Minimale Gewährleistung für Kunden
Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS wurde die neue Novelle zur Gewährleistung durchgepeitscht. Wirkliche Verbesserungen gibt es für Konsumenten kaum. Damit kann die Waschmaschine auch in Zukunft absichtlich nach zwei Jahren kaputt gehen.
Wien, 02. Juli 2021 | Eine EU-Richtlinie hat eine Erneuerung der hiesigen Gewährleistungsregelung bis Anfang Juli notwendig gemacht. Die Regierung erfüllt nur das Minimum der neuen EU-Mindeststandards. Konsumentenrechte fallen gegenüber Wirtschaftsinteressen weitgehend unter den Tisch. Obwohl die EU sechs Jahre Gewährleistung ermöglicht, bleiben viele Mitgliedsländer bei der Mindestfrist von zwei Jahren.
Aufreger „Frühzeitige Obsoleszenz“
Für Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen ist seit jeher der geplante Verschleiß von elektronischen Geräten ein Stein des Anstoßes. Die sogenannte „Frühzeitige Obsoleszenz“ bedeutet, dass Unternehmen Maschinen, wie etwa Waschmaschinen oder Drucker so bauen, dass diese absichtlich nach einer gewissen Zeit kaputt gehen. Für große Unternehmen ein Gewinn, ist die künstliche Überalterung von technischen Geräten vor allem aus der Perspektive des Umwelt- und Verbraucherschutzes abzulehnen. Ordentlich produziert könne eine Waschmaschine etwa locker zwanzig Jahre einwandfrei funktionieren, Tonnen an Müll wären vermeidbar. Mit der neuen Novelle hätte die Regierung eine Gewährleistungspflicht von sechs Jahren einführen können. So lange hat ein Konsument etwa in Irland Recht auf Gewährleistung.
Reparieren und wiederverwenden
Besonders in den letzten Jahren sind Organisationen und Vereine entstanden, denen der künstliche Verschleiß von eigentlich funktionstüchtigen Geräten sauer aufstößt. Peter Bernscherer verschenkt mit seinem Verein „PCs für Alle“ Computer an Leute, die sich selbst keinen leisten können. Gegenüber ZackZack betont er den sozialen Aspekt der frühzeitigen Obsoleszenz: „Das von den Firmen ‘geplante kaputt werden’ von teuren Geräten trifft natürlich finanziell schlecht gestellte Familien besonders. Ausgehend davon, dass es in Österreich im Jahr 2019 1.5 Millionen Armutsbedrohte und -betroffene gab und es sicher mehr geworden sind, ist klar, dass eine Neuanschaffung im Bereich von 500 Euro aufwärts, insbesondere wenn mehrere Geräte gebraucht werden, nicht leistbar ist.“ Auch die Folgen für die Umwelt sind beachtlich.
„Vom Umweltschutzaspekt her ist das natürlich gleichfalls Irrsinn – wir vergeben derzeit um die 20 Computer pro Tag an 2 Standorten. Wenn man hier von 15 PC-Systemen, also PC, Monitor, Tastatur, Kabel etc. und 5 Laptops ausgeht, sind das mindestens 200 Kilo Elektro- und Metallteile, die sonst im Mist gelandet wären bzw. entsorgt hätten werden müssen. Wenn die Nutzungsdauer der Geräte länger wäre, würden diese Mengen nicht oder nur in weitaus geringerem Maß anfallen“, spricht sich Bernscherer für eine längere Gewährleistung aus.
Sepp Eisenriegler vom Reparatur- und Service-Zentrum (R.U.S.Z) repariert Geräte, die frühzeitig den Geist aufgeben. Er kann ein Lied von der frühzeitigen Obsoleszenz singen. So seien etwa bei Druckern Zähler eingebaut, die einen einwandfreien Druck mit der Zeit verhindern. ZackZack gegenüber schildert er: „Der Toner bei Druckern wird nur zu rund einem Drittel verbraucht, wenn der Zähler fortgeschritten ist. Setzt man den Zähler zurück, kann man ohne Probleme weiterdrucken.“
Auch bei Waschmaschinen gibt es große Probleme mit frühzeitiger Obsoleszenz: „In einem Test haben wir die neuen Modelle sämtlicher Hersteller überprüft. Die neuen Modelle sind durch die Bank kurzlebiger als ihre Vorgänger.“ Eisenriegler vermutet eine Absprache bei den Herstellern elektrischer Geräte: „Die Hersteller bauen die Geräte so, dass man für 100 Euro ungefähr ein Jahr Haltbarkeit bekommt. Erst ab 550 Euro halten die Maschinen deutlich länger.“
Von der kurzen Gewährleistung hält der Reparaturexperte naturgemäß nichts. Seiner Meinung nach wäre eine verpflichtende Garantieangabe wichtig für die Konsumenten. „77 Prozent der Österreicher wollen langlebige und reparaturfreundliche Geräte, bekommen aber die dafür notwendigen Informationen nicht.“ Müssten die Hersteller eine verpflichtende Garantie abgeben, hätten Konsumenten die Möglichkeit, nachhaltig einzukaufen.
Von einer solchen Maßnahme ist die Regierung derzeit weit entfernt.
(dp)
Link zum Reparatur- und Service-Zentrum: https://rusz.at/
Titelbild: APA Picturedesk