Donnerstag, März 28, 2024

Not a Bot – 4500 Kunhar pro Minute

Not a Bot

Jeden Samstag kommentiert Schriftsteller Daniel Wisser an dieser Stelle das politische Geschehen. Dabei kann es durchaus menscheln – it’s a feature, not a bug!

von Daniel Wisser

Wien, 10. Juli 2021 | Sprachgeneratoren und Worterfinder sind heute ebenso häufig anzutreffen wie Abschreiber und Kopisten. Ihr Plagiieren bemerkt man solange nicht, solange es sich um gute Plagiate handelt. Weh tut es allerdings dann, wenn der Leser das Original erkennt, der Schreibende aber offensichtlich unbewusst gehandelt hat.

Das fällt mir in den vergangenen Jahren bedauerlich häufig im Journalismus auf, und — was noch bedauerlicher ist — auch bei guten Journalisten und in guten Medien. Was ich damit meine ist vor allem das kritiklose Übernehmen von Begriffen, die Politiker in manipulativer Absicht prägen oder verwenden.

»Hickhack« und »Wirbel um …«

Was hinter der inflationären Verwendung dieser Begriffe steht, ist vielleicht von Vielen, die sie unbedacht hinschreiben, gar nicht intendiert: demokratiefeindliche Gesinnung. Der Begriff Hickhack will uns sagen, dass es eine Debatte gibt, wie sie eben zur parlamentarischen Demokratie gehört. Die rechten Message-Controller wollen aber die Debatte nicht und setzen daher den Begriff Hickhack derogativ für eine Säule des demokratischen Diskurses ein.

Nicht besser ist das verniedlichende Wirbel um, mit dem jedes Mal ein Vergehen kleiner gemacht werden soll, ja sogar in Zweifel gezogen wird. Gab es einen VfGH-Entscheid, dass Minister Blümel dem Ibiza-Untersuchungsausschuss E-Mails zuzustellen habe und musste der Gerichtshof bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Exekution seiner Entscheidung beantragen? (Ja, das sind die Tatsachen.) Die Message-Control antwortet, es gäbe einen »Wirbel um Aktenlieferungen« (das ist die verzerrte und zum Teil falsche Darstellung) — und viele Journalisten bringen mit Copy and Paste diesen Satz in ihren Artikeln oder sogar als Schlagzeile. Auf diese Weise würden solche Medien heute über die Novemberpogrome von 1938 unter dem Titel Hickhack um Gehsteigreinigung in Wien berichten.

Maßeinheit Kunhar

Die Durchdringung journalistischer Texte mit Begriffen der Message Control sollte auch gemessen werden können. Ich schlage also eine neue Maßeinheit vor: das Kunhar. Für jedes Hickhack, für jedes Wirbel-um, für jedes Anpatzen, für jedes War-nicht-für-die-Öffentlichkeit-bestimmt, für jede Privatmeinung, für jedes War-damals-noch-nicht-auf-der-Welt und für jeden Kurz-Kreisky-Vergleich gibt es ein Kunhar. Am Ende kann die Frequenz des Einsickerns der Message Control in einen Artikel quantifiziert werden.

Dazu kommt das klassische Bewerten mit zweierlei Maß. Es fand unlängst seinen Ausdruck, als ein durchaus kritischer Journalist in einem Tweet vom Land Niederösterreich und vom Roten Wien sprach. Nun, sowohl in Niederösterreich als auch in Wien gab es Landtagswahlen. In beiden Bundesländern gibt es eine Landesregierung. Man könnte also auch sagen: das schwarze Niederösterreich und das rot-pinke Wien. Egal, der Journalist hat nach etlichen Kommentaren seinen Tweet gelöscht. Macht minus 2 Kunhar. Ich schätze, dass Twitter zurzeit auf 4.500 Kunhar pro Minute kommt. Man kann sich also ausrechnen, was auf Facebook, Tiktok und anderen Plattformen los ist, deren Namen ich gar nicht kenne.

»Anpatzen«

Wie die Privatmeinung sich nicht im Duden oder einem anderen Wörterbuch findet, so ist auch Anpatzen inexistenz; es handelt sich um die Wortschöpfung eines österreichischen Politikers und kommt ausschließlich in österreichischen Zeitungen nach 2017 vor.

Ich könnte diese Liste lange fortsetzen. Es wird uns wohl nichts übrig bleiben, als ein Wörterbuch der Message Control mitsamt den gemessenen Kunhar pro Lemma anzulegen. Und es wird ja weitaus schwieriger werden, den Kurz-Jubel und vorauseilenden Kurz-Gehorsam zu quantifizieren. Wie viele Kunhar man dafür bekommt, wenn man schon künftige Wahlergebnisse vorwegnimmt und die Geschichte Österreichs nicht rückblickend, sondern vorausblickend schreibt? Man nehme folgenden Tweet:

Ich schätze diesen Tweet auf 120 Kunhar.

Du kannst mein Freund sein

Wir sehen, dass es mit einem Wörterbuch nicht getan ist. Mir machen noch viel schwieriger zu quantifizierende Sprechweisen Kopfzerbrechen. Unlängst unterhielt ich mich lange mit einer Oppositionspolitikerin. Sie erzählte mir von einem Gespräch, das sie mit Bundeskanzler Kurz geführt habe. Irritiert stellte ich fest, dass beide per Du miteinander waren. Ich redete sie darauf an und sie antwortete: »Egal, wo er hinkommt, er sagt immer: Ich bin der Sebastian.«

Nun gut, man muss ein aufgedrängtes Du-Wort aber nicht annehmen. Ich habe selbst einmal nicht mehr als fünf, sechs Sätze mit Sebastian Kurz gewechselt. Das war auf der Auslandskulturtagung und Kurz war damals noch Außenminister. Dennoch hat er mich konsequent mit Du angesprochen.

Auf Du und Du

Ich erinnerte mich zum Glück rechtzeitig an die erste TV-Konfrontation, die es in Österreich je gab, nämlich die zwischen dem damaligen Bundeskanzler Josef Klaus und SPÖ-Vorsitzenden Bruno Kreisky. Kreisky spricht Klaus mit Herr Bundeskanzler an, worauf dieser vorschlägt, man solle einander Dr. Kreisky und Dr. Klaus nennen. Kreisky sagt darauf: »Bitte, wenn’s dann leichter geht« — und spricht Klaus in weiterer Folge immer als Herr Bundeskanzler an. Ebenso habe ich Sebstaian Kurz konsequent weiter mit Herr Minister und per Sie angesprochen.

Ich glaube, das ist genau die richtige Methode, zu reagieren. Bei einem Du-Wort, das  nicht einmal gegenseitig vereinbart wurde, ist das umso mehr der Fall. Und heutige Journalisten, die mit dem Bundeskanzler per Du sind, müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass das kein gutes Licht auf ihre Arbeit wirft. Ich vergebe 100 Kunhar pro begonnenen Artikel eines Journalisten, der öffentlich zugibt, mit Kurz per Du zu sein.

Verhabert

Das Du-Wort und die Freundschaft, die Kurz offensichtlich allen anbietet, kennen wir. Sie beinhaltet ein Kritikverbot und selbstverständliche Subordination. Beides hat selbstverständlich mit Freundschaft nichts zu tun. Es ist das Sich-Verhabern mit einem Mächtigen — ein Verhältnis also, in dem niemals Gleichheit herrschen wird und kann.

Der österreichische Journalismus ist weitgehend mit Kurz und seiner Partei verhabert: weil man dafür Geld bekommt, weil man sich Vorteile erwartet oder einfach aus vorauseilendem Gehorsam. Vielleicht gibt es noch mehr Gründe. Allerdings ist auch klar: Journalismus, der sich mit den Mächtigen verhabert, ist uninteressant. Heute ist es gar nicht mehr einfach, sich sprachlich von allem abzugrenzen, was uns die Kurz-ÖVP auftischt. Ich plädiere dafür, wachsam zu sein. Ich plädiere dafür, nicht mit zweierlei Maß zu messen. Ich plädiere dafür, alles, was wir lesen, in Kunhar zu messen.

Titelbild: APA Picturedesk

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58 Kommentare

  1. Für mich ist ein kunhar einmal am Kopf greifen während der Lektüre, bei manchen Artikel tats schon ziemlich weh.

  2. Ich würde das Du-Wort des Kanzlers sofort auf- und annehmen.

    Ich mache dann halt ein “Du Wappler” daraus……oder ein “Bastibub” oder ein “geh, Kinderl”…….gibt so viele Möglichkeiten die Kontrolle der Message selbst zu übernehmen….;))

  3. Super Artikel. Es ist wichtig, diese Techniken immer wieder aufzuzeigen und bewußt zu machen. Wider die schleichende Erosion der Gesprächskultur!

    • Da kann ich Not_amused nur voll beipflichten!! Danke an Zack Zack für die mahnenden Beiträge!!

  4. Und wie ist es mit seinen gestelzten ferngesteuerten armbewegungen? Ich würde dafür schablonen bezeichnungen kreieren.
    Mir selber gefallen ja mehrere, eine zb wie neben den ägyptischen hierglyphen abgebildete in stein gehauene (ergo erstarrte) figuren, wo vor dem körper beide arme schräg versetzt vornüber waagrecht gehalten werden.
    Passende bezeichnung: der pharao als fremdenführer.
    Es gibt etliche einschlägige figuren von ihm.
    Basti könnte sich auch türkis anmalen lassen und auf einem kleinen podestl seine diversen figuren erstarrt darstellen.
    Vielleicht gibts spenden ins schachterl.

  5. Die Sprache hat längst verloren, ob man diesen Verlust nun mit Kunhar oder einer anderen Währung misst. Durch das ständige gedankenlose Abschreiben und Plagiieren hat sich der Journalismus doch selbst ans Messer geliefert. Modebegriffe und -wörter werden überreich weiterverwendet, ohne sie auf ihre Bedeutung oder mögliche Bedeutungslosigkeit zu überprüfen.
    Man könnte den Kunhar-Score noch erweitern durch die “nach oben offene Kunhar-Skala”.

    • Eine neuerscheinung, seit basti am werk ist, und viele, dies nachahmen ist “es braucht”.
      Alter stil: “ich brauche”, “wir brauchen”, “man braucht”.
      Neuer stil “es braucht”. Und die deppen machens nach.
      Es gibt mehrere solche kreationen.
      Passend dazu: buch “lingua tertii imperii”. Sehr empfehlenswert.
      Bastis message controller wollen offenbar eine bastisprache kreieren.

      • Das wenden Sie doch bitte mal auf sich selbst an, Bastelfän.
        Auf Ihre eigenen Marotten.

        Und liefern Sie doch einmal eine Sprachkritik in der Nachfolge von Klemperers “lingua tertii imperiii”! Versuchen Sie es mal!
        Ein Problem dabei ist natürlich, dass Sie mehr als ein paar Sätze dazu BRAUCHEN werden.
        “brauchen” – ähem – ok, ein Wort, ohne das wir jetzt auskommen müssen, denn Bastelfän hält es für totalitär verdorben.

        Das ist ein neuer Stil, zu sagen, man BRAUCHE etwas, etwa eine Stunde Zeit, einen Schluck Wasser, 20 Euro, eine gute Idee als Antwort auf Leo Brux …
        Früher hat man das anders ausgedrückt. “muss haben”, “etwas bedürfen”, “benötigen” zB. Und jetzt plötzlich kommt der Kurz mit der neuen Mode und sagt doch glatt ständig “brauchen”. Na, so eine sprachliche Innovation, es ist schon widerlich, Bastelfän.

      • Danke für den Verweis auf die LTI. Das Buch ist wirklich so eine Art Bibel, wenn es um das Verständnis von Sprache und Macht geht. In der DDR ging es dann gleich weiter mit der Sprachvergewaltigung, aber wenigstens teilweise so unfreiwillig komisch, dass ein befreiendes Lachen möglich war. Ich mag in dem Zusammenhang auch den Wiener Schmäh mit dem Gauleiter Bürkel, der so ein übler Säufer war und “Bierleiter Gaukel” genannt wurde, oder auch Goebbels, der “Schrumpfgermane”. So ein Humor wäre heute auch nötig.

    • “Die Sprache hat längst verloren” —
      zB hier im Forum, mit Ihrem Posting als Beispiel, EMH.

      Einfach mal pauschale Behauptungen aufzustellen, ohne Belege, ohne Vergleich zu früher, ohne einen Überblick zu bieten …
      So geht das heute.

      Was macht Emergency? Er wiederholt gedankenlos die Behauptung vom gedankenlosen Abschreiben, er plagiiert – auch so ein Modebegriff heute – und merkt es nicht.

      Überprüft er etwa Modebegriffe auf ihre Bedeutung oder mögliche Bedeutungslosigkeit? Wo? Wie?

      Was wir hier beispielhaft haben, ist blinde gedankenlose Mode-Kritik-Mode. Einfach mal losschimpfen, einfach mal drauflos-behaupten. Das brav gedankenlose Publikum nickt mit dem Kopf – und man fühlt sich bestätigt und kann so blind gedankenlos weiter machen. Und füüühlt sich als Kritiker!

  6. “Es ist das Sich-Verhabern mit einem Mächtigen — ein Verhältnis also, in dem niemals Gleichheit herrschen wird und kann.”

    Danke, Herr Wisser.
    Dieser Satz sei zahlreichen JournalistInnen, “In”-Szene-WirtInnen, allen sogenannten Promis, BeamtInnen(!), OppositionspolitikerInnen und einigen KünstlerInnen hinter die Ohren geschrieben.
    Besonders den Blauäugigen unter ihnen.

    • sich verhabern: sich verbrüdern, verbünden; sich gegenseitig begünstigen

      Das machen doch auch die Foristen gern, untereinander?
      Fehlt nicht auch da die kritische Distanz?

      Um mich selber zu zitieren:
      “Das Publikum will es so. Es FÜHLT sich dadurch den Mächtigen näher. Es wird mitgenommen in die Welt der Mächtigen, darf ein bisschen teilnehmen. – Damit widerspreche ich Wissers Satz: “Allerdings ist auch klar: Journalismus, der sich mit den Mächtigen verhabert, ist uninteressant.” Das Publikum will nicht DENKEN, sondern FÜHLEN. Will DISTANZ nur zu den Feinden, aber kuschelige NÄHE zu den Freunden.”

      Warum ziehen die Österreicher die Krone als Medium so außerordentlich vor?
      Weil sie am besten menschelt.

      Was reizt viele Foristen am ZackZack-Forum? – Dass es sich hier gut menschelnd schmähen lässt. (Kritik an der Regierung wär was anderes. Mühsames. Etwas, das man mit dem Kopf machen müsste, voller Zweifel und Selbstzweifel. Ja, mühsam eben. Langweilig.)

      • Was haben sie mit ihrer kritik an der deutschen regierung bis jetzt erreicht?
        Ah ja, sie haben vor 5 jahren merkel gestürzt. Oder doch nicht, sie naseweiser oberlehrer.

        • Ich hab immer Grün gewählt – und die Grünen waren seit Merkels Antritt in der Opposition.
          Vielleicht ändert sich das jetzt in der Nach-Merkel-Zeit.

          Als einzelner kann man sich in der Politik immer herausrechnen. 1 von Millionen – das ist nicht viel, das geht gegen Null. Insofern bin ich bescheiden.
          Ich hab – wie alle anderen auch – in der nationalen Politik noch nie etwas erreicht. Als einzelner.
          Aber dass Deutschland liberaler geworden ist, dass es multikulturell geworden ist, dass das Land relativ zivil und stabil ist und bleibt, dazu hab ich beigetragen. Als einer von Millionen. (Als einer, ohne den sich alles genau so entwickelt hätte wie mit ihm.)

          Das sagt Ihnen Ihr
          “naseweiser Oberlehrer”
          Leo Brux

          (Die Lektion kostet nix.)

        • Lass Dich do ned provozieren. Keiner antwortet ihm, daß passt ihm gar ned.
          Jetzt sucht er armselig irgendeine Konfrontation……

    • Man fragt sich ja, welche kreaturen in ö mächtig werden können.
      Was sagt das über uns aus?

  7. @Daniel Wisser – Kunhar, eine ziemlich spannende neue SI Einheit, die Datenbasis scheint auch schon sehr gut zu sein.
    Frage: Gibt es schon Umrechnungstabellen zu anderen relevanten SI-Einheiten?
    z.B. zur BIMAZ Konstante, oder dem BFMAZ Theorem, auch das (Ohr) Löffelaparatox könnte erweiterte Erkenntnisse liefern… Eine Referenz zum HeißluftEmissionVolumen von (K)PK wäre auch spannend.
    Als Einheiten Kürzel könnte ich mir ein QuH vorstellen….

    • Das HEV wäre zumindest für die Fernwärme-Versorgung relevant.

      Ich kann Ihren Vorschlägen viel abgewinnen. Da eröffnen sich ganz neue Welten und Wirtschaftszweige. Denn irgendwer muss diese ganzen Werte ja eruieren, evaluieren und exekutieren.

      Man muss nur aufpassen, dass es nicht Verwirrung stiftet, und man zB KF (Korruptions-Faktor) nicht mit dem Komando-Fahrzeug der Feuerwehr verwechselt.

      • Ihre Ideen dazu, erweitern die Möglichkeiten nochmal enorm….!
        Das mit den “Kürzel” birgt natürlich auch Stolpersteine, SI-Einheiten müssen exakt und unverwechselbar sein…. Heisst das bei der Feuerwehr nicht KDO, KLF?

  8. “Der österreichische Journalismus ist weitgehend mit Kurz und seiner Partei verhabert: weil man dafür Geld bekommt, weil man sich Vorteile erwartet oder einfach aus vorauseilendem Gehorsam. Vielleicht gibt es noch mehr Gründe.”

    Zwei:

    Hauptgrund: das Profit- und Einfluss-Interesse der Eigentümer an ihrem journalistischem Unternehmen. Wer zahlt, schafft an. Der Journalist wird angeheuert, um es dem Eigentümer recht zu machen. Er hat nicht viel Freiheit, seinen eigenen Weg zu gehen. Wie groß ist der Spielraum? Das bestimmt letztlich der Eigentümer.

    2. Grund: Das Publikum will es so. Es FÜHLT sich dadurch den Mächtigen näher. Es wird mitgenommen in die Welt der Mächtigen, darf ein bisschen teilnehmen. – Damit widerspreche ich Wissers Satz: “Allerdings ist auch klar: Journalismus, der sich mit den Mächtigen verhabert, ist uninteressant.” Das Publikum will nicht DENKEN, sondern FÜHLEN. Will DISTANZ nur zu den Feinden, aber kuschelige NÄHE zu den Freunden.

  9. Zum Thema Kreisky, seit wann ist es in Österreich und anderen neutralen europäischen Staaten in unterschiedlicher Ausprägung so, dass die Berichterstattung stark USA lastig ist? Österreich war während des Kalten Krieges geographisch im Westen, hatte allerdings als einziges sogenanntes westliche Land eine offene Grenze zum sogenannten Osten, somit neutral.

    Eines der wichtigsten UNO Gesetze ist das Recht jeder Bevölkerung auf demokratische Selbstbestimmung. Warum hat die Ukraine einen alleinigen Rechtsanspruch auf die Krim, Italien auf Südtirol, Albanien auf den Kosovo, England auf Nordirland, Israel auf Palästina, Spanien auf Katalonien, Frankreich auf das Baskenland, usw. während die jeweils andere Seite in den Medien unserer Breitengrade wening zu Wort kommt?

    Von Kreiskys politischer Linie mag man halten was man möchte, menschlich und sprachlich war er eine Bastion des argumentativen Dialogs über politische Ideologien und religiöse Ansichten hinweg.

    • ” Österreich war während des Kalten Krieges geographisch im Westen, hatte allerdings als einziges sogenanntes westliche Land eine offene Grenze zum sogenannten Osten, somit neutral.”

      Wirklich? Man konnte also schon vor 1989 als DDR-Bürger über die Tschechoslowakei und Ungarn frei nach Österreich kommen?

      Rechtsansprüche?
      Was bedeuten alle diese Fälle im Zusammenhang mit dem Artikel?
      USA-lastig ist die Berichterstattung durch die Bedeutung der USA. Sie ist seit langem nicht mehr positiv. Vergleichen Sie mit früher! Heute ist auch der Mainstream ziemlich USA-kritisch. Aus gutem Grund. Was Sie vermutlich stört, ist, dass er auch Russland- bzw. Putin-kritisch ist.

      • Ostdeutschland und Jugoslawien waren unterschiedliche Länder. Westdeutschland und Österreich ebenfalls. Der Unterschied ist, dass Ostdeutschland direkt von Moskau abhängig war während Westdeutschland ein Satellitenstaat Washingtons war. Jugoslawien gründete im Gegensatz dazu das Bündnis der blockfreien Staaten und war unabhängig von Moskau. Österreich war während Kreiskys Zeiten ebenfalls außenpolitisch neutraler als heute und wir sind weiterhin nicht in der NATO, wie auch der jugoslawische Nachfolgestaat Serbien. Das Problem der DDR Bürger stand im Zusammenhang mit der Beziehung zwischen Washington und Moskau, nicht mit der zwischen Belgrad und Wien.

        Diese Fälle beeinflussen die Berichterstattung in diversen Medien, achten Sie einmal bewusst auf die Wortwahl bei Artikeln zu oppositionellen Strömungen in all diesen Ländern und vergleichen Sie die Ähnlichkeiten. Kreisky stand für mehr als Parteipolitik, sein Nachwirken ist bis heute erkennbar, deswegen kommt er auch heutzutage in Gesprächen vor und dieser Artikel nimmt Bezug auf ihn.

        Diese Bedeutung der USA und Russland wird allen neutralen Ländern aufgezwängt ohne dass sie darum gefragt haben.

        • Es war schon ziemlich vorteilhafter, von den USA abhängig zu sein als von Russland, finden Sie nicht?
          Also, ich hab unser westdeutsches Satelliten-Dasein wirklich vorgezogen und meine DDR-Nachbarn bedauert.
          Es war dann ja auch so, dass die Kommunisten eine Mauer bauen mussten, eine Todesgrenze einrichten mussten, dass ihnen die Leute nicht alle davongelaufen sind.

          Auch die Tschechen und Slowaken und Ungarn konnten nicht einfach über die Grenze nach Österreich. Auch die saßen sozusagen im kommunistischen Gefängnis.

          Mächte machen ihre Macht den nichtso-Mächtigen bemerkbar. Drum: EU!!

          • Im Idealfall ist man von niemandem abhängig, deswegen nach straf- und demokratierechtlich niedergeschriebene Gesetz zur Selbstbestimmung der Völker.

            Vermutlich war und ist das Leben in Westdeutschland schön, das möchte ich niemandem zu keinem Zeitpunkt absprechen. Es geht hier darum, dass es nicht “den Kommunismus” oder “die Demokratie” gibt.

            Stalin wollte Tito mehrmals ermorden lassen, weil dieser sich weigerte Teil des sozialistischen Blocks zu werden und stattdessen eine Friedenplattform für den internationalen Dialog gründete.

            Österreich ist nicht dafür verantwortlich, dass Länder wie Ungarn, die DDR oder die Tschechoslowakei im Ostblock waren und auch nicht dass Länder wie Italien, Deutschland oder Frankreich in der NATO sind.

            Deutsch ist eine Sprache während Deutschland eine Nation ist. Deutsch wurde und wird in vielen Ländern gesprochen. Ihr Zentrum ist nicht Berlin, sondern es handelt sich um eine plurizentrische Kultur.

            So viele positive Aspekte es an der Grundidee einer europäischen Union gibt, so sollte sie auch den Mund aufmachen über die täglichen Lebensumstände in Nordirland oder Katalonien, wo die Demokratie mit Füßen getreten wird.

          • Menschen sind soziale Tiere und deshalb IMMER abhängig von anderen Menschen. Gruppen sind miteinander vernetzt, ob sie es wollen oder nicht – und insofern auch immer abhängig von einander.

            Auch ich bin von vielen Menschen und vielen Institutionen abhängig. Und hab damit kein Problem.

    • Seit klestil in usa botschafter war. Via kurier hat er über alles und jedes seinen senf draufgegeben. Man hatte den eindruck, er wäre das usa sprachrohr für ö.
      Btw, die s-tiroler wollen gar nicht nach ö zurück, dafür haben sie zu viele sonderrechte in it. Die sind ganz zufrieden damit.

  10. ÖSTERREICH IST VERLOREN
    Egal ob das angekündigte Kanzler Baby auf künstlichem oder kurzem Wege entstanden ist, jetzt hat der Boulevard seine Story, mit deren Hilfe die Leserschaft bis zur nächsten Wahl eingelullt werden wird. Damit ist nicht nur die Mehrheit unseres Kanzlers für die nächste Wahl gesichert, sondern auch die Thronfolge. Die Hochzeit zum strategisch und politisch besten Zeitpunkt wird den Unterbelichteten dann auch noch eine zusätzliche Möglichkeit der Huldigung bieten!

    • Menscheln – genau daran sind doch auch die Foristen fast ausschließlich interessiert!
      Es gibt das kuschelige Menscheln der Freunde – und das gifte Menscheln der Schmäher gegen die Feinde. Von dieser Kombination lebt das Forum.

      Kurz versteht Österreich, weiß, wie er die Österreicher zu nehmen hat.
      Geschobelt spielt mit!

      Diejenigen, die einen kritischen Diskurs führen möchten, haben im Forum keine Chance – weil die Foristen dem österreichischen Publikum, das Kurz mag, zu nah, zu ähnlich sind.

      Politik nur mit dem Gefüüüühl, nicht mit dem Kopf. Es fehlt die KRITISCHE DISTANZ.
      (Die ist bei Schmähungen, bei Wutausbrüchen, bei Dreckschleuderei, bei Hetzreden, bei Verachtungsorgien, bei möchte-gern-magischen Weg-wünsch-Postings nicht gegeben.)

  11. https://www.nachdenkseiten.de/?p=74131
    Albrecht Müller:
    (…)Sie konnten am Anfang der Woche beispielsweise im Deutschlandfunk hören, die EU-Spitze habe den Autokraten Orban ermahnt, in Ungarn die Pressefreiheit zu garantieren, so wie das in den anderen Ländern der EU auch geschehe. Die Tagesschau vom 7. Juli beklagte, Orban habe immer wieder die Freiheit der Presse beschnitten und teile nicht die guten Werte der sonstigen EU.

    Ich will mit diesem Hinweis nicht die undemokratischen Besonderheiten des ungarischen Ministerpräsidenten rechtfertigen. Ich will aber darauf hinweisen, dass die harschen Urteile über Orban wie auch jene über den Autokraten/Machthaber Putin und andere Feindbilder auch genau jene Funktion haben, die demokratische und humane Qualität der sonstigen EU-Repräsentanten bis hin zu Ursula von der Leyen in glänzendem Licht erscheinen zu lassen.(…)

    • Fortsetzung:
      Mit dieser Manipulationsmethode wird überspielt und zugekleistert, in welch jämmerlichem Zustand die Demokratie und Meinungsfreiheit in Deutschland und anderen westlichen „Musterstaaten“ ist.

      • Ähnlich dem Korruptionsranking, wo dann betont wird, sich im Mittelfeld wiederzufinden und es Staaten gibt, wo es noch viiel schlimmer wäre!

        • Mittelmäßigkeit ist doch ok? Oder nicht?
          Haben wir uns nicht schon so gut daran gewöhnt?

          • Darf ich Ihnen Trinkgeld geben!

            Anderswo steigt man in der Ehre, wenn man den Preis runterhandelt. Bei uns legt man, devot und systemimmanent, noch etwas drauf.

          • Hätten Sie uns ein anderes System anzubieten, Geschobelt?

            Apropos devot: Sie haben es doch auch gern devot – wenn Sie in den Genuss der Devotion kämen?

        • Im Korruptionsranking nur im Mittelfeld zu sein, ist schon ziemlich beschämend für Österreich.
          Aber dass es viel schlimmer sein könnte, stimmt.
          Auch, dass es bald viel schlimmer werden könnte – wenn endlich Türkis und BlauBraun wieder zusammenfinden, die Gewaltenteilung aufheben, die Justiz an die kurze Leine nehmen und zum Regierungs- und Kampforgan gegen alle lästige Opposition machen, den ORF zum Regierungssender machen …

          Das wär aber für Sie, Geschobelt, gar kein Problem, denn es ist ja jetzt schon die Hölle.

          Etwas politisch Konstruktives haben Sie nicht im Sinn. Warum? Weil es Ihnen nur ums Gefüüühl geht. Und dem gefällt es, wenn es wüten kann. Haut man auf die Bösen ein, fühlt man sich GUUUT.

      • Sie haben völlig Recht.

        Aber die meisten Leute (auch hier im
        Forum) schlucken das.

        Deutschland (Österreich) und die EU sind in einem solch miserablen Zustand wie schon lange nicht mehr. Es müsste sich grundlegend etwas verändern.

        • Was denn?
          Mit wem denn?
          Mit Kickl?

          Politische Ratschläge von politik-unfähigen Personen haben schon manchmal was Witziges”. Nämlich extrem Utopisches.
          Aber in der Regel bleiben sie V A G E.

          Alle Länder der Welt waren (fast) immer in einem miserablen Zustand. Studieren Sie mal Geschichte, Tomorrow! Ein nicht miserabler Zustand ist eine phänomenale Ausnahme.

          Da ich selber kein Idealist und Utopist und nicht politisch größenwahnsinnig bin, erlebe ich den miserablen Zustand als – NORMAL. In Österreich und Deutschland als recht erträglich. Die Zustände bei uns waren schon mal weitaus miserabler und sind fast überall auf der Welt miserabler als bei uns.

      • Ich glaube nicht, dass die Foristen hier für Demokratie und Meinungsfreiheit stehen. Viele haben schon deutlich gemacht, dass ich zensiert bzw. eliminiert werden sollte.

        Es wurde immer wieder erklärt: Kritik nach innen ist zu vermeiden! Und irgend etwas Positives über den Feind da draußen (Kurz, Türkis, die Grünen) zu schreiben, ist unerhört.

        Politik nur noch als Gefüüühl. So funktioniert keine demokratische Öffentlichkeit.

    • Wobei die Ausklammerung Österreichs in diesem Zusammenhang wiederum einen schwarz türkisen Schatten auf VdL wirft.

      • Stehen Ungarn und Österreich als Problemfälle für Sie schon auf der gleichen Ebene?

    • Die moralische Qualität nicht zu vergessen, nicht einmal die Verfehlungen VdL‘s als Verteidigungsministerin konnten Merkel davon abhalten, sie in ihre jetzige Funktion zu hieven.
      Sie war als Verteidigungsministerin genauso rücktrittsreif wie Blüml oder Nehammer. Aus den fehlenden Konsequenzen nach Verfehlungen oder strafrechtlich relevanten Vergehen, von Politikern resultiert die allgemeine Politikverdrossenheit.
      Fakt ist, daß es auch in der Justiz eine Zweiklassengesellschaft gibt. Die Justiz ist daher nicht mehr in der Lage, gegen diese korrupte politische Kaste vorzugehen.

      • Politikverdrossenheit: Christine Lagarde ist seit 2019 Präsidentin der EZB. Vorher leitete sie den IWF. Als französische Wirtschaftsministerin wurde sie durch das Gericht des fahrlässigen Umgangs mit öffentlichen Geldern schuldig gesprochen. Eine Strafe verhängte das Gericht allerdings nicht und zwar wegen ihrer Persönlichkeitsstruktur (an dieses Wort, an diese Erklärung kann ich mich noch gut erinnern). Das sind unsere demokratischen Werte, die wir Guten von anderen Bösen einfordern.

      • “Aus den fehlenden Konsequenzen nach Verfehlungen oder strafrechtlich relevanten Vergehen, von Politikern resultiert die allgemeine Politikverdrossenheit.”

        Irrtum. Solche Sachen sind für das Publikum viel zu kompliziert.
        Im übrigen – Fehler machen ist menschlich. Warum sollten die Politiker göttliche Wesen sein?
        Von der Leyen hat es im Verteidigungsministerium nicht geschafft, die VOR ihr aufgehäuften Problem in den Griff zu bekommen. Also hat Merkel sie von diesem Amt abgezogen (vernünftigerweise) und ihr zu einem anderen hohen Amt verholfen.

        Dass von der Leyen korrupt gewesen wäre, ist Ihre Erfindung, Geschobelt.

        Und inwiefern wären die Politiker eine “Kaste”? Wissen Sie, was eine “Kaste” ist? In eine “Kaste” wird man hineingeboren. Und gehört ihr an, egal, was man leistet oder nicht leistet.

    • Wenn ich zwischen Putin und von der Leyen zu wählen hätte, würde ich von der Leyen entschieden vorziehen. Sie arbeitet nicht mit Nowitschok und achtet einigermaßen den Rechtsstaat. Sie ist demokratisch eingebunden. Sie ist nicht so kultur-reaktionär wie Putin. Etc.

      Im übrigen lege ich auf das FEINDBILD Orban wert. Man sollte schon wissen, wer der Feind ist. Grade in Österreich, das mit einer ÖVP-FPÖ-Koalition (einer Kurz-Kickl-Koalition = KKK) wohl in Richtung Ungarn marschieren wird.

      Möglicherweise wird Albrecht Müller dann auch den Unterschied etwas besser herausfühlen – die humane Qualität. Es ist halt eine Vergleichs-Sache. Nichts Absolutes.

    • Wenn die vdl etwas wirklich verdient, dann das mutterkreuz.
      Beim rest wendet sich der gast mit grausen.

      • Was versteht man unter Presse?
        Jahrhunderts begann der Begriff allmählich, die Bedeutung „Gesamtheit der gedruckten Zeitungen und Zeitschriften“ anzunehmen. … Heute steht die Presse auch für die Gesamtheit aller Zeitungen und Zeitschriften in jeglicher Form sowie für das damit zusammenhängende Nachrichten- und Meinungswesen.
        Unter österreichischer Presse finden sich also auch die Schmierblätter, Krone, Kurier, Oje24, Die Presse, …

    • Danke, dass sie sich die mühe machen.
      Muss alles öffentlich gemacht werden.
      Ich befürworte plakataktion in vorwahlzeiten.
      Würde auch crowdfunding unterstützen.

  12. Guter Journalismus sollte in Scoville gemessen werden!
    Während die hörigen Medien in ihrer Schärfe nicht einmal mehr mit einem Pfefferoni mithalten können, haben Sie und ZackZack schon beeindruckende Chilli Werte erreicht!
    Möge das Capsaicin den speichelleckenden Medien den Geschmack verderben!

  13. Ein sehr gutes Beispiel für die manipulative Wortwahl zeigte ein Artikel im Postillon 2016
    Der Postillon: Regime-/Regierungstruppen zerbomben/besiegen Opposition/Terroristen in Aleppo/Mossul 30.11.16 10:19

    Aleppo/Mossul (dpo) – Assads Schergen/irakische Soldaten haben bei der Rückeroberung der Stadt Aleppo/Mossul einen brutalen/bedeutenden Sieg erkämpft. Dabei gelang es den Regime-/Regierungstruppen, das Gebiet der Rebellen/Terrormiliz in zwei Teile zu zerschlagen. Ein Sieg von Machthaber Assad und Putin/der irakischen Regierung und ihrer Verbündeten scheint damit unaufhaltbar/greifbar nahe.
    In einem Propaganda-/offenbar authentischen Video ist zu sehen, wie die Bewohner der zerstörten/befreiten Gebiete das Ende der Gewalt feiern. Zuvor hielten sich zehntausende Zivilisten freiwillig in den umkämpften Gebieten auf/wurden als menschliche Schutzschilde missbraucht.

    • Fortsetzung:
      Mit dem Sieg der Regime-/Regierungstruppen steht die Befürchtung/Hoffnung im Raum, dass die syrischen Oppositionellen in Aleppo/die IS-Extremisten in Mossul nicht mehr lange durchhalten werden – ein weiterer schwarzer/glorreicher Tag für Syrien/den Irak.
      Bei der Offensive kam es zu zahlreichen Kriegsverbrechen/Kollateralschäden. Rund 200 Zivilisten verloren ihr Leben.

      Frage an Daniel Wisser: Haben Sie Herrn Kurz mitgeteilt, dass Sie das Du-Wort von ihm nicht wünschen? Oder wäre das uncool gewesen?

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