Hanger ist der Datenschutz unheimlich wichtig – das betont er immer wieder. Im Vorfeld der heutigen Blümel-Befragung nahm er es dann aber doch nicht so eng und hielt vertrauliche Akten in die laufende Kamera.
Wien, 24. Juni 2021 | Der türkise Fraktionsführer im Untersuchungsausschuss, Andreas Hanger, ist kein Freund von Akten-Leaks. Fast wöchentlich moniert er sich in Interviews und Pressekonferenzen über Dokumente, die über Medien an die Öffentlichkeit gelangen. Was Hanger jedoch oft vergisst, ist die Tatsache, dass die ÖVP selbst bereits dreimal nachweislich Akten aus dem Untersuchungsausschuss geleakt hat.
Hanger leakt im Fernsehen
Am Donnerstag geschah dem ÖVP-Abgeordneten allerdings ein Malheur. Wie die beiden Grünen Ausschuss-Mitglieder Nina Tomaselli und David Stögmüller auf Twitter mitteilten, zeigte Hanger ein klassifiziertes Dokument der Stufe 2 in die laufende Kamera. Akten der Stufe 2 werden als „vertraulich“ bezeichnet, ihre Verwendung beschränkt sich auf die „vertrauliche Ausschusssitzung“.
Hanger, der mehrmals am Tag anderen Leaks vorwirft, hält ein klassifiziertes Dokument in die Kamera – minutenlang. Wenn Sobotka den gleichen Maßstab anlegt wie bei anderen Fraktionen, müsste er jetzt tätig werden. #IbizaUA pic.twitter.com/zR3Vr2u0G1
— Nina Tomaselli (@dietomaselli) June 24, 2021
Stögmüller forderte auf Twitter den Vorsitzenden auf, zu handeln und einen Ordnungsruf auszuteilen: Wurden da tatsächlich Stufe 2 Akten von #Hanger in die Kamera gehalten. #Sobotka ist hier gefordert und müsste einen Ordnungsruf geben. #IbizaUA.
Wurden da tatsächlich Stufe 2 Akten von #Hanger in die Kamera gehalten. #Sobotka ist hier gefordert und müsste einen Ordnungsruf geben. #IbizaUA pic.twitter.com/TvjsapjMSF
— David Stögmüller (@Stoegmueller) June 24, 2021
Hanger las aus den klassifizierten Dokumenten auch noch vor. Erst als Journalisten den ÖVP-Abgeordneten darauf aufmerksam machten, dass das vielleicht nicht die beste Idee sei, stellte Hanger seine Leaks ein.
Bei Wiederholung Geldstrafe
Die Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse sieht Strafen vor: „Im Unterschied zum allgemeinen Verfahren im NR sind im UsA auch Sanktionen für die Offenbarung sämtlicher klassifizierter Informationen vorgesehen. Diese sind in § 54 VO-UA geregelt. Zunächst kann dem Mitglied des UsA ein Ordnungsruf erteilt werden. Wenn die Verletzung fortgesetzt bzw. wiederholt wird (z.B. durch Veröffentlichung auf einer Website) kann der/die Vorsitzende des UsA ein Ordnungsgeld in der Höhe von EUR 500,- bis 1.000,- festsetzen. Dagegen kann Einspruch erhoben werden.“
Bei Stufe 3 und 4 wird es ernst
Hätte Hanger Dokumente der Stufe 3 (geheim) oder 4 (streng geheim) in die Kamera gehalten, wären die Folgen noch dramatischer: „Jemand, der klassifizierte Informationen der Stufe 3 (Geheim) oder 4 (Streng Geheim) offenbart oder verwertet, die z.B. die öffentliche Sicherheit, die umfassende Landesverteidigung, die auswärtigen Beziehungen oder berechtigte private Interessen verletzen können, mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden kann.“
(bf)
Titelbild: screenshot/twitter