Freitag, April 19, 2024

Wahlkampfkosten-Überschreitung: ÖVP blitzt mit Klage gegen »Falter« ab

Wahlkampfkosten-Überschreitung:

Der Vorwurf der Wochenzeitung “Falter”, dass die ÖVP bewusst geplant habe, die Kosten für den Wahlkampf 2019 zu überschreiten, ist laut einem Urteil des Oberlandesgerichts Wien zulässig.

Wien, 24. August 2021 | Dem “Falter” waren im Wahlkampf 2019 Unterlagen sowohl über den aktuellen als auch über den Wahlkampf der ÖVP 2017 zugespielt worden. 2017 hatte die ÖVP – das war bereits bekannt – die Kostengrenze massiv überschritten. Neu war im Bericht aber, dass die ÖVP die Überschreitung schon im Budget stehen hatte, während sie öffentlich noch die Einhaltung der Wahlkampfkosten zusagte. Außerdem schloss der “Falter” aus den Unterlagen, dass 2019 eine neuerliche Überschreitung bzw. die Verschleierung der tatsächlichen Wahlkampfkosten geplant gewesen sei. Letzteres wollte die ÖVP nicht stehen lassen und klagte auf Unterlassung.

Berufung der ÖVP nicht Folge gegeben

Im April hatte das Handelsgericht Wien zwar entschieden, dass der “Falter” die Behauptung, dass die ÖVP die Wahlkampfkosten-Überschreitung “vor dem Rechnungshof verbergen will”, unterlassen und widerrufen muss. Gleichzeitig wurde dem Wochenmagazin laut dem erstinstanzlichen Urteil aber erlaubt zu schreiben, dass “die ÖVP bewusst plane”, die gesetzliche Wahlwerbungsausgabenbeschränkung zu überschreiten und “bewusst die Öffentlichkeit über ihre Wahlkampfausgaben täuscht”.

Dagegen hatte die ÖVP berufen. Dieser Berufung hat das Oberlandesgericht Wien nun in seinem der APA vorliegenden Urteil vom 29. Juli (2 R 75/21w) “nicht Folge gegeben”.

“Zulässige wertende Schlussfolgerungen”

In seiner Begründung schreibt das Oberlandesgericht, dass die Grenzen zulässiger Kritik an Politiker im Allgemeinen weiter gesteckt sind als bei Privatpersonen und stellte fest: Insgesamt handle es sich bei den Behauptungen des “Falter” um zulässige wertende Schlussfolgerungen, die auch nicht exzessiv seien. Die dem “Falter” vorliegenden Dokumente rechtfertigen die gezogenen Schlussfolgerungen und Wertungen.

https://twitter.com/florianklenk/status/1429835725428625416

Und weiter schreibt das Oberlandesgericht: Die vom “Falter” veröffentlichten Dokumententeile “lassen die Deutung zu, dass darin Kosten zum Zweck der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben über die Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben ‘verteilt’ werden, wie es in den inkriminierten Texten gewertet wird. Darin liegt in einer Gesamtschau jedoch eine auf diesen Dokumenten fußende zulässige Kritik. Die Berufung ist daher nicht berechtigt.”

Eine Revision dagegen ist “nicht zulässig”, heißt es in dem Urteil des Oberlandesgerichts. Die ÖVP werde aber “Rechtsmittel in Form einer außerordentlichen Revision” einlegen, kündigte ein Sprecher der Partei auf Anfrage der APA an.

(mst/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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41 Kommentare

  1. Es braucht nur einen langen Atem, aber wenn der Stein mal rollt……
    Weiter so – es gibt VIEL zu tun!

  2. In einer rechtstaatlichen Demokratie müsste die einzig logische Konsequenz eine Wiederholung des Wahlkampfs und der Wahl sein, wobei die Wahlkampfkosten derjenigen Parteien, die ebenso zur betroffenen Wahl aufgestellt waren und sich dort an die gesetzlichen Regeln gehalten haben, zur Gänze von der Partei getragen werden, die sich bei dieser mit unlauten Mitteln einen entscheidenden Vorteil verschafft hat.

    • das Wahlbudget hat doch nicht im Geringsten mit dem Wahlergebnis zu tun

      ich bin mir ganz sicher, dass sich jeder Österreicher und jede Österreicherin vor jeder Wahl täglich mehrere Stunden eingehend und kritisch mit dem Wahlprogramm der jeweiligen Parteien auseinandersetzt und dann gut überlegt seine Wahl trifft
      Budgetfresser wie klassische Außenwerbung oder Medienwerbung werden kaum zur Meinungsbildung beitragen

      • Liebe Beduerfnismaschine, ich nehme doch stark an, daß Ihr Beitrag ironisch gemeint ist?

        • wer das nicht als Satire erkennt ist, ist bei diesem Medium an der falschen Adresse und sollte lieber zu Hangers Beiträgen wechseln

  3. Viel wichtiger wäre es die Strafe für eine solche Gesetzesübertretung empfindlich zu erhöhen.
    Die wenigen Euro zu der die türkise Familie verurteilt wurde verursachten selbiger heftigstes Bauchweh.
    Wegen der Lachkrämpfe, die sie deshalb bekamen.
    Auch wäre interessant zu eruieren, wie die Familie den letzten extrem teuren Wahlkampf finanziert hat-Raiffeisen hatte den Kreditrahmen bereits limitiert.
    Das müßten dann einige tausend 49.000.- Eur Spenden gewesen sein…

  4. Es macht mich traurig, dass es Gerichte bedarf, um die Wahrheit festzustellen. Es macht mich traurig, weil es bedeutet, dass Politiker uns nicht die Wahrheit sagen. Es macht mich traurig, dass eine politische Partei eine Zeitung klagt, wenn sie über Tatsachen berichtet, obwohl sie weiß, dass die Tatsachen wahr sind, oder dass eine politische Partei ihre Finanzen so überhaupt nicht im Griff hat und der Überblick fehlt, was die Leute wirklich tun.

    Das alles macht mich traurig, auch wenn ich mich freue, dass es Gerichte gibt, die sich trauen, politisch nicht opportune Urteile zu fällen.

    Die ganze Klagerei macht mich traurig. Und traurig macht mich auch, dass die geklagt werden, die ordentlich recherchieren. Dass die nicht geklagt werden, die schlampig und unüberprüft Meldungen aus Regierungsvorlagen übernehmen.

  5. Wenn man bewusst plant, eine gesetzlich festgelegte Grenze zu überschreiten, dann darf man diejenigen, die das zu verantworten haben als vorsätzliche Gesetzesbrecher bezeichnen. Richtig?

  6. Wahlkampfkostenüberschreitung. Strickmuster “Investment”. Wo gelernt? Bei wem studiert?

    Bravo “Falter”, Bravo Dr. Noll!

    • die spö müsste darauf eine schadenersatzklage für verlorene stimmen und v.a. verlorene posten einbringen

  7. Alles andere wäre auch eine Überraschung gewesen….

    Wer die Türkisen nicht schon beim Reden als Lügner & Betrüger erkennt, der sollte schlicht an seiner Menschenkenntnis arbeiten.

  8. Finde ich löblich von den Türkisen, dass sie das Rechtsmittel der außerordentlichen Revision einlegen, und sie damit noch eine weitere Instanz bestätigen lassen, dass sie vorsätzliche Rechtsbrecher sind. Gut so!

  9. Das wäre ja noch schöner, wenn sich jeder Betrüger und Verbrecher einfach frei Klagen könnte.

  10. Man sollte in so einem Fall die Parteienförderung gestrichen bekommen. So rechnet es sich sogar die Wahlkampfkosten zu überschreiten.

    • 1 Mrd. Strafe aus der Parteikassa + Aberkennung aller gewonnenen Stimmen als ungültige Stimmen und Sperre für die nächste Wahl dann wär es nicht mehr so lustig!

  11. Interessant auch für diejenigen, die keinen Unterschied zwischen dem jetzigen Österreich und Polen oder Ungarn sehen:
    In Polen und Ungarn würden Richter, die unliebsame Urteile fällen, von staatlich gelenkten Obergerichten gemaßregelt werden. Die würden sich so ein Urteil wie das hier nicht mehr trauen – die persönlichen Kosten wären zu hoch.

    Wenn Österreich via KKK (Kurz-Kickl-Koalition) die Justiz ganz der Exekutive unterwirft, läuft juristisch nichts mehr contra Regierungspartei – dafür für aber einiges contra Opposition und oppositionelle Medien.

    Es macht also Sinn, strategisch so zu handeln, dass eine KKK nicht zustande kommt.

    Im Moment kommt sie nicht,
    weil 1. der Kickl die Pandemie-Müdigkeit ausnützen will (und die ÖVP da nicht so verantwortungslos an den medizinischen Fachleuten vorbei handeln will),
    weil 2. Kickl hohe Ansprüche für den Fall seiner Regierungsbeteiligung stellt, um Kurz auf Augenhöhe gegenüberzustehen.

  12. Sehr erfreulich, ob diese Neuigkeit auch im KurzTV (früher ORF) vermeldet werden wird?

  13. Jetzt sollte die ÖVP in der Kronen Zeitung, der Presse, dem Kurier, dem Standard, der Wiener Zeitung,… sowie den Usern der Websites ….. über 4 Wochen lang ganzseitig, in einem Kasten mit doppelter Umrandung unter der 24 Punkt großen Überschrift „Bekanntmachung“ und im Übrigen in 18 Punkt großer Schrift „Bewusste Planung der Wahlkampfkostenüberschreitung der ÖVP“ sowie das Urteil des Oberlandesgerichtes veröffentlichen, und auf eigene Kosten (nachweislich ohne Verwendung von Steuergeld) bezahlen.

    Zeitgleich muß das Parteigesetz dahingehend verpflichtend abgeändert werden, dass Parteienförderungen welche aufgrund der Überschreitung vergeben werden werden, gänzlich für die betroffene Partei gestrichen werden.

    • … du meinst, so sollte es im Urteil stehen?
      ja, wäre eine angemessene Strafe, moralisch nachhaltig als auch finanziell.

      • Genauso!
        Solange es keine Konsequenzen für derartiges Verhalten gibt, werden sie auch künftig einen entsprechenden Posten im Budget vorsehen, nur wird das Kind einen anderen Namen haben, damit es nicht so offensichtlich ist.

  14. dieser wahlbetrug ist die ausgangslage für die grausliche situation, die wir jetzt haben
    und das ganze ohne echte sanktionen.
    Die ÖVP musste wegen der Wahlkampfkostenüberschreitung im Jahr 2017 eine Strafe in der Höhe von € 800.000,- bezahlen. Inklusive einer weiteren Strafe sind insgesamt € 880.000,- fällig, welche in der ÖVP-Buchhaltung (890.000) punktgenau auch schon im Voraus budgetiert wurden.

    das parteiengesetz gehört sofort geändert.

    die kosten für diese überschreitung bekommt die övp über die erhöhte parteienförderung wieder herein.

    wir alle bezahlen also diese chuzpe.
    und wir können nix dagegen tun.

    https://www.hagerhard.at/blog/2020/01/ba-ba-bankueberfall/

    • Das geht mir ja so gegen den Strich, das nicht einmal die Wahl legitim ist mit der diese Verbrecher ihre 37% begründen und das schon zum zweiten Mal! Keiner braucht zweimal raten wie es Ende 2025 aussehen wird, wenn man ihnen nicht bald das Handwerk legt.

  15. Und was ist die Konsequenz daraus – muss die ÖVP nun Strafe zahlen oder was passiert? Wahrscheinlich gar nix und die Türkisen werden das bei der nächsten Wahl wieder machen, so sind sie.

  16. HERZLICHEN Glückwunsch!

    Eine Frage: Wie kann sich die (fast bankrotte) ÖVP so viele Klagen leisten?

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