Vor Schulstart
WHO und Unicef sprachen sich am Montag strikt gegen neue Schulschließungen aus. Die Auswirkungen seien verheerend. Österreich öffnet den Schulherbst mit „Sicherheitsphase“.
Wien, 31. August 2021 | Keine neuen Schulschließungen – das forderten die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das UN-Kinderhilfswerk Unicef am Montag bei einer Pressekonferenz ein. Kinder hätten in den vergangenen 20 Monaten “massiv gelitten”, sagte WHO-Europa-Direktor Hans Kluge am Montag bei einer Pressekonferenz in Kopenhagen.
Psychische Folgen massiv
Die WHO empfiehlt Impfangebote für Lehrpersonal und für Kinder ab zwölf Jahren, Belüftungen in den Klassenzimmern, möglichst kleine Klassen, Abstand und regelmäßiges Testen. Corona habe für die “katastrophalste Unterbrechung der Schulausbildung in der Geschichte gesorgt”, sagte Kluge. Der Schulbetrieb sei neben dem üblichen Lernstoff absolut wichtig für die seelische Gesundheit und soziale Kompetenz von Minderjährigen. Schulen machten Kinder zu zufriedenen und produktiven Mitgliedern der Gesellschaft.
Das hat Auswirkungen: Kinderpsychiatrien sind nicht nur in Österreich schwer belastet, auch in Deutschland berichteten Experten über Engpässe in den Kliniken. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) ist das Problem bewusst. Auf Twitter schrieb er erst am Montag, das aktuell jeder dritte Jugendliche von psychischen Problemen belastet ist. Die Pandemie habe den psychischen Stress gesteigert.
Schulschließungen wurden in nur wenigen Staaten wirklich durchgeführt. So waren die Schulen in der Schweiz, Frankreich und in großen Teilen Deutschlands nur im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 geschlossen. Schweden sperrte nie zu und erließ auch keine Maskenpflicht.
Sicherheitsphase
Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) öffnet die Schulen mit einer „Sicherheitsphase“, damit die Schulen durchgehend geöffnet bleiben können. Heißt: dreimal die Woche testen und Maske außerhalb der Klasse für Schüler und Lehrer. Geimpfte Lehrer machen ebenfalls dreimal die Woche einen Antigentest, ungeimpfte Lehrer müssen zusätzlich einmal pro Woche PCR liefern.
Die Opposition ist sich uneins. Die SPÖ verlangt eine Verlängerung der Sicherheitsphase auf das ganze Schuljahr. Die Pläne Faßmanns seien nur “halbherzig”, so Bildungssprecherin Petra Vorderwinkler in einer Aussendung. NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre will dagegen die Sicherheitsphase durch eine 3G-Regel ab dem ersten Schultag ersetzt wissen. Außerdem stelle sich die Frage, warum Masken getragen werden müssen, wenn dreimal pro Woche getestet wird bzw. die 3G-Regel gilt.
Orban sperrt ganz auf
Die FPÖ fordert dagegen den Rücktritt Faßmanns. Statt Worte zur Schule hätten Faßmann und Mückstein nur „Impffanatismus“ auf Lager.
Auch ein Blick in die Nachbarländer lohnt sich. In Deutschland zeigt sich die Stimmung vor der Schulöffnung ebenfalls angespannt. Es wird mit ähnlichen Einschränkungen wie in Österreich geöffnet werden. Ganz anders dagegen Ungarn. EU-Gegner Viktor Orban hat seit Ende Mai alle Corona-Maßnahmen aufgehoben und lässt auch die Schulen ohne Corona-Einschränkungen öffnen. Dies sei möglich, „weil der Großteil der Lehrer und 168.000 Schüler über 12 geimpft wurden“, heißt es in einem Brief der Regierung an die Schuleinrichtungen. Man bittet die Eltern zudem, erkrankte (auch bei einer anderen Erkrankung) Kinder nicht in die Schule zu schicken. Masken und Tests fallen in Ungarn jedenfalls vorerst weg.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk