Mittwoch, März 19, 2025

Hinrichtungen: Taliban machen Jagd auf Journalisten

Hinrichtungen:

Berichte bestätigt: Die Taliban gehen von Haus zu Haus und töten Journalisten. Auch Mitarbeiter deutscher Medien und ihre Angehörigen wurden hingerichtet. Einstweilen versuchen Zehntausende unter Lebensgefahr, den Kabuler Flughafen zu erreichen.

Kabul, 20. August 2021 | Die ganze Woche über mehrten sich Berichte von Verhaftungs- und Todeslisten, mit denen die Taliban von Haus zu Haus gingen. Jetzt ist bestätigt: Taliban-Kämpfer suchen gezielt nach den Häusern, in denen Journalisten leben, um sie zu ermorden. Das berichten unter anderem “Deutsche Welle” (DW) und “BBC”. Amdadullah Hamdard, ein Übersetzer, der für die “Zeit” arbeitete, wurde in Dschalalabad am 2. August auf offener Straße durch Schüsse hingerichtet. Einen Journalisten der “Deutschen Welle” konnte ein Taliban-Kommando nicht finden – er arbeitet mittlerweile in Deutschland. Stattdessen erschossen die Terroristen einen Angehörigen des Mannes und verletzten einen weiteren schwer. Die übrige Familie konnte knapp entkommen. Die Häuser von zwei weiteren DW-Journalisten wurden durchsucht. Es gibt zahlreiche verlässliche Berichte von afghanischen Journalisten, die von den Taliban aufgespürt und getötet wurden.

Doch die neuen Herrscher Afghanisatns suchen nicht nur nach Journalisten. Der “BBC” liegt ein vertrauliches Dokument der UN vor. Demnach gingen Taliban in afghanischen Städten von Haus zu Haus, um nach “Kollaborateuen”, also Polizisten, Armeeangehörigen und Beamten der Regierung zu suchen. Eine “große Zahl von Personen” befände sich zur zeit “im Visier” der Taliban. Die Ermordung von Familienmitgliedern wie denen des DW-Journalisten hat System. Die Taliban lassen die Gesuchten wissen: Wer sich nicht stellt, dessen Familienmitglieder werden “verhaftet, verhört und bestraft”, wie Christian Nellemann, der Verantwortliche für den UN-Bericht festhält. Nellman warnt vor Massenhinrichtungen von Regimegegnern.

Der Flughafen als trügerische letzte Hoffnung

Nach der Besetzung Kabuls hatten die Taliban versprochen, dass es keine Racheakte geben würde. “Wir versichern den Menschen in Afghanistan, dass ihr Eigentum und ihr Leben sicher sind,” sagte ein Sprecher der Terrororganisation. “Wir sind Diener des Volkes und des Landes.” Trotzdem versuchen Zehntausende, den Hamid Karzai-Flughafen von Kabul zu erreichen, in der Hoffnung, von den abziehenden NATO-Streitkräften oder diplomatischen Missionen mitgenommen zu werden. Ein Sprecher der NATO teilte am Freitag mit, dass auf diese Weise bisher 18.000 Menschen in Sicherheit gebracht wurden. Die Taliban kontrollieren jedoch die Zugänge zum Flughafen. Sie entscheiden, wer durchgelassen wird und wer nicht. Videos zeigten Menschen, die sich an startende Flugzeuge klammerten und in den Tod stürzten. Frauen reichen Soldaten ihre Kinder über den Zaun, um wenigstens sie zu retten.

Junge Afghanen, die das Land verlassen wollen, vor der Botschaft des UK.

Taliban-Kämpfer vertreiben Menschen mit Peitschen und Warnschüssen aus der Umgebung des Flughafens. Nicht immer schießen die Terroristen in die Luft. Eine Sprecher der Taliban sagte gegenüber den Nachrichtenagentur Reuters, dass bisher zwölf Menschen beim Versuch, den Flughafen zu erreichen, getötet wurden. Eine Frau berichtet, dass sie angehalten wurde, weil sie ohne männlichen Begleiter unterwegs war. Auch Menschen mit gültigen Visa können die Checkpoints der Taliban oft nicht passieren. Videos zeigen, wie US-Soldaten Tränengas gegen verzweifelten Menschen einsetzen, die versuchen, auf das Flughafengelände zu gelangen.

(tw)

Titelbild: APA Picturedesk

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