»Verletzend«
Der polnische Botschafter Przylebski hat die angedachte Regenbogen-Beleuchtung der Münchener Allianz Arena kritisiert. Ungarn verfolge mit seiner umstrittenen Gesetzesänderung “ein wichtiges Ziel”.
Brüssel/EU-weit, 24. Juni 2021 | Der polnische Botschafter in Berlin, Andrej Przylebski, verteidigt die ungarische Regierung gegen die europäische Kritik am Gesetz über den Umgang mit Homosexualität und Transgender-Identität. “Das Recht des ungarischen Parlaments, Schulkinder vor der Beschäftigung mit der homosexuellen Problematik gesetzlich zu schützen, ist evident und unbezweifelbar”, sagte Przylebski dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Beleuchtetes Stadion wäre “unangebracht und verletzend”
Dies habe nichts mit Intoleranz zu tun, geschweige denn mit der Verfolgung Homosexueller oder der Beschränkung ihrer bürgerlichen Rechte, so der polnische Botschafter. Das Gesetz sei seines Wissens auf die Schulausbildung begrenzt. Sein Sinn sei also, Kinder “vor der Frühsexualisierung” zu schützen. Er will in der Beleuchtung einen Angriff auf das “ungarische Volk” erkennen:
“Den Versuch, das ungarische Volk durch die geplante Beleuchtung des Stadions in München während des Fußballspiels Deutschland-Ungarn anzuprangern, finde ich unangebracht und verletzend.”
Die Partie zwischen Deutschland und Ungarn endete 2:2. Deutschland ist damit weiter und Ungarn ausgeschieden.
Mit der Beleuchtung in Regenbogenfarben wollte die Stadt München gegen das ungarische Gesetz protestieren. Der europäische Fußball-Verband UEFA hatte es jedoch verboten. Die Farben gelten als Zeichen der Toleranz und waren prominent in vielen Ecken der Stadt vertreten.
Östliche EU-Staaten schweigen
Kritisch zum ungarischen Gesetz geäußert haben sich die EU-Gründerstaaten Frankreich, Italien, Niederlande, Belgien und Luxemburg, weiters unter anderen nun auch Österreich (hier vor allem die Opposition aus NEOS und SPÖ, später auch Teile der Regierung). Von den östlichen EU-Staaten nur Estland und Lettland.
Osteuropäische Länder wie die Slowakei, Tschechien, Slowenien, Kroatien, Bulgarien oder Rumänien sind nicht unter den Kritikern.
Unterstützung von Polen “kein Wunder”
Die Grüne Menschenrechts- und LGBTQ-Sprecherin Ewa Ernst-Dziedzic erklärt gegenüber ZackZack, dass Polen und Ungarn nicht von ungefähr bereits 2015 vom Europatat für deren Trans,- und Homophobie gemahnt und verurteilt worden seien. In beiden Ländern sei die Situation für LGBTIQ “dramatisch”. Auch in Polen werde versucht, Sexualpädagogik von Schulen zu verbannen, eine Gesetzesinitiative „Stop LGBT“ würde gar Regenbogenparaden verbieten wollen. Es sei “kein Wunder”, dass es hier gegenseitige Unterstützung gebe:
“Aber Polen und Ungarn sollten sich hinter die Ohren schreiben: Menschenrechte sind keine Ideologie, sondern die Grundlage jeder Demokratie und unserer Europäischen Union. Ich spreche den Aktivistinnen und Aktivisten in beiden Ländern meine volle Solidarität aus und lade sie demnächst nach Wien ein”,
so Ernst-Dziedzic gegenüber ZackZack. Um den LGBTIQ-feindlichen Rechtsruck in Europa aufzuhalten, brauche es vereinte Kräfte.
“Auch deshalb werde ich nicht müde, die untragbaren Angriffe auf LGBTIQ-Rechte in beiden Ländern – in Polen und Ungarn – zu thematisieren”,
fügt Ernst-Dziedzic hinzu.
Polen und Ungarn “zu allem bereit”
Jugend- und LGBTQ-Sprecher Yannick Shetty (NEOS) sieht das ähnlich. Es sei bezeichnend, dass die Regierungen von Ungarn und Polen “dann zusammenhalten, wenn es um Hetze geht”:
“Das ist scheinbar der kleinste gemeinsame Nenner. Um gegen die sinkenden Umfragewerte anzukämpfen, sind Polens und Ungarns Regierungsparteien scheinbar zu allem bereit”,
mahnt Shetty gegenüber ZackZack.
“EU-Kommission muss handeln”
Das ungarische Gesetz sei “eine Schande”, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel. Das Gesetz diskriminiere Menschen “aufgrund ihrer sexuellen Orientierung” und verstoße gegen die “fundamentalen Werte der Europäischen Union.
Zuvor hatten mehrere EU-Staaten die Europäische Kommission aufgefordert, umgehend gegen das umstrittene ungarische Homosexuellen-Gesetz vorzugehen. Die Behörde müsse “alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente” gegen das “diskriminierende” Gesetz nutzen, hieß es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung der Länder, die von Belgien, Luxemburg und den Niederlanden initiiert wurde. Notfalls soll die Kommission demnach auch vor den Europäischen Gerichtshof ziehen.
(jz/Agenturen)
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