Donnerstag, März 28, 2024

Türkis-grüne Streitthemen – Afghanistan und Chorherr

Afghanistan und Chorherr

In der türkis-grünen Regierung gehen die Scharmützel weiter. Diskussionen lieferten sich die beiden Koalitionspartner auch am Montag sowohl um eine Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan als auch um die Causa Chorherr.

Wien, 23. August 2021 | Den Parteiaustritt der früheren Wiener Parteichefin Birgit Hebein, die diesen Schritt mit der Flüchtlingspolitik begründet hatte, wollte die grüne Bundespartei am Montag nicht kommentieren.

Nachdem Bundeskanzler Sebastian Kurz am Wochenende die Ablehnung der ÖVP zur zusätzlichen Aufnahme von Flüchtlingen bekräftigt hatte, plädierten nun am Montag die Grünen für eine “europaweite Initiative zur humanitären Aufnahme von Schutzsuchenden”, wofür auch Österreich Ressourcen zur Verfügung stellen müsse. “Österreichs Anstrengungen im Rahmen der EU müssen sich auf die Hilfe in Afghanistan, für eine Versorgung der Geflüchteten in den Nachbarstaaten und die sofortige Evakuierung all jener, die um ihr Leben fürchten müssen, konzentrieren. Europa trägt hier klar Verantwortung, die akut von Taliban-Gruppen gefährdeten Menschen wie Frauen, Kinder und Menschenrechtsaktivist*innen unbürokratisch Zuflucht zu gewähren”, hieß es in einem der APA übermittelten Statement der Grünen. Und weiter: “Dazu braucht es eine europaweite Initiative zur humanitären Aufnahme von Schutzsuchenden. Österreich muss die nötigen Ressourcen und Expertise zur Verfügung stellen und bereits laufende Familienzusammenführungen abschließen.”

“Völlig inhumane Botschaften”

Die Grünen bekräftigen auch, Abschiebungen nach Afghanistan “kann und wird es nicht geben”. Es sei sinnvoller, jetzt sofort das europarechtlich Mögliche zu tun “als auf nationaler Ebene wiederholt rechtlich unmögliches zu diskutieren. Wer die Menschenrechtskonvention in Frage stellt, stellt die Grundfesten unseres Europas in Frage”, richten die Grünen ihrem Koalitionspartner aus. Und der oberösterreichische Grünen-Chef und stellvertretende Bundessprecher Stefan Kaineder ergänzte gegenüber der APA: “Die Kanzlerpartei ÖVP pflegt aus strategischen Gründen ihr Hardliner-Image, dem die Grünen angesichts der dramatischen Lage nichts abgewinnen können.” Tirols Grünen-Klubobmann Gebi Mair warf Kurz vor, “völlig inhumane Botschaften zu verbreiten, die aber mit der Realität des Rechtsstaates nichts zu tun haben”.

Kurz hatte am Wochenende eine Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan erneut abgelehnt und stattdessen dafür plädiert, den Menschen in den Nachbarstaaten Afghanistans zu helfen. Österreich beherberge bereits eine der größten afghanischen Communities Europas. Er sei deshalb “nicht der Meinung, dass wir in Österreich mehr Menschen aufnehmen sollten”. “Das wird es unter meiner Kanzlerschaft nicht geben”, hatte der Bundeskanzler mit Verweis auf die “besonders schwierige Integration” von afghanischen Asylsuchenden hierzulande betont.

Causa Chorherr sorgt für Streit

Als nächstes Konfliktfeld tat sich die Causa Chorherr auf. Nach einem Bericht des Nachrichtenmaganzins “profil” sollen Mails von Immo-Investor Michael Tojner auf einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen der Widmung des Heumarkt-Projekts im Wiener Gemeinderat und einer 5.000-Euro-Spende an den Schulprojekts-Verein des ehemaligen Wiener Planungssprechers der Grünen, Christoph Chorherr, hindeuten. Daraufhin warf am Sonntag der türkise U-Ausschuss-Fraktionschef Andreas Hanger den Grünen eine möglicherweise gekaufte Politik während ihrer Regierungsbeteiligung in Wien vor. Das wiederum wertete Kaineder am Montag als leicht durchschaubares Ablenkungsmanöver. “Die Grünen haben im U-Ausschuss einen ganzen Berg an schwarz-blauen Fragwürdigkeiten abgetragen und die ÖVP wirft jetzt mit Kieselsteinen zurück”, so Kaineder gegenüber der APA.

Nochmals zurück zur Flüchtlingspolitik: Der oberösterreichische FPÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner forderte am Montag, Flüchtlinge direkt an der Grenze abzuweisen. Und zur “Wahrung der nationalen Sicherheit” sowie der “Ruhe und Ordnung” will er straffällige Migranten, die nicht abgeschoben werden können, in Anhalte-Zentren festsetzen.

Ganz anders der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), der an die Bundesregierung appellierte, zumindest einigen besonders gefährdeten Menschen aus Afghanistan in Österreich Schutz und Zuflucht zu gewähren. Hilfe vor Ort in der Region und die legale sowie über das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR geregelte Aufnahme von Menschen in Österreich dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. Es brauche beides, heißt es in einer Erklärung des ÖRKÖ-Vorstands.

(bf/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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13 Kommentare

  1. Nehmen wir doch lieber alle anderen, denen es dreckiger geht als den Afghanen, Syrern, Afrikanern, Indern, …

  2. Türkis-grüne Streitthemen. Mit wem streitet die ÖVP (egal ob schwarz oder türkis) eigentlich nicht? Totalitäre Machtfantasien. Um ihrer selbst Willen. Nur.

  3. Sind besonders schwer zu integrieren…Wie wärs wenn glaubwürdige Integrationsangebote geschaffen werden statt laufend Schikanen wie die Ghettosierung in aufgelassenen Alteinrichtungen, Verurteilung zur Untätigkeit, sehr schwer zu bewältigende Hürden für Deutschprüfungen (B1), skandalöse Verhöre zum Asylgrund – Interviews genannt, sprechen zu lassen? Ein jeder anfghanischer UmF ist davon überzeugt dass alles erwünscht ist was sie anlangt nur nicht das sich Integration und damit Bleibegrund einstellt.
    ,

  4. Die Grünen müssen jetzt noch schaun’, dass sie die Taschen voll bekommen, nach der nächsten Wahl gibt’s auch keine Versorgungsposten mehr für die moralflexible Einsperrerpartei.

  5. Der fuchtelprediger vom dienst ist wieder zurück vom schließen der balkanroute.

  6. Es muss schon erniedrigend sein wenn man sich als Würdenträger der Partei der moralisch über allen anderen stehenden Menschen nun so rausreden muss und so dahinwurschtelt.

  7. Schockierend, Kurz im modischen Slimfit Anzug, jugendlich fesch und eloquent verbreitet Botschaften die einen ob der Kaltherzigkeit und Mitleidlosigkeit das Blut in den Adern gefrieren lassen. Zu krass sind die Bilder die aus Afghanistan kommen. Anschließend noch das weinerliche Gewinsel eines Innenministers ob der bösen EU die doch glatt verlangt Österreich möge doch noch Flüchtlinge aufnehmen. Ein Auftritt der beiden der einen sprachlos zurücklässt. Sprachlos ob der Kaltschnäuzigkeit von Menschen die eigentlich Verantwortung für Menschenleben tragen sollten.

    • Firmungsanzug. Kann er sich keinen neuen spenden lassen? Man kriegt direkt mitleid mit dem armen

      • Maturaanzug. Für den Firmungsanzug muss er noch ein paar Liter Slimfit kippen.

    • An vorderster Front wieder einmal der Mann fürs Grobe, Herr Hanger.

    • Da ist er wieder der flexible einseitige Koalitionsvertrag, plastisch wie ein Objekt in einem Dalí-Gemälde, ausser für die Grünen halt.

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