Montag, Dezember 9, 2024

Spaniens erster Lockdown war verfassungswidrig

Monatelang waren die Spanier – auch mit ihren Kindern – im Frühjahr 2020 zuhause eingesperrt. Dafür fehlte die gesetzliche Grundlage, wie jetzt das Verfassungsgericht urteilt. Das soll Folgen haben.

Madrid, 15. Juli 2021 | Mit den drastischen Einschränkungen der Freiheitsrechte hat die spanische Regierung gegen die Grundrechte der Bürger verstoßen. Ein Urteil des spanischen Verfassungsgerichts erklärte die zu Beginn der Corona-Pandemie angeordnete Ausganssperre als verfassungswidrig.

Die Erklärung des Notstands sei nicht ausreichend gewesen. Diesen hatte die Zentralregierung in Madrid am 14. März 2020 ausgerufen. Über drei Monate durften die Menschen in Spanien ihr Haus nur noch aus „triftigen Gründen“ verlassen. Sport in der Öffentlichkeit gehörte nicht dazu, auch Kinder durften nicht raus. Wer sich dagegen weigerte, musste mit hohen Geldstrafen rechnen. Wie die „Deutsche Welle“ berichtete, soll die Polizei rund eine Millionen Strafzettel verteilt haben.

Menschenleerer Strand in Spanien – auch hier durfte sich keiner aufhalten. / Foto: APA

Es soll Klagen hageln

Ähnlich wie beim ersten Lockdown in Österreich könnten die Bürger ihre Strafzahlungen jetzt zurückfordern. Auch eine Welle von Schadensersatzklagen sei möglich. Wie die spanische Zeitung „La Vanguardia“ schrieb, betreffe das vor allem die Menschen, die ohne gesetzliche Grundlage dazu gezwungen wurden, zu Hause zu bleiben.

„Barcelona wurde zur Hundestadt“

Leo M. ist kurz vor Beginn der Corona-Pandemie von Wien nach Barcelona gezogen. Im Gespräch mit ZackZack erzählt er, dass der harte Lockdown im März 2020 Barcelona zu einer „Hundestadt“ gemacht hat:

„Da man eigentlich nur das Haus verlassen konnte, um mit dem Hund Gassi zu gehen, hat sich jeder einen Hund zulegen wollen. Auf den gespensterisch leergefegten Straßen, wo sich sonst tausende von Touristen tummeln, haben sich dann zahlreiche Hunde mit ihren Herrchen und Frauchen ‚ganz zufällig‘ getroffen.“

Auf die Frage, ob die Menschen nicht einmal zum Strand gehen durften, antwortete Leo M.: “Fix nicht. Außer du hast halt einen Hund.”

Foto: APA

Drohnen zur Überwachung

Leo berichtet auch von den Drohnen, die von der spanischen Polizei eingesetzt wurden, um die Bürger und die Einhaltung der Ausgangssperre zu überwachen. Die kleinen Fluggeräte haben anderem Lautsprecher getragen, mit denen die Menschen aufgefordert wurden, zu Hause zu bleiben.

„Wir werden nicht zögern, alle uns zu Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um deine Sicherheit und die Sicherheit aller zu schützen“,

schrieb die städtische Polizei in ihrem Twitter-Account, auf dem auch Videoaufnahmen des Drohneneinsatzes zu sehen waren.

Leo M. ist froh, dass die Fluggeräte nicht auch in Barcelona eingesetzt wurden. „Dass Madrid sehr stark vom Corona-Virus betroffen war, rechtfertigt meiner Meinung nach nicht eine solche Überwachung und die Verletzung der Grundrechte.“

Neue Freiheiten drohen wieder eingeschränkt zu werden

In Katalonien haben die Regionalbehörden eine erneute Ausgangssperre im Blick, darunter auch für Barcelona. Angesichts eines rasanten Anstiegs der Corona-Fallzahlen werden auch in weiteren Regionen des Landes derzeit Vorbereitungen für neue Maßnahmen getroffen. Barcelonas Clubs mussten bereits wieder schließen, auch Veranstaltungen unter freiem Himmel sind verboten. In Valencia gilt wieder eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 01:00 Uhr und 06:00 Uhr, wie die Nachrichtenagentur „Reuters“ berichtet. In Spanien lag die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz am Mittwoch bei 271, weshalb das Robert-Koch-Institut das Land erneut zum Risikogebiet erklärt hat.

(jz)

Titelbild: APA Picturedesk

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