Samstag, April 20, 2024

344.000 ohne Job: »Krise am Arbeitsmarkt geht weiter«

344.000 ohne Job:

Die Arbeitslosenzahlen nähern sich nach und nach dem Niveau vor der Corona-Krise. Arbeitnehmervertreter und Ökonomen bremsen jedoch die Erwartungen. 344.000 Arbeitslose seien nach wie vor “katastrophal”, der Effekt der Öffnungen sei zudem vorbei.

Wien, 02. August 2021 | Die Arbeitslosenzahlen sinken weiter. Ende Juli waren in Österreich rund 344.000 Menschen ohne Job. Das sind um rund 16.000 weniger als vor einem Monat. 282.685 Personen waren beim AMS arbeitslos gemeldet, um 6.177 weniger als im Vormonat. Auch die Zahl der Schulungsteilnehmer ging um rund 10.000 auf 61.254 zurück.

Aussicht auf Zahlen wie vor der Krise

Damit gebe es jetzt nur noch um 10.900 Arbeitslose mehr als vor der Krise, teilte das Arbeitsministerium am Montag mit. Nicht mit eingerechnet ist hierbei aber die Anzahl der Menschen, die sich derzeit in Schulungen befinden. Rechnet man diese dazu kommt man auf 18.733.

Im Vorjahresvergleich sei die Arbeitslosigkeit um 101.266 zurückgegangen, heißt es in der Mitteilung, sie liege jetzt auf dem Niveau von 2018. Die Arbeitslosenquote beträgt 6,7 Prozent und liegt damit nur noch knapp über der Marke von Juli 2019 mit 6,5 Prozent.

Auch beim AMS ist man optimistisch, bei den Zahlen schon in einigen Monaten das Niveau von den Vergleichstagen im Jahr 2019 zu erreichen. Das würde jedoch vorraussetzen, dass man die Pandemie auch im Herbst weiter unter Kontrolle behält, wie AMS-Chef Johannes Kopf am Montag auf Twitter anmerkte.

Keine Erholung bei Langzeitarbeitslosigkeit

Gleichzeitig liege die Anzahl der offenen Stellen mit rund 113.000 auf Rekordniveau, heißt es aus dem Ministerium. Inklusive Lehrstellen seien es sogar 120.000. Die Langzeitarbeitslosigkeit ist aber noch deutlich höher als vor der Coronakrise. Seit dem Höhepunkt Ende April ist sie um rund 18.000 auf 130.000 zurückgegangen.

Für die Arbeiterkammer sind die aktuellen Zahlen in Hinsicht auf Langzeitarbeitslose aber kein Grund zum Jubeln. So stecke fast jeder zweite arbeitslos gemeldete Mensch inzwischen in der Langzeitarbeitslosigkeit fest. Schlechte Chancen auf einen Job hätten vor allem Menschen im höheren Alter. Auch Personen mit Betreuungspflichten oder gesundheitlichen Herausforderungen würden es schwer haben. Alleine die Tatsache, dass die Arbeitslosigkeit schon länger dauert, sei für Unternehmen immer häufiger ein Grund, diesen Menschen keine Chance auf einen Arbeitsplatz zu geben.

„Es kann nicht sein, dass Unternehmen auf der einen Seite ständig klagen, sie würden keine ArbeitnehmerInnen finden, auf der anderen Seite aber jenen die länger arbeitslos sind keine Chance auf Arbeit zu geben“,

zeigt sich AK-Präsidentin Renate Anderl empört über den Umgang mit langzeitarbeitslosen Menschen.

Auch der ÖGB machte am Montag in einer Aussendung darauf aufmerksam, dass der Rückgang zwar positiv zu sehen sei, man sich bei 344.000 Arbeitslosen jedoch nicht darauf ausruhen könne:

„Hier braucht es konsequente und mutige Schritte, um mit speziellen Beschäftigungsprogrammen zur Senkung der Arbeitslosigkeit beizutragen“,

so Ingrid Reischl, Leitende ÖGB-Sekretärin.

Von der Regierung fordert man daher, Geld in die Hand zu nehmen und wirksame beschäftigungspolitische Maßnahmen auf den Weg zu bringen.

Der ÖGB verweist hier auf sein 5-Punkte-Programm, das etwa Forderungen nach besserer Verteilung der Arbeitszeit und einer Offensive in der Ausbildung von Facharbeitern vorsieht.

“Krise am Arbeitsmarkt geht weiter”

Auch das Momentum Institut verweist in seiner Analyse der aktuellen AMS-Zahlen auf die hohe Langzeitarbeitslosigkeit. Diese sei nach wie vor viel höher als vor der Corona-Krise.

Der Ökonom Oliver Picek von Momentum bremst die Erwartungen. Die Öffnungen seien großteils vorbei, dier Erholung am Arbeitsmarkt würde also bald nicht mehr in diesem rasanten Tempo weitergehen können. Aber ganz generell sei die “immer noch sehr hohe” Zahl an Arbeitslosen zu beachten, meint Picek im Gespräch mit ZackZack:

“Das Erreichen des Vorkrisenniveaus wäre ein Signal, dass die Corona-Krise vorbei ist. Aber auch nicht viel mehr, denn die Krise am Arbeitsmarkt geht dann noch weiter. Denn das Vorkrisenniveau ist ja an sich katastrophal. 2019 – im Jahr vor der Krise, hatten wir 400.000 Arbeitslose im Jahresschnitt – das sind mindestens 300.000 Arbeitslose mehr als eine Gesellschaft verträgt.”

Vergessen dürfe man auch nicht, so Picek, dass man durch Corona zwei Jahre verloren habe, in der die Arbeitslosigkeit eigentlich sinken hätte sollen. Es brauche in den nächsten Jahren daher ein großes Beschäftigungsprogramm im öffentlichen Sektor, um den Personalmangel in Bereichen wie Pflege, Bildung oder Justiz zu beseitigen. So könne man die Arbeitslosigkeit dauerhaft senken und den Wirtschaftsaufschwung absichern.

Arbeitslosenquote seit 1980 im Steigen

Besorgniserregend sei außerdem, dass die Arbeitslosenquote seit 1980 mit jedem einzelnen Wirtschaftszyklus – zuerst Einbruch der Wirtschaft, dann Erholung – gestiegen ist. Gab es 1980 noch so gut wie keine Arbeitslosen, sind es im Jahresschnitt heutzutage mehr als 400.000.

“Nie war die Erholung stark genug, um die Einbrüche wieder wettzumachen. Wenn jetzt ein recht guter Wirtschaftsaufschwung nach Corona da ist, müssen wir den endlich einmal ausreiten und staatlich unterstützen”,

so Picek.

Das Momentum Institut hat die Arbeitslosenquote im Zeitverlauf seit 1960 grafisch dargestellt. (Quelle: AMS)

(mst)

Titelbild: APA Picturedesk

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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27 Kommentare

  1. Und wieviele zur Zeit in Kurzarbeit sind, wird schamlos verschwiegen.
    Wenn meine Zahlen stimmen, sind es noch immer ca. 350.000.

  2. Na, wenn die Arbeitslosenzahlen eh sinken, dann braucht der Kocher das Arbeitslosengeld ja nicht auf 40 % senken, wie er es plant.

    • Da Mücke will die Armut halbieren und hat am Freitag behauptet, dass es das mit die Grünen ned geben wird.
      Auf der anderen Seite gibts ein NSH-Volksbegehren im September.
      Oiso, wos stimmt jetzt

  3. Die Arbeitslosenzahlen im europäischen Vergleich wären interessant.

  4. Da passt einiges nicht zusammen. Das es 1980 so gut wie keine Arbeitslosen gab könnte daran liegen, dass die Menschen damals wesentlich früher und leichter in Rente gehen konnten. Daran könnte es auch liegen, dass die hohe Langzeitarbeitslosigkeit sich so hartnäckig hält. Da sind einfach sehr viele Menschen dabei, die nicht mehr können und die auch keiner mehr will. Was hat man den gedacht, wie sich die ständige Erhöhung des Pensionsantrittsalters auswirken wird? Es war doch jedem klar, das die Leute nicht tatsächlich länger arbeiten sondern am AMS zwischengeparkt werden. Lt. Renate Anderl gehen jetzt schon nur ca. 50% der Frauen direkt vom Arbeitsplatz in die Rente (Rentenantrittsalter 60 Jahre) der Rest ist vorher arbeitslos in Langzeitkrankenstand oder Ähnliches. Ab Jahrgang 1970 müssen dann auch Frauen bis 65 arbeiten, was die Lage der Langzeitarbeitslosigkeit noch verschärfen wird. Invaliditätspension wurde de facto sowieso abgeschafft. Ich weis nicht, checkt den das Keiner?

    • Die SPÖ schreit schon seit langem, aber es hört keiner zu.
      Das ist dann der langzeitarbeitslose Dachdecker, der mit 63 Jahren entweder zu teuer ist, oder nicht mehr auf dem Dach herumklettern kann.

      • Und der wird dann womöglich in ein anderes Bundesland in die Gastro vermittelt wo ihn dann der Stress samt Herzinfarkt dahinrafft….das ist doch alles hirnrissig und unmenschlich…..

          • Nützt ihm bei der Rückführung allerdings wenig….ist zwar makaber aber mittlerweile hat man das Gefühl die türkisen kennen da nix…hackeln bis zum letzten Atemzug…

          • Wie ich es gestern schon gschrieben, hab, immer fit fürn Abgang mim Schachterl am Rücken, falls man gstreckt liegen bleibt. Schleife um die Zehe und ab in die Kinettn.

          • Ich kenne einige Bauern die krankheitshalber in Pension gegangen sind, den Hof der Frau verpachtet haben und weiter arbeiten wie vorher.( Trifft natürlich nicht auf alle zu) Und der Einheitswert ist auch eine Daumen Mal Pi Rechnung. Bei jedem “Hackler” ist alles genau nachvollziehbar.

        • Wer hat uns denn den 12 Stundentag eingebrockt?
          Da hat niemand aufgeschrieen und alle haben sich einwickeln lassen mit Flexibilität, selbst einteilen und weiterem Blabla.
          Aber die SPÖ ist nur böse, die kann man doch nicht wählen, wegen der PRW.
          Erst wenn alle Sozialleistungen weg sind und wenn es effektiv zu spät sein wird, werden sie alle munter werden und schreien.

          • Viele ham weggesehen und waren exorbitant passiv, das stimmt mit Sicherheit und sie haben das wahrscheinlich deshalb gmacht, damit sie sich selber nicht die Hände schmutzig machen brauchten (weil sie es vermutlich auch früher oder später umgesetzt hätten, wenn sie wieder mit Verantwortung betraut gewesen wären).
            So sans fein ausm Schneider, können aber dafür jetzt die Partien, die das Wirklichkeit werden ham lassen, mim Dreck bewerfen, obwohls im Grunde um nix besser san.

    • Da waren ja ein Haufen an Maßnahmen, die die Erwerbsarbeitslosigkeit in die Höhe schnellen ham lassen.
      Abfertigung neu
      Die Reformen der PVA
      Spezieller Kündigungsschutz

      nur um ein paar zu nennen.
      Es is a Frechheit, sich da mit 70er und 80er auf einen Vergleich einzulassen, wie die das heute getan haben, diese Pfosten.
      Die ham das jahrzehntelang so präpariert, damit wir heute alle fest im Oasch daham san.
      Und die Buden, in ihrer wählerischen Art, reiben sich die Händ.

        • Die einen können ned in die Pension (krankheitsbedingt) und werden den Langzeiterwerbsarbeitslosen angerechnet, die die über 50 san kriegn genauso ka Hackn.
          I sag neuerdings, es is wurscht ob die Erd a Kugel is oder a Scheibm, denn es is wurscht was stimmt, es nutzt nix, wennst weder auf der Kugel, no auf der Scheibn, dei Berechtigung hast zum Leben.

    • In den 80er hat ein arbeitswilliger wenn er nicht total unfähig war nie länger als 2 Wochen einen Job gesucht. Man ist am Freitag bei der einen Firma weg und hat am Montag in der neuen Firma angefangen.

  5. Die Arbeitslosenzahlen haben noch nie gestimmt!
    Die Zahlen werden solange verdreht bis es zur gewünschten Aussage passt.

  6. Und so liest es sich beim Staatsfunk am Küniglberg:
    “Arbeitslosigkeit sinkt weiter”

    • San alle im Untertagebau verschwunden und werden nimma ans Tageslicht zurück gelassen, weil sonst fliegt alles auf …

        • Ich hab die Kraft in die Knie.
          Deshalb san die Knie von Tante Poidl kaputt und Tante Poidl prackts dauernd auf die Goschn …

          • Jo i waß, oba i üb des erst seit fünf Minuten …
            Aber ich gelobe, er wird irgendwann wenigstens zuzeln.

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