Donnerstag, April 18, 2024

Stärkste Inflation in Deutschland seit fast 30 Jahren

In Deutschland zieht die Inflation an, Verbraucher erleben einen Kaufkraftverlust. Gerade Energie- und Lebensmittelpreise steigen.

Wien/Berlin, 29. Juli 2021 | Die deutschen Verbraucherpreise sind im Juli so stark gestiegen wie seit 1993 nicht mehr. Die Lebenshaltungskosten legten um 3,8 Prozent zum Vorjahresmonat zu, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag zu seiner ersten Schätzung mitteilte. Ökonomen hatten 3,3 Prozent erwartet, nachdem die Inflationsrate im Juni noch bei 2,3 Prozent gelegen war.

Kein Ende in Sicht

“Verantwortlich für den weiteren Anstieg der Inflationsrate im Juli 2021 ist insbesondere ein Basiseffekt, der auf die coronabedingte Senkung der Mehrwertsteuersätze im Juli 2020 zurückzuführen ist”, erklärten die Statistiker. Die deutsche Regierung hatte die Mehrwertsteuer in der zweiten Jahreshälfte 2020 im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie gesenkt, was viele Waren und Dienstleistungen günstiger machte. Jetzt kehrt sich dieser Effekt um.

Ökonomen zufolge dürfte sich der Preisauftrieb in den kommenden Monaten weiter beschleunigen. “Es sollte niemanden überraschen, wenn die Verbraucherpreise am Jahresende in Deutschland nahe bei fünf Prozent liegen”, sagte der Chefvolkswirt des Vermögensverwalters HQ Trust, Michael Heise.

Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann rechnet damit, dass sich die Inflationsrate in diese Richtung bewegen könnte. Entspannung ist wohl erst im nächsten Jahr in Sicht, wenn der Mehrwertsteuereffekt wieder verschwindet. “Für eine auch längerfristig spürbar über zwei Prozent liegende Inflationsrate müssten allerdings auch die Löhne anziehen, wofür es bisher noch keine Anzeichen gibt”, sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen.

Energie und Nahrungsmittel immer teurer

“Hinter dem aktuellen Preisauftrieb stehen starke Verteuerungen verschiedenster Rohstoffe sowie Lieferengpässe bei wichtigen Vorleistungen, die zu langen Lieferzeiten und geringen Lagerbeständen geführt haben”, sagte Heise. So verteuerte sich Energie im zu Ende gehenden Monat um 11,6 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Nahrungsmittel kosteten um 4,3 Prozent mehr.” Außerdem haben einige Dienstleister erwartungsgemäß das Wiederöffnen genutzt, um bei hoher Nachfrage auch ihre Preise anzuheben”, sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. “Die Bürger wollen ja wieder in die Gaststätten und Kneipen.”

Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt in der Währungsunion mittelfristig eine Teuerung von 2 Prozent an. Für eine Übergangszeit nimmt sie auch ein Überschreiten dieser Zielmarke in Kauf, um weiterhin mit viel billigem Geld die Konjunkturerholung in der Eurozone anschieben zu können. Die EZB hilft damit auch hoch verschuldeten Staaten wie Italien, die sich deshalb sehr günstig refinanzieren können.

Für viele Arbeitnehmer bedeutet die hohe Inflation einen realen Kaufkraftverlust. Die Löhne von Millionen Beschäftigten mit einem Tarifvertrag werden dem gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) zufolge 2021 erstmals seit einem Jahrzehnt langsamer steigen als die Verbraucherpreise. Unter Berücksichtigung der im ersten Halbjahr abgeschlossenen Verträge und der in den Vorjahren für 2021 vereinbarten Erhöhungen dürften die Tariflöhne um durchschnittlich 1,6 Prozent zulegen.

(apa/ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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8 Kommentare

  1. aber nicht nur in deutschland ziehen die preise kräftig an, auch bei unserem lebensmittelhandel geht’s kräftig nach oben und dort gab’s keine umkehr der erlassenen mwst. auch außerhalb des lebensmittelhandels wurde einiges exorbitant teuer, die gastronomie hat heftig draufgelegt und auch die baumärkte, da gab’s z.b. bei bestimmten holzprodukten preiserhöhungen von 200 % und mehr.

  2. Jetzt werden die Armen und Mittleren noch mehr abgezockt. Ihr eh nicht grosses Einkommen wird von Jahr zu Jahr durch eine züglg ansteigende Inflationen noch weniger, jedes Jahr ein paar Prozente weniger. Es war vorauszusehen. Kritische Ökonomen haben dies am Beginn der Pandemie schon so vorausgesagt. Jetzt ist es da. Es gibt nur eine Art von Gegensteuern: So wenig wie nur möglich konsumieren, alles nicht dringend Nötige nicht kaufen.

  3. Kümmert es die Deutschen, dass wir beim Hofer mehr bezahlen als die beim Aldi?
    Und manche Lieferung nach Österreich ist kürzer als der Transportweg durchs eigene Land.
    Kann die eh nicht leiden, die Deutschen.

    Arrogante Mutti-Anbeter!

  4. Es ist interessant dass in dem Artikel nicht auf die extreme Erhöhung der Geldmenge eingegangen wird. Die Zentralbank druckt Geld als wäre es Klopapier und darum wird es auch das bald sein. Dass dazu eine künstliche Verknappung der Rohstoffe kommt und damit eine Erhöhung der Nachfrage wird zwar angeführt aber nicht das wahre Ausmaß. Stahl kostet mittlerweile das 4fache Holz das Doppelte usw. dass die Löhne mit diesen Teuerungen auf Dauer nicht mithalten können ist klar aber Dank dem Great Reset werden wir alle nichts besitzen und die Reichen werden glücklich sein. #Great Reset#

  5. So will es die EZB doch. Der reichere Norden finanziert den hochverschuldeten Süden.
    Sauerei!

    • Nein, so funktioniert das gesamte missglückte Euro System. Da können Sie sich an die hirnrissigen Poltikern die den Euro in then 90er geplant haben bedanken.

    • Das ist ein Märchen. Es gibt im Norden Arme und Superreiche, es gibt im Süden Arme und Superreiche. Überrall finanzieren die Armen unfreiwillig die Superreichen.

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