Freitag, April 19, 2024

Grüne »verwundert« über Aussagen von ÖVP-Staatssekretär

In der türkis-grünen Regierung herrscht in Sachen Klimaschutz weiter schlechte Stimmung. Die Grünen reagierten auf die kritischen Aussagen von ÖVP-Staatssekretär Magnus Brunner über Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) verschnupft.

Wien, 04. August 2021 | Brunner hatte im APA-Interview die von Gewessler angeordneten Evaluierungen von Straßenbauprojekten kritisiert und der Ministerin mangelnde Einbindung vorgeworfen. Er forderte zudem beschleunigte UVP-Verfahren.

Die türkis-grüne Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, dass der Strom in Österreich bis 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen kommen soll. Um das zu erreichen, müssten Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) beschleunigt werden, argumentiert Brunner. Mit dem kürzlich vorgelegten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz habe die Bundesregierung einen großen Schritt gesetzt, nun müssten aber Taten folgen und diese erfordern nach Ansicht von Brunner schnellere UVP-Verfahren, um die nötige Infrastruktur (Windparks, Wasserkraftwerke oder Biomasseanlangen) zu schaffen. Bis 2030 seien es nur mehr neun Jahre, “wir können uns keine Verzögerungen leisten”. Gesetze und Fördermittel alleine reichen nicht, wenn die Projekte aufgrund langer UVP-Verfahren erst in zehn Jahren oder gar nicht realisiert werden können. “Wir müssen die Projekte umsetzen und auf den Boden bringen, sonst war das riesige Energiepaket umsonst.”

Eine Novelle des UVP-Gesetzes sei daher dringend notwendig und sollte nach Ansicht Brunners bis zum Herbst vorliegen. In dieser Novelle soll eine verbindliche Maximaldauer von zwei Jahren verankert werden, Stellungnahmen und Beweisanträge sollen nur innerhalb gewisser Zeitspannen möglich sein und alle Interessen sollen nur einmal gehört werden können und nicht immer wieder. Als dritten und letzten Punkt für eine Verfahrensbeschleunigung schlägt Brunner vor, den Stand der Technik einzufrieren. Derzeit müssen Projektwerber mehrfach in einem Verfahren den aktuellen “Stand der Technik” nachweisen. “Das ist unsinnig.” Es sollte die Festlegung auf “Stand der Technik” zum Zeitpunkt der Antragstellung eingefroren werden, so Brunner.

“Wer Ja zu Klimaschutz und Energiewende sagt, muss Ja zu schnelleren Genehmigungsverfahren sagen. Wer am Freitag für mehr Klimaschutz demonstriert, muss am Montag auch die notwendigen Projekte unterstützen.” Er wünsche sich mehr “Praxisnähe” in der Klimapolitik. Es habe in letzter Zeit oft “Alleingänge im stillen Kämmerchen” gegeben, so der Staatssekretär in Richtung Klimaschutzministerin Gewessler. Was die von Gewessler angestoßenen Evaluierungen von Straßenbauprojekten betrifft, zeigt Brunner wenig Verständnis für die Ministerin. Man müsse alles evaluieren, aber diese Projekte seien schon mehrfach geprüft worden und die “Bevölkerung braucht Sicherheit und Klarheit”.

Grüne “verwundert” über Brunner

Auf diese Aussagen reagierten die Grünen “verwundert”. “Der Österreichische Nationalrat hat mit den Stimmen von NEOS, SPÖ, Grünen und ÖVP eine Evaluierung der S18 in Vorarlberg beschlossen. Es ist unerheblich wie viel oder wenig ‘Verständnis’ der für Luftverkehr zuständige Staatssekretär Brunner im Klimaschutzministerium für diesen Beschluss zeigt. Entscheidend ist das, was im Parlament gemeinsam beschlossen wird”, sagte Lukas Hammer, Klimasprecher der Grünen, in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

“Verheerende Überschwemmungen und tödliche Hitzewellen in Europa erinnern uns daran, dass die Klimakrise auch bei uns angekommen ist. Der Kampf gegen die Klimakrise und für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen wird nur gelingen, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Mit einer mutigen und sachlichen Politik statt mit Polemik”, so Hammer.

Kritik an den Vorschlägen Brunners übte die Umweltschutzorganisation WWF. “Anstatt schon wieder auf das Husch-Pfusch-Prinzip zu setzen, muss die Politik endlich ihre Hausaufgaben machen. Denn die größten Verfahrensbremsen sind fehlerhafte Unterlagen der Projektbetreiber, schlecht ausgestattete Behörden und falsch ausgerichtete Materiengesetze. Dadurch entstehen häufig jahrelange Verzögerungen, noch bevor die Öffentlichkeit überhaupt beteiligt wird”, sagt WWF-Naturschutz-Leiter Christoph Walder. Daher brauche es vor allem qualitativ bessere Verfahren und gesetzliche Regelungen, die einen naturverträglichen Umbau des Energiesystems sicherstellen.

Unterstützung für den Vorschlag von Brunner kam von NEOS, aber mit Kritik gewürzt. “Grundsätzlich unterstützen wir Schritte zur Beschleunigung von UVP-Verfahren – allerdings fehlen noch konkrete Vorschläge der Regierung. Die ÖVP soll endlich in die Gänge kommen und nicht nur g’scheit reden”, sagte NEOS-Klima- und Umweltsprecher Michael Bernhard zu Brunners Forderungen.

(apa/bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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21 Kommentare

  1. Ich mag die maßlose Selbstüberschätzung der Grünen. Sie wollten die Erde retten dann die Umwelt und nun das Klima. …ihr Würstel, die Erde die Umwelt oder das Klima könnt ihr nicht retten ihr könnt nur euch selbst retten und auch dabei versagt ihr kläglich! https://youtu.be/xb-N4QULl6w Das ist schon etwas älter aber immer noch gut.

  2. Kleine Reibereien zwischen Parteien und einzelnen Personen … kann schon mal vorkommen … erregt mein Gemuet nicht.

    Diese Ueberbetonung der Klimakrise wenns um Erneuerbare geht ist kontraproduktiv.
    Da gibts noch andere sehr gute Gruende die viel mehr Konsens und weniger Reibereien versprechen.
    Z.B. Versorgungssicherheit und Unabhaengigkeit:
    https://oesterreichsenergie.at/aktuelles/veranstaltungen/detailseite/trendforum-wasserstoff

    Solche Konzepte gibts auch fuer den Wohnbau, also dezentral, noch sicherer, noch unabhaengiger.
    Siehe z.B. youtube “Werbevideo Fronius: Solarstrom als Wasserstoff langzeitspeichern”.

    Zur S18: Die Bevoelkerung will sie, es wirds nicht ganz ohne Nachteile fuer den “Centralpark Lauteracher Ried” gehen.

    Wasserstoff angereichert mit CO2 (geht theoretisch sogar mit Umgebungsluft … Kostenfrage) gibt Gas, das via bestehender Infrastruktur verteilt und gespeichert werden kann. Die Verbrennungskraftmaschine muss nicht sterben.

  3. Ich wundere mich über gar nichts mehr.

    Die türkise ÖVP hat nicht verstanden, was der Klimawandel bedeutet, wie unser “way of Life ” und unser die Erde ausbeutendes Wirtschaftssystem diese Veränderungen begründet und dass wir nur mehr sehr wenig Zeit haben, um die Erwärmung wenigstens auf 2 Grad Celsius zu reduzieren.
    Eine egoistische, rücksichtslose, hedonistische Gruppe bedient genau diese Klientel auf Kosten zukünftiger Generationen und jener, die noch gar nicht wählen dürfen.

    Schade, dass es für diese inkompetenten, ignoranten Fehlentscheider keine Hölle nach dem Tod gibt, dafür beginnt die Hölle für die Lebenden bereits jetzt.

  4. Südafrika baut weltweit viertgrößtes Kohlekraftwerk
    Nach 14 Jahren Bauzeit und starker Kostenüberschreitung eröffnete in Südafrika eines der größten Kohlekraftwerke der Welt. Wie der südafrikanische Energieversorger Eskom verkündete, ist die 4.764 Megawatt große Anlage nahe dem Ort Lephalale vollständig am Netz.
    Von den 2019 weltweit in Betrieb genommenen Kohleblöcken mit 68 Gigawatt stehen ca. zwei Drittel in China. Und die Asiaten bauen weltweit neue Kraftwerke.
    Weltweit über 1.000 neue Kohleblöcke in Bau und Planung.
    Atomkraftwerke werden aktuell auch wieder mehr gebaut.
    Und die Grünen wollen das Klima retten?

  5. Jetzt freut es mich schon, dass die Arschkriecher in Grün immer wieder vom so netten Koalitionspartner aufs Häupl kriegen. Wann merken die endlich, mit wem sie im Bett liegen, und wachen endlich auf.

  6. Schön, dass sich die Grünen hier immer auf den Beschluss des Nationalrats beziehen können – inkl. Stimmen der ÖVP – klarer Handlungsauftrag für Gewessler. Das war ein Verhandlungserfolg der Grünen an dem die ÖVP noch weiter knabbern werden…

  7. Was haben die Grünen erwartet? Hackl-ins-Kreuz-Hau’n ist Bestandteil der “sehr guten Zusammenarbeit” mit dem Koalitionssprengmeister. Es nützt euch überhaupt nix, devot in die Knie zu gehen, wenn wieder mit dem Ende der Regierung gedroht wird – die Türkisen mobben euch bis zum Gehtnichtmehr und ihr sagt noch bitte-danke. Wen wird der Anstand NICHT mehr wählen??

  8. Hat Kogler schon Kurz und die gute Zusammenarbeit mit türkis gelobt….

  9. Grüne wundern sich und bücken sich anschließend wieder ganz tief…

    • Solange das Gehalt auf dem Konto ankommt, werden die nicht mucken ….

  10. Super Argumentation!

    Um die Umwelt zu retten, muss man die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) aushebeln. Ist doch logisch. Und am besten so, dass alle Nicht-Umwelt-Projekte schnell durchgehen. Denn ab 2030 ist doch Sense. Da muss man eben vorher noch klotzen. ^^

    Warum dauern UVP so lange? Weil in der Planung auf die Umwelt eben KEINE Rücksicht genommen wird.

  11. Da muss man ja herzlich lachen. Seit Jahren versuchen die Türkisen die UVP de facto auszuhebeln. Früher war das Argument die UVP dauere viel zu lange wegen der vielen Einsprüche. Das sei wirtschaftsfeindlich. Dann planten die Türkisen die Frist für die Einbringung von Unterlagen bei Einsprüchen so zu verkürzen, dass diese unmöglich einzuhalten gewesen wäre. Das hätte die UVP de facto abgeschafft. So weit ich mich erinnere kam dann Ibiza dazwischen …..und jetzt kommt man mit dem Argument die UVP würde den Klimaschutz verhindern…..man halten die uns für doof…🙅‍♀️

  12. vor einer woche noch wollten sie uns weis machen, dass die stimmung in der koa soooooo gut ist

  13. Eine „Novelle“ zum UVP-Gesetz! Ja freilich, dann ist alles wieder da, wo es nach Ansicht der türkis-schwarzen Herren bleiben soll und die zuständige Ministerin wird zur nächsten Marionette.

    SO, IHR ROTEN BRÜDER UND SCHWESTERN, STEHT´S ENDLICH AUF UND WEHRT EUCH FÜR UNS!

    • Da muß die Rendi erst glaubwürdig links und leicht rechts vereinen, dann kann was werden aus deinem Aufruf an die roten.

      • Wen willst denn sonst anrufen? Den heiligen Geist? Den hat´s verweht…

        • Es ist wohl nur dem Wunschdenken zuzuschreiben, wenn man in der SPÖ eine Alternative sieht. Das wird bitter enttäuscht werden. Auch die NEOS sind nur ein ÖVP-Verschnitt. Wichtig wäre, dass die Wähler*innen in OÖ ein erstes Zeichen setzen und die MFG wählen.

  14. auf der einen seite ersaufen die menschen. auf der anderen verbrennen sie.
    wenn dann alle dörfer weggespült, die küstenstädte überflutet und alle wälder abgebrannt sind, ja dann, dann sind wir wieder in der steinzeit.

    halt – nicht doch – kann nicht sein.

    unser kanzler sieht das diametral anders.

    but:
    there is no „wirtschaft“ on a dead planet

    https://www.hagerhard.at/blog/2021/08/steinzeit/

  15. Und wieder erkennt ein schwarzer Apparatschik, daß er in seine eigene Richtung gerülpst/gekotzt hat.

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