ORF-Wahl:
Rund um die heute stattfindende ORF-Wahl sorgte ein Screenshot einer Unterhaltung, über die der Standard berichtete für Brisanz. Es geht um den Medienbeauftragten des Kanzlers, Gerald Fleischmann und den ÖVP-Wunschkandidaten Roland Weißmann. Protest kommt indes von Kulturschaffenden.
Wien, 10. August 2021 | Wie der Standard am Montagabend soll, ein Screenshot einer Skype-Unterhaltung aus dem März 2021 den Medienbeauftragten des Bundeskanzlers Gerald Fleischmann referierend vor dem ÖVP-Wunschkandidaten für den Posten des ORF-Generaldirektors, Roland Weißmann, zeigen. Ebenfalls in der Konversation dabei sollen die türkisen Stiftungsräte, sowie die als „unabhängig“ deklarierten entsendeten Mandatare der Bundesregierung, gewesen sein.
Dem Standard bestätigte das Büro Fleischmanns, dass der Medienbeauftragte an diesem Treffen teilnahm: „Er habe ein Referat über medienpolitische Fragen gehalten.“
“Natürlich nichts gehört”
Brisant ist dies, da Weißmann in der Puls24-Diskussion zur ORF-Wahl am Freitag von Noch-Generaldirektor Alexander Wrabetz angesprochen wurde, dass türkise Stiftungsräte von Fleischmann diktiert bekommen haben sollen, wen sie zu wählen haben. Weißmann antwortete damals: „Davon habe ich natürlich nichts gehört“.
Wrabetz erklärt den Puls24-Sehern, dass Kanzlermann Gerald Fleischmann den unabhängigen Stiftungsräten verkündet habe, dass sie Weissmann zu wählen haben. Der behauptet, davon nichts zu wissen. #puls24 #ORFWahl pic.twitter.com/G6xWyEWxfM
— Philipp Wilhelmer (@pwilhelmer) August 6, 2021
Autoren werfen Kogler “Unterwerfung” vor
Indes gibt es von bekannten Kulturschaffenden scharfe Kritik an den Grünen. Die Grünen Stiftungsräte dürften Medienberichten zufolge Weißmann ebenfalls stützten. Unter den namhaften Autoren, die sich auf Facebook an Vizekanzler Werner Kogler wandten, befinden sich Robert Menasse, Michael Köhlmeier, Monika Helfer, Doron Rabinovici, Robert Schindel und Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek. In dem Posting werfen sie Kogler Unterwerfung vor: In dem mehr als 100-Mal geteilten Post schreiben sie an den Vizekanzler „Jetzt auch noch der öffentlich rechtliche Rundfunk! LIEBER WERNER KOGLER! UNTERWERFUNG IST HÄSSLICH!“
https://twitter.com/dorabinovici/status/1424739383798861839
Opposition: “Befürchtungen bestätigt”
Ebenfalls kommt Kritik von den NEOS und der SPÖ. “Damit bestätigen sich die Befürchtungen, dass Kurz (Anm. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)) versucht, den ORF unter seine Kontrolle zu bekommen. Medien- und demokratiepolitische Fragen und Pressefreiheit interessieren ihn nicht”, so SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried in einer Aussendung. Von den Grünen zeigte er sich enttäuscht: “Es geht um das wichtigste Medienunternehmen des Landes, es geht um Pressefreiheit und Demokratie. Das müsste den Grünen wichtiger sein als irgendwelche koalitionsinternen Brosamen.” Nun sei es wichtig, die Unabhängigkeit der Redaktion zu stärken – etwa mit einem stärkeren Redaktionsstatut, das den Journalisten bei der Personalbesetzung mehr Mitsprache einräumt, meinte der SPÖ-Mediensprecher.
Das Gezerre rund um die ORF-Wahl zeige Reformbedarf auf, hielt NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter in einer Aussendung fest. Die Bestellung der Leitung müsse auf neue, transparente und unpolitische Beine gestellt werden. “Die Frage nach der Zukunft des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ist zu wichtig, als dass wir sie dem System Kurz überlassen dürfen”, so Brandstötter. Die NEOS fordern eine Gremienreform. Aus dem obersten ORF-Stiftungsrat solle eine “echte Hauptversammlung” werden. “Diese setzt sich durch geloste Personen aus der Bevölkerung, Repräsentantinnen und Repräsentanten von Institutionen der Zivilgesellschaft und einer Person pro Parlamentsklub zusammen und sorgt für eine transparente und faire Bestellung. Damit nicht mehr nur zählt, wen man kennt, sondern was man kann”, skizzierte Brandstötter.
(apa/bf)
Titelbild: APA Picturedesk