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Regierung zahlte 2020 67 Millionen Euro an Tageszeitungen – 95% von ÖVP-Ministerien

95% von ÖVP-Ministerien

Die Inseratsausgaben der Bundesregierung explodieren. Die größten Profiteure sind die drei Boulevard-Medien “Österreich”, “Krone” und “heute”. Die drei teilen sich mehr als die Hälfte des Millionenkuchens. Die Inseratenpolitik ist “aus dem Ruder gelaufen”.

Wien, 02. Juli 2021 | Die Inseraten– und Förderpolitik von Österreichs Bundesregierung im Tageszeitungsmarkt ist im Vorjahr “ideell und konzeptuell aus dem Ruder gelaufen”. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Freitag präsentierte Analyse des Medienhauses Wien. Einzelne Marktteilnehmer – vor allem die Boulevardzeitungen – profitierten, während Verlagshäuser, die auf Verkauf und neue Online-Bezahlmodelle setzen, klar benachteiligt wurden.

Die Studie unter der Leitung von Andy Kaltenbrunner, Geschäftsführer des Medienhauses Wien, stützt sich auf die von der RTR veröffentlichten Daten aus der Transparenzdatenbank sowie diverse Förderungen wie die Presseförderung, (Corona-)Sonderförderung oder Privatrundfunk-Förderung. Wie die Analyse zeigt, flossen von der Regierung im Jahr 2020 rund 67 Mio. Euro (inkl. Förderungen) an die Tageszeitungsverlage. Davon entfielen rund 33,6 Mio. Euro auf Inserate für Print und Online – fast doppelt so viel wie 2018 und mehr als doppelt so viel wie 2019.

Die drei mit Abstand größten Profiteure der Inseratenvergabe waren die “Kronen Zeitung” (8,4 Mio. Euro), “Österreich”/oe24.at (5,2 Mio. Euro) und “Heute” (5,5 Mio. Euro). Auf den Boulevardsektor entfielen damit mehr als die Hälfte der Inseratenausgaben. An als Qualitätstitel geführte Medien (“Der Standard”, “Die Presse”) flossen rund 11 Prozent. Ein Viertel ging an Bundesländerblätter und der Rest an den “Kurier”, der als “Midmarket-Paper” bezeichnet wird.

95 Prozent von ÖVP-Ministerien

Auf das Bundeskanzleramt (BKA) entfielen mehr als ein Drittel der Inseratenausgaben der Bundesregierung (rund 14,3 Mio. Euro), was “sicherlich auch den Coronakampagnen geschuldet ist”, die über das BKA abgewickelt worden seien, wie Kaltenbrunner bei der Online-Präsentation anmerkte. 95 Prozent der Mittel seien von ÖVP-geführten Ministerien geflossen. “Wir sehen hier ein deutliches Ungleichgewicht zwischen den Koalitionspartnern”, so der Studienleiter.

Regierung zahlt 8,22 Euro für einen Österreich-Leser

Betrachtet man die Ausgaben der Ministerien für Inserate je Leser und Leserin, zeigt sich, dass ein Leser einer gedruckten Zeitung der Mediengruppe “Österreich” der Regierung 8,22 Euro “wert” war. Weit unten angesiedelt ist in dieser Betrachtung dagegen etwa die Qualitätszeitung “Der Standard” mit 2,43 Euro. Diese Spanne “ist aus unserer Sicht diskussionsbedürftig”, meinte Kaltenbrunner.

Das BKA teilte vor geraumer Zeit als Reaktion auf eine parlamentarische Anfrage mit, dass die Vergabe der Inserate nach einem aus Mediaanalyse und der verbreiteten Auflage (ÖAK) errechneten Mittelwert erfolge. Die Studie überprüfte diese Angabe und kam zu dem Schluss, dass die “MA/ÖAK-Formel” für das BKA im Jahr 2020 tatsächlich eine Richtlinie darstellte. Diese Formel gewichte allerdings Gratiszeitungen höher. Benachteiligt werden Kaufzeitungen, die ihre gedruckten Exemplare knapp kalkulieren und auf Online-Inhalte setzen. Alle anderen Ministerien streuten ihre Budgets weiterhin sehr divers und nicht anhand der “MA/ÖAK-Formel”. Manche wie das Innenministerium konzentrierten dabei 70 bis 80 Prozent des Inseratenbudgets auf “Kronen Zeitung”, “Österreich”/oe24.at und “Heute”.

Bei der ausgeschütteten Presseförderung (rund 9 Mio. Euro) erhielten “Die Presse” (1,5 Mio. Euro) und “Der Standard” (1,48 Mio. Euro) am meisten Geld. “Heute” und “Österreich”/oe24.at gingen leer aus. Die 2020 ausgeschüttete Corona-Sonderförderung für Tageszeitungen förderte ausschließlich nach Druckzahlen und kam entsprechend dem Boulevardmarkt besonders zugute. Presseförderung und Corona-Sonderförderung gemeinsam betrachtet liegt die “Kronen Zeitung” mit 3,3 Mio. Euro an der Spitze der meistgeförderten Medien. Es folgen “Österreich”/oe24.at (2 Mio. Euro) und “Heute” (1,8 Mio. Euro).

Gratiszeitungen machen 20-40 Prozent der Umsätze mit Inseraten

Die Analyse des Medienhauses Wien kommt zu dem Schluss, dass die staatliche Medienförderung 2020 den international üblichen Zielvorstellungen einer Vielfaltsförderung, die sich an definierten Qualitätskriterien orientiert, widerspricht. Einzelne Marktteilnehmer würden mit “sehr willkürlichen Inseratenvergaben nach intransparenten Kriterien begünstigt”. Zusätzliche Brisanz gewinnt dieser Umstand dadurch, dass öffentliche Investitionen aus Inseraten und Förderungen in den Zeitungsmarkt immer größere Bedeutung gewinnen. Die Gratiszeitungs-Gruppen erzielten bereits zwischen 20 und 40 Prozent ihrer Umsätze mit Erlösen aus der öffentlichen Hand.

Kaltenbrunner merkte an, dass die von ihm und seinem Team geleistete Arbeit, “eigentlich die öffentliche Hand leisten müsste”. Bürgern sei es unzumutbar, sich durch die unübersichtliche Datenaufbereitung zu kämpfen. Zwar habe sich manches in letzter Zeit verbessert, es müsse aber noch weit mehr passieren, um Transparenz herzustellen.

NEOS fordern Neuaufstellung

Die NEOS forderten in einer Aussendung eine Neuaufstellung der Medienfinanzierung in Österreich. “Runter mit den irrwitzig vielen Inseraten, allen voran die der Bundesregierung, rauf mit der Presseförderung”, wurde NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter zitiert. Sie kündigte für nächste Woche im Nationalrat ein Antragspaket an, in dem “eine Deckelung der künftigen Ausgaben für PR, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit einerseits und eine Abschaffung der Löschpflicht der Transparenzdatenbank nach zwei Jahren andererseits” gefordert werde.

ZackZack erhielt trotz Platz 21 im Ranking der größten Medien Österreichs übrigens null Euro von der Bundesregierung.

(apa/bf)

Titelbild: APA Picturedesk

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9 Kommentare

  1. Ein Propagandaforschungsinstitut hat 2020 eine Übersicht der Medienlandschaft des gesamten deutschsprachigen Kulturraums erstellt.

    Forschungserkenntnis: Je NATO-konformer ein Medium, desto eher übernimmt es zu geopolitisch relevanten Themen und Ereignissen die transatlantische Darstellung oder Interpretation.

    Hier die Medienlandschaftskarte und die geopolitische Ausrichtung der einzelnen Redaktionen: https://swprs.org/wp-content/uploads/2020/02/medien-navigator-2020.pdf

    Die Zeit der Lügen ist vorbei und die Wahrheit bahnt sich ihren Weg unaufhaltsam durch das Labyrinth der Propaganda von allen Seiten.

    • Das mag schon sein, aber die Karte ist trotzdem irgendwie Schrott, genauso wie der Ganser von welchem ich diese Quelle vermute kontrovers ist.

  2. Phöse Zungen behaupten ,dies sei Corona- Schmiergeld .

    Und den Basti lieben………..

    Funktioniert ja auch beim Standard!!! Sogar bestens.

  3. Unter dem Deckmäntelchen der “Coronakrise” wurde die Krone ordentlich durch Steuergeld gesponsert. d.h. meine Sonntagskrone bekomme ich Zeit meines Lebens gratis und der Rest der ÖsterreicherInnen auch… die Karikatur von Bruno ist eh super und den Rest verwende ich für den Mülleimer.. Ironie off

  4. die krone hat also 8,4 mio euro bekommen.
    das dürfte in etwa dem garantierten gewinn der hälfteeigentümer familie dichand entsprechen.
    überspitzt ausgedrückt könnte man also sagen, dass mit steuergeldern das auskommen der dichands finanziert wird.
    das ist doch schön, dass sich der staat mit unserem geld sowas leistet – oder?

    und so ganz nebenbei ist dieses schundblattl auch das vom presserat meist verurteilte medium.

    das hat sicher nichts miteinander zu tun und ist sicher nur zufall.

    https://www.hagerhard.at/blog/2018/01/alternative-facts/

  5. 1 Österreich Leser ist der Bundesregierung 8,22 € wert
    1 Vorarlberger Nachrichten Leser 7,40 €
    1 Standard Leser ist 2,43 € wert
    1 Zackzack Leser ist 0 € wert.

    Jetzt wissen wir, was wir der Regierung wert sind. Nichts.

    • Nur ist Zack Zack mit Sicherheit eine der wichtigsten Medien die noch recherchieren und berichten…nicht diese Schmierenpartie der Schmierenblätter…

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