Freitag, April 19, 2024

Britischer Verteidigungsstaatssekretär hält Anschlag binnen Stunden für möglich – Kabul

Kabul

Ein Vertreter der britischen Regierung hält einen Terroranschlag am Flughafen in Kabul binnen Stunden für möglich. Auf die Frage des Senders Sky News, ob sich ein Anschlag innerhalb der nächsten Stunden ereignen könne, sagte Verteidigungsstaatssekretär James Heappey am Donnerstag ausdrücklich “Ja”.

Wien, 26. August 2021 | Ein NATO-Diplomat appellierte, Drohungen von IS-Ablegern nicht zu ignorieren. Wegen der wachsenden Terrorgefahr sollen die internationalen Evakuierungsflüge bald beendet werden.

Zwar seien die Taliban für die Sicherheit außerhalb des Flughafens verantwortlich. Dennoch könnten Drohungen etwa von Ablegern der Extremistenorganisation “Islamischer Staat” (IS) nicht ignoriert werden, so der NATO-Diplomat weiter. Die westlichen Streitkräfte wollten unter keinen Umständen in eine Lage geraten, in der sie einen Angriff abwehren oder selbst in die Offensive gehen müssten. Die Taliban und der afghanische IS-Ableger ISIS-K gelten als verfeindet. “Unsere Kräfte riskieren auch ihr Leben am Kabuler Flughafen”, erklärte ein Taliban-Vertreter mit Blick auf einen möglichen Anschlag des IS.

Im Laufe der Woche seien sich die Geheimdienste immer sicherer darüber geworden, dass ein “ernsthafter, unmittelbarer, tödlicher Angriff” auf den Flughafen oder die von westlichen Truppen genutzten Zentren drohe, erklärte Heappey. “Während die Uhr bis zum Ende des Monats weiter tickt, müssen wir diese sehr, sehr reelle Bedrohung mit den Menschen in Kabul teilen und ihnen raten, sich vom Flughafen zu entfernen anstatt dorthin zu kommen”, erklärte der Staatssekretär.

“Sehr hohes Risiko eines Terroranschlags”

Der Sender Sky News zitierte zudem eine nicht genannte, hochrangige britische Quelle, die von einem “sehr hohen Risiko eines Terroranschlags” auf die Evakuierungsmission in Kabul sprach. Auch deutsche und US-Behörden hatten davor bereits gewarnt. Wann die britischen Evakuierungsflüge enden sollen, wollte Staatssekretär Heappey nicht genauer bekanntgeben. In den nächsten 24 Stunden sollten aber – wenn möglich – elf Flüge stattfinden.

Deutschland flog unterdessen 150 weitere Menschen aus Kabul aus. Der Flug ist einer der letzten Evakuierungsflüge der deutschen Bundeswehr. Sie wollte am Donnerstag mit vier Flugzeugen Menschen aus Kabul ausfliegen. Bis Freitag sollten dann auch die militärischen Kräfte weitgehend abgezogen sein. Frankreich will ab Freitagnachmittag keine Schutzsuchenden mehr evakuieren. Auch Spanien beendet am Freitag seine Evakuierungsfluge. Zudem stellen die Niederlande die Evakuationen ein. “Dies ist ein schmerzhafter Moment”, erklärte die Regierung in Den Haag in einem Brief an das Parlament. “Die Niederlande sind heute durch die Vereinigten Staaten informiert worden, dass sie abziehen müssen”, heißt es in dem Schreiben. Der letzte niederländische Flug sollte später am Donnerstag stattfinden. Belgien, Polen und Dänemark haben die Evakuierung von Menschen aus Afghanistan bereits beendet. Auch Ungarn hat seine zwei Militärmaschinen, die an den Evakuierungen beteiligt waren, abgezogen.

“Versagen” und “Untätigkeit” bei der Hilfe für Österreicher in Afghanistan warf die SPÖ unterdessen Außenminister Alexander Schallenberg sowie Bundeskanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP) vor. Andere Staaten hätten die Evakuierungen ihrer Staatsbürger schon vor einer Woche abgeschlossen bzw. würden diese von Verstecken abholen und sie zum Flughafen geleiten. Die Bundesregierung sage “unseren Mitbürger*innen lapidar, sie sollen sich selbst zum Flughafen durchschlagen. Das ZiB2-Interview mit dem Außenminister hat erschreckend deutlich gemacht, dass außer Showpolitik und Sprüchen kaum etwas übrigbleibt”, kritisierte SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried.

Türkei will nicht “Flüchtlingslager Europas” sein

Die Sicherung des Kabuler Flughafens ist trotz des Abzugs der türkischen Streitkräfte aus Afghanistan noch nicht vom Tisch. “Nachdem unsere Soldaten abgezogen sind, können wir den Betrieb des Flughafens fortsetzen. Die Gespräche laufen weiter”, sagte Präsidentensprecher Ibrahim Kalin dem Sender NTV. Angesichts einer möglichen Zunahme von Migration aus Afghanistan betonte Kalin, dass die Türkei nicht bereit sei, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Man sei “niemandes Flüchtlings-Lagerhalle”, sagte er. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte bereits vergangene Woche gesagt, die Türkei sei nicht das Flüchtlingslager Europas.

Südkorea teilte mit, dass das Land knapp 400 Afghanen aufnimmt. Die Regierung in Seoul kündigte Gesetzesänderungen an, damit Mitarbeiter von südkoreanischen Projekten in Afghanistan ein langfristiges Bleiberecht erhalten. Einwanderung ist in Südkorea ein heikles Thema. Vielen Koreanern ist es wichtig, eine weitgehend ethnisch homogene Bevölkerung zu bilden. Justizminister Park Beom-kye erinnerte daran, dass viele Koreaner während des Korea-Krieges 1950 bis 1953 internationale Hilfen erhalten hätten.

(bf/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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13 Kommentare

  1. Was für Riesen Arschlöcher die Westlichen Staaten allen voran die USA, GB, D, F, usw. Anstatt rechtzeitig Helfer, Frauen und Kinder zu Evakuieren, haben sie Junge Männer und Potenzielle Terroristen in den Westen geflogen, diese abgehobenen Politiker sind zum Kotzen, mir zerreißt es das Herz, wenn ich flehende und weinende Frauen und Kinder sehe die zurückgelassen werden, was für Arschlöcher seid ihr eigentlich wozu habt ihr eure scheiß super Waffen, um vor 60.000 Taliban zu Kapitulieren, 20 Jahre und 1000te Tote für nichts.

  2. Offenbar hat der Anschlag bereits stattgefunden. Am Abbey Gate vom Flughafen von Kabul. 13, 15, 50 Tote, nix genaues weiß man bis jetzt, weils ordentlich Chaos dort hat.

    • Heute liest man nix mehr davon. Hat’er stattgefunden? Oder nicht?

  3. “Die westlichen Streitkräfte wollten unter keinen Umständen in eine Lage geraten, in der sie einen Angriff abwehren oder selbst in die Offensive gehen müssten.”

    Ich dachte immer, dazu wäre die NATO da, um Angriffe abzuwehren.

    Geheimdienste…ernsthafter, unmittelbarer, tödlicher Angriff”….den Menschen raten, sich vom Flughafen zu entfernen anstatt dorthin zu kommen”…

    Geht es eigentlich noch verantwortungsloser und zynischer?

  4. Und, hat der Anschlag schon stattgefunden? Drohnen von den Amis? Oder mal UK Drohnen? Viiellecht auch deutsche Drohnen (owohl die nicht so toll fliegen)?

    • Die deutschen Drohnen fliegen zwar nicht so toll, dafür ist das deutsche Ramstein eine wichtige Reiaisstation für USA-Drohnen.

      Verschweigen ist eine verbreitete Manipulationsmethode. Aktuell wird Ramsteins Rolle im Drohnenkrieg der USA verschwiegen. Ramstein ist eine wichtige Relaisstation beim Einsatz der Drohnen der USA. In Afghanistan wurden viele Menschen durch Drohnen der USA getötet und viele verletzt. Dieser Drohneneinsatz hat dazu beigetragen, den Unmut gegen die NATO-Einsatzkräfte und das afghanische Militär zu steigern. Und damit wurde die Basis der Taliban gestärkt und erweitert. Das jetzt eingetretene Desaster hat also direkt mit dem Drohneneinsatz und mit Ramstein, nennen wir es Ramstein-1, zu tun. Auch dass Tausende von Menschen jetzt fliehen müssen, ist auch die Folge dieser Art von militärischen Einsätzen. Das pfälzische Ramstein ist also jetzt sowohl Drehkreuz für die Flüchtlinge als auch Ursache dafür, dass es diese Flüchtlinge überhaupt gibt. In unseren Medien und in den Erklärungen der Politikerinnen und Politiker kommt dieser Zusammenhang nicht vor. Bei ihnen gibt es nur Ramstein-2 – das Drehkreuz für die Hilfe. Albrecht Müller.

      https://www.nachdenkseiten.de/?p=75405

  5. Verteidigungsstaatssekretär hält …: Ein Wichtigtuer; das Geschehen hält sich nicht an, westliche Werte!
    “Drohungen von IS-Ablegern nicht ignorieren”, Massenvernichtungswaffen im Irak, der Mord in Libyen …

  6. “Ein Vertreter der britischen Regierung hält einen Terroranschlag am Flughafen in Kabul binnen Stunden für möglich. Auf die Frage des Senders Sky News, ob sich ein Anschlag innerhalb der nächsten Stunden ereignen könne, sagte Verteidigungsstaatssekretär James Heappey am Donnerstag ausdrücklich “Ja”.”

    Erinnert mich sehr an die Aussage Blairs, Irak habe Massenvernichtungswaffen und könne sie jede Minute einsetzen.

    Auch so kann man sich aus der Verantwortung stehlen.

  7. Afghanistan zeigt wieder, dass asymmetrische Kriege niemals endgültig gewonnen werden können. Da hat sich seit Vietnam nichts dran geändert. Und diese Erkenntnis ist langfristig für den Weltfrieden vermutlich gar nicht so schlecht, senkt es doch die Wahrscheinlichkeit von Angriffen von regionalen Grossmächten auf schwächere Länder.

  8. das sind sicher fake-news, lt Hr Karl N und Alexander Sch. ist Afghanistan ein sicheres Land

  9. Dann kann man ja, ohne das gesicht zu verlieren bedenkenlos abhauen und die afghanischen mitarbeiter im stich lassen.

  10. Die Taliban haben Verantwortung?
    …des is denen Dattel!
    Es wird erreicht dass keiner mehr weg kann und sich so der “Hinrichtung” widersetzen. Man kanns auch dem Feind in die Schuhe schieben. Seis dem IS oder CIA….
    Möglich ist Alles.

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