Lufthansa-Touristenmaschine:
Im Sommer 2022 will Lufthansa mit der neuen Eurowings “Discover” das Angebot für Touristen ausweiten. Ein Ziel ist unter anderem das “Corona-freie” Sansibar. Trotzdem hagelt es weiter Kündigungen bei Lufthansa.
Frankfurt, 21. Juli 2021 | Mitten in der Corona-Krise hat die AUA-Mutter Lufthansa eine neue Airline mit dem Namen “Eurowings Discover” gegründet. Was am kommenden Samstag mit einem schon ausgebuchten Erstflug nach Kenia und Sansibar beginnt, soll bereits im Sommer 2022 ein mittelgroßer Ferienflieger mit 21 Flugzeugen an den Drehkreuzen Frankfurt und München sein.
Konkurrenz für “Condor” und “TUIfly”
600 Crewmitglieder seien bereits an Bord, berichtet Airline-Chef und Erstflug-Pilot Wolfgang Raebiger. Rund die doppelte Zahl soll noch folgen, um den etablierten Ferienfliegern wie “Condor” und “TUIfly” Konkurrenz zu machen.
Bisher hat die Lufthansa das touristische Geschäft meist anderen überlassen. Zu knapp waren die Start- und Landefenster, zu wichtig die Zulieferflüge für die großen Interkontinental-Maschinen mit den vielen Geschäftsreisenden. Corona hat das Umdenken im Konzern beschleunigt. Lufthansa-Chef Carsten Spohr ist nun noch überzeugter, dass das Geschäft mit den Touristen schneller wächst als die klassische Geschäftsfliegerei.
“Wir wollen die Einmalflieger begeistern”, ist dann auch das Credo Raebigers. Die neue Gesellschaft erreiche die Größe der TUIfly, heißt es. Neben den elf geplanten Langstreckenfliegern vom Typ A330 sind bis Sommer 2022 jeweils fünf Mittelstreckenjets A320 für Frankfurt und München vorgesehen. Sie werden Ziele in Europa und Nordafrika anfliegen, die vor der Krise der Lufthansa nicht lukrativ genug waren: Griechische und spanische Inseln, Ägypten oder die Türkei. Die Langstrecken gehen zunächst nach Afrika, in die Karibik und in die USA.
Trotzdem Kündigungen bei Lufthansa
Die mit drei Buchungsklassen neu eingerichteten Airbus-Flugzeuge stammen aus dem in der Pandemie gut gefüllten Fuhrpark des Konzerns. Das Personal soll ebenfalls weitgehend innerhalb des Konzerns rekrutiert werden – aber zu deutlich günstigeren Konditionen, als dies im Rahmen der Tarifverträge für die Lufthansa-Kerngesellschaft oder die bereits bestehende Eurowings möglich wäre. Bei Lufthansa stehen im kommenden Frühjahr betriebsbedingte Kündigungen an, während die Eurowings “Discover” voraussichtlich ab April ihre Stellen auch extern ausschreiben will.
Die Pilotengewerkschaft Vereinigung “Cockpit” hat das einst unter dem Arbeitstitel “Ocean” gestartete neue Geschäftsmodell von Anbeginn bekämpft und sogar zum indirekten Gegenstand von Tarifverhandlungen gemacht, ist damit aber gescheitert. Inzwischen lautet das gewerkschaftliche Ziel, für die neue Tochter bald einen eigenen Tarifvertrag abzuschließen. Bis jetzt, so eine Sprecherin, liege das Gehaltsniveau rund 25 Prozent unter dem der Direktflugschwester Eurowings.
Mitten in der Corona-Krise “neue Marktmöglichkeiten”
Die Ferienfliegerei unterscheidet sich grundsätzlich vom Liniengeschäft, denn ein großer Teil der Plätze wird von Reiseveranstaltern wie “TUI”, “Alltours” oder “DER” gebucht. Dies galt bisher als Domäne der “Condor”, die nach der Pleite des Mutterkonzerns “Thomas Cook” von einem privaten Finanzinvestor übernommen worden ist und gut 50 Flugzeuge betreibt.
Mit Eurowings “Discover” und der Edelweiss aus der Schweiz intensiviert der Lufthansa-Konzern wieder sein bisher stark auf Südafrika konzentriertes Afrika-Geschäft. Dem Kranich kommt zugute, dass viele afrikanische Airlines stark angeschlagen aus der Coronakrise kommen. Von Mauritius bis Namibia ergeben sich so neue Möglichkeiten, so dass der neue Ferienflieger einen überproportionalen Fokus auf diese Destinationen legt. “Die großen nationalen Carrier stehen am Boden, das eröffnet neue Marktmöglichkeiten”, sagt Lufthansa-Regionalmanager André Schulz.
Mythos “Corona-freies” Sansibar
Im ostafrikanischen Tansania gehören der Kilimandscharo-Airport sowie auch die Insel Sansibar zu den Flugzielen der neuen Lufthansa-Tochter. Auch KLM will nun folgen. Es ist noch nicht lange her, da machten Destinationen wie Sansibar jedoch eher Schlagzeilen über Corona-Touristen, die davon ausgingen, dass die Insel frei von der Pandemie sei. Lange galt die tansanische Urlaubsinsel im indischen Ozean als Geheimtipp, wenn es darum ging, dem Virus zu entfliehen. Mittlerweile hat sich aber schon weltweit herumgesprochen. Bereits im Frühjahr 2020 hat der im März verstorbene Präsident Tansanias, John Magufuli, sein Land und die dazugehörige Insel für Corona-frei erklärt. Er galt als Afrikas bekanntester Corona-Gegner.
(apa/jz)
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