Sonntag, September 8, 2024

Kommentar: Männer in Penis-Raketen

Kommentar:

Der Pöbel wird ausgepresst und schikaniert, Superreiche fliegen ins Weltall – nur so, zum Spaß. Ein Vorschlag zur Güte: Bleibt ihr oben! Wir unten versuchen, ohne euch neu anzufangen.

 

Thomas Walach

Wien, 21. Juli 2021 | Sie dachten, Amazon zahle in Europa kaum Steuern? Stimmt nicht. Die Wahrheit ist viel schlimmer: Amazon bekommt Steuern. Eine Steuergutschrift von 56 Millionen Euro hat der US-Konzern dafür erhalten, dass wir ihm Straßen bauen und Internetverbindungen, seine Mitarbeiter ausbilden, im Krankenhaus behandeln, wenn sie sich bei der Arbeit verletzen und alles andere tun, was der Konzern braucht, um Geschäft zu machen.

Der schlechteste Chef der Welt

Dafür beutet das Unternehmen seine Mitarbeiter kräftig aus. Anstellung, Sozialversicherung? Nicht mit Amazon-Boss Jeff Bezos: „Hey, sei dein eigener Chef!“ So wirbt das Unternehmen in Europa um Scheinselbständige. Eine große Betrugsmasche, stellte die spanische Regierung fest. Unterm Strich blieb den Mitarbeitern ein Stundenlohn von satten 5 Euro. Dafür kürte der internationale Gewerkschaftsbund Bezos zum schlechtesten Chef der Welt.

Dem ist es egal. Mit einem Privatvermögen von rund 200 Milliarden Dollar – fast doppelt so viel, wie Österreich jährlich an Steuern einnimmt – schweben er und andere Superreiche über den Dingen. Neuerdings tun sie das auch im engsten Sinn. Unter Multimilliardären ist ein eigenes Raumfahrprogramm der neueste „Heiße Scheiß“. Bezos findet, dass seine Rakete „das schönste Fahrzeug“ ist, das je gebaut wurde. Fein, Jeff hat eine unverkrampfte Beziehung zu männlichen Körpern – dass seine Rakete aussieht wie ein Penis, dürfte Bezos ja kaum entgangen sein.

Nach der Landung bedankte sich der reichste Mann der Welt bei den Amazon-Mitarbeitern und Kunden, denn: „Ihr habt das alles bezahlt!“ Stimmt. Und mit unseren Steuern haben wir es gleich doppelt bezahlt. Haben wir gern gemacht. Aber eigentlich war one-way vereinbart, oder?

Darf Kurz auch einmal in die Penis-Rakete, wenn er brav ist?

Es ist ja nicht so, dass Amazon uns zwingen würde, seine Leistungen in Anspruch zu nehmen. Wir machen das freiwillig, weil uns das Service gefällt. Aber wir hätten gerne, dass auch Superreiche Steuern zahlen. Blöd, dass wir – anders als sie – nicht mit unseren politischen Führern auf du und du sind. Kurz fliegt in die USA und trifft Internet-Milliardäre bei einer exklusiven privaten Zusammenkunft. Die werden ihn nicht wegen seines akzentfreien Englischs eingeladen haben. Aber wenn es künftig darum geht, unvorteilhafte Gesetze abzuwenden, kann es schon nützlich sein, einen EU-Regierungschef einmal mit den großen Buben mitspielen zu lassen. Wer weiß, vielleicht darf er sogar einmal in der Penisrakete ins Weltall fliegen?

Dass die ÖVP jederzeit bereit ist, Großspender zu servicieren, ist notorisch. Was der Pöbel davon hat? Den talentiertesten Kanzler aller Zeiten. Das muss diesen Tieren doch reichen! Die Medien haben wir eh schon gekauft. Bei Benko hat es nur für Krone und Kurier gereicht, Bezos backt größere Brote: Der hat sich die Washington Post gekrallt.

Bezos, Kurz & Co., eine bescheidene Bitte: Wir sind ja selbst ein bisserl schuld, weil wir bei euch eingekauft und euch gewählt haben. Aber könnten wir es noch einmal ohne euch versuchen? Unser Geld muss doch reichen, damit ihr euch auf den Mond schießen könnt.

Titelbild: APA Picturedesk/Blue Origin/ZackZack

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