Gleicher Titel, gleiches Bild:
Ungarn ist nicht gerade für seine Medienvielfalt bekannt. Wie sehr die Gleichschaltung von Viktor Orban bereits fortgeschritten ist, hat sich Freitagvormittag in sämtlichen Regionalmedien wiedergespiegelt.
Budapest, 23. Juli 2021 | Im Jahr 2017, ein halbes Jahr vor der Parlamentswahl, hat die Regierung des ungarischen Premiers Viktor Orban den Kauf aller Regionalmedien des Landes durch mehrere Gefolgsleute des Ministerpräsidenten und regierungsnahe Geschäftsleute abgeschlossen. Seit seiner Amtsübernahme im Jahr 2010 hat es Orban geschafft, nach und nach die meisten der ungarischen Medien auf seine Linie zu bringen.
Die Regionalmedien sind aufgrund ihrer Reichweite ein besonders wichtiges Sprachrohr für den Premier. Denn für viele Menschen, die außerhalb der Hauptstadt leben, ist die Regionalzeitung die einzige, die sie lesen. Die Gleichschaltung dieser Zeitungen bietet sich gut dafür an, wichtige Botschaften zu verkünden.
Titel, Bild – alles gleich
Das wurde auch am Freitagvormittag sichtbar, als auf allen Titelblättern und Online-Startseiten der gleiche Titel “Brüssel attackierte Ungarn” zu lesen war. Dazu gab es überall das gleiche Bild des Premiers. Der ORF-Osteuropa-Korrespondent Ernst Gelegs veranschaulichte die Orban-Regionalmedien-Show am Freitag in Form eines Tweets, der 16 idente Titelgeschichten nebeneinander zeigt. “Und das nennt die Orban-Regierung ‘Medienvielfalt'”, kommentiert Gelegs zusätzlich.
Die heutigen Titelblätter der ungar. Regionalzeitungen. Alle das gleiche Foto, alle den selben Titel: 'Brüssel attackierte Ungarn" – und das nennt die Orbán-Regierung "Medienvielfalt" pic.twitter.com/RGeyfFRQfn
— Ernst Gelegs (@Gelegs) July 23, 2021
Orban stand zuletzt vor allem wegen seines umstrittenen LGBTQ-Gesetzes in der Kritik. Die Gräben zwischen dem Rechtspopulisten und der EU werden tiefer, die Pressefreiheit in Ungarn ist so gut wie gar nicht mehr vorhanden. Den “Freiheitpreis der Medien” zu gewinnen, wie es sein Freund Bundeskanzler Sebastian Kurz bereits geschafft hat, dürfte Orban eher nicht mehr gelingen.
ZackZack-Podcast
Wie sieht die aktuelle Entwicklung in Ungarn aus und welche Auswirkungen hat der ungarische Weg des Viktor Orbán auf den österreichischen Journalismus? Ben Weiser hat sich mit dem ehemaligen ARD-Südosteuropa-Korrespondenten Stephan Ozsváth in der brandneuen Nachtclub-Folge darüber unterhalten. Reinhören lohnt sich!
(mst)
Titelbild: Screenshot/Twitter/Ernst Gelegs