Regenbogen-Fahne hatte ich noch am Rucksack. Plötzlich kam jemand vorbei, zog mir die Fahne aus dem Rucksack und zerbrach sie vor meinen Augen mit den Worten ‘ihr habt keinen Platz in unserer Gesellschaft’“.

Anschließend erhielt Perwein eine Nachricht auf Instagram: “Ich werde dich verprügeln, du Schwuchtel”. Daraufhin fasste er einen Entschluss: “Das darf nicht so weitergehen, wir dürfen nicht mehr wegschauen und das einfach ignorieren”. Daher rief er auf Twitter Menschen, denen ähnliches passiert ist, dazu auf, sich bei ihm zu melden.

“Nur gemeinsam sind wir stark”

Perwein habe lange überlegt, ob er die Vorfälle überhaupt ansprechen wolle. “Das ist dann öffentlich. Und ich habe auch keinen Bock, dass da plötzlich jemand vor meiner Tür steht und mich verprügeln will.”

Er fragt sich, wie es Menschen geht, die nicht so offen leben. “Da muss es viel mehr Berichterstattung geben”, fügt Perwein hinzu. Darüber hinaus sei die Dunkelziffer ein großes Probelm: Viele würden die Vorfälle gar nicht zur Anzeige bringen. “Das ist ganz wichtig”, drängt Perwein. “In meinem Kreis haben alle die Wahrnehmung, dass die Fälle seit 2016 dramatisch ansteigen.” Woran das liegt? Perwein:

“Nach meiner Einschätzung sind die Leute früher viel mehr auf die Straße gegangen, es gab eine durchgehende Sichtbarkeit der Community. Ich vermute, dass da wahnsinnig viel weiter gegangen ist. Doch jetzt ruhen sich die Leute etwas darauf aus. Die Menschen glauben nicht mehr daran, dass Hatecrime in Österreich noch ein Problem ist. Und Corona hat da voll reingespielt.”

Für die LGBTQ-Szene habe es während des Lockdowns keine Orte gegeben, an denen man sich treffen hätte können, erzählt Perwein weiter. Die Bars und Clubs hätten zu gehabt, es habe keine queeren Jugendtreffen mehr gegeben. “Diese Kombination aus allem trug dazu bei, dass sich der LGBTQ-Hass noch verstärkt hat.” Und eine fehlende Berichterstattung über solche Vorfälle würde, vor allem auch am Land, die Gewalt gegen die LGBTQ-Szene zusätzlich verstärken.

“Es war also wirklich schön, dass die Regenbogenparade in diesem Jahr wieder stattfand. Es ist so wichtig für die Community. Denn nur gemeinsam sind wir stark!”,

ermutigt Perwein gegenüber ZackZack.

SPÖ und NEOS verurteilen Störaktion

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Vizebürgermeister Christoph Wiederwehr (NEOS) war es nach der Störaktion am Rathausplatz wichtig zu betonen, dass gerade Wien für Vielfalt, Offenheit, Solidarität und vor allem Anti-Diskriminierung stehe. „Hassgefühle und Intoleranz haben in unserer Stadt keinen Platz. Denn Wien liebt dich, egal wen du liebst“, bekannten Bürgermeister und Vizebürgermeister gemeinsam und verurteilten die Störaktion.

„Wien bekennt sich zur Pride, zu Vielfalt und Toleranz. Und wir leben dies auch in unserer Stadt. Die heutige Veranstaltung war auch eine wichtige Demonstration dafür. Für ein friedliches Miteinander, für Solidarität, für Toleranz und für Lebensfreude“,

so der Wiener Bürgermeister.

Wiederkehr reagierte mit Fassungslosigkeit auf die am Rathausplatz von Gegnern der Bewegung vorgetragenen Randale: “Transparente, wie ich sie als einer von tausenden friedlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Vienna Pride persönlich gesehen habe, haben in einer weltoffenen Stadt wie Wien nichts zu suchen!”, so Wiederkehr. Man werde mit Vehemenz gegen jene Personen, die hinter der Aktion stehen, vorgehen:

“Wir prüfen rechtliche Schritte gegen die Urheber dieser absolut unpassenden Aktion. Gleichzeitig möchte ich betonen, dass es sich um einige wenige Störenfriede gehandelt hat und die Vienna Pride 2021 ansonsten eine ausgesprochen gelungene, frohe und sehr gut organisierte Versammlung mit einem sehr wichtigen Thema war!”

Eindrücke der 25. Regenbogenparade in Wien. Fotostrecke: Cajetan Perwein, ZackZack und APA Picturedesk.

“Es ist nicht wichtig, wen man liebt – wichtig ist, dass man liebt”

Um 18.30 Uhr war die Regenbogenparade zu Ende. Mit viel Musik wurden die Feiernden in den Abend entlassen. Pride-Organisatorin Katharina Kacerovsky-Strobl freute sich in einem Statement gegenüber der APA, dass “trotz einem Krisenjahr so viele Menschen teilgenommen und die Jubiläums-Regenbogenparade wieder einmal zur größten Demonstration Österreichs gemacht haben”.

Sie freute sich auch über die vielen Teilnehmenden, “die nicht selbst lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, intergeschlechtlich oder queer (LGBTIQ) sind”. Die gemeinsame Demonstration für gleiche Rechte, Sichtbarkeit und Respekt zeige, dass große Mehrheit in Österreich längst weiter als die Politik sei und wisse: “Es ist nicht wichtig, wen man liebt – wichtig ist, dass man liebt.”

Solidarität mit Polen und Ungarn

Die Organisatoren der “Vienna Pride” konnten bei der Abschlusskundgebung auch jene der “Budapest Pride” begrüßen. Zudem gab es eine Videobotschaft aus Polen, wo zeitgleich um 14.00 Uhr der “MarszRowności” in Warschau startete. Kacerovsky-Strobl hob im Gespräch mit der APA die Wichtigkeit der Solidarität mit der LGBTIQ-Community aus diesen Ländern hervor. Daran, dass es auch 50 Jahre nach der Entkriminalisierung von Homosexualität in Österreich noch zahlreiche Gründe gebe, auf die Straße zu gehen, erinnerte Ann-Sophie Otte, Obfrau der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien, schon vor der Parade.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen meldete sich per Videobotschaft, und stellte klar, dass LGBTIQ-Rechte Menschenrechte sind, eine Diskriminierung dürfe es in Europa nicht geben.

Denn am Ende ist Liebe stärker als Hass.

(jz/Agenturen)

Titelbild: APA Picturedesk

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5 Kommentare

  1. …. wir leben im Jahre 2021, 10.800 Jahre nach Göbekli Tepe.
    Auf einem kleinen Planeten, in einem völlig umgedeuteten Sonnensystem, eines westlichen Spiralarms der Milchstraße, leben, vom Affen abstammende, eigenartige Lebensformen.
    Diese nennen sich selber Menschen (Homo sapiens, lateinisch für „verstehender, verständiger“ oder „weiser, gescheiter, kluger, vernünftiger Mensch“), die bekommen es nicht auf die Reihe das es Unterschiede zwischen ihnen gibt, deshalb mussten sie eigens dafür Begriffe erfinden, sogar Feste feierten sie um diese Begriffe und Zusammenhänge verständlich zu machen.
    Leider nützt das nichts, diese Menschen, die den ganzen Tag auf keinen bunten Kästchen herumwischen, sind nicht in der Lage das zu erkennen, deshalb erfinden die noch mehr Begriffe um sich dagegen zu militarisieren…., auch jemanden der die Gewalt dann auch noch ausübt…
    Ihre Vorfahren vor 10.800 Jahren waren in der Lage das auf die Reihe zu bekommen, um zusammen unglaubliches zu leisten. 👽

  2. “Hassgefühle und Intoleranz haben in unserer Stadt keinen Platz”, auch beim Marsch fürs Leben gabs Randalierer, die von der Polizei sogar abgedrängt werden mussten. Was positiv aufgefallen ist, auch bei der Pride gab es “Kurz muss weg” Rufe.

  3. ich hab für die piratenpartei und für wien andas einige male die teilnahme an der regenbogenparade organisiert.
    das war jedesmal ein grosses fest und es gab nie zwischenfälle.

    dass sich da jetzt etwas geändert hat, liegt definitiv auch am rechtsruck durch die övp.
    bisher waren diese kreaturen nur beim “Marsch für die Familie” zu sehen.

    vergessen wir auch nicht:
    Es war August Wöginger, Klubobmann der ÖVP, der noch im Herbst 2018 die Ehe nur zwischen Mann und Frau in der Verfassung festschreiben wollte, und der bloß am Fehlen der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament gescheitert ist.

    https://www.hagerhard.at/echt-rot/2019/06/straight-pride-parade/

  4. Warum kümmert sich der Schmähammer nicht darum? Ach hab vergessen, dass ist ja eine Randgruppe die bei der auch so christlichen türkisen Wählerschar nicht punkten kann, genau so wenig wie die Migranten…

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