Donnerstag, März 28, 2024

Belarussische Oppositionelle Kolesnikowa zu elf Jahre Haft verurteilt

Die belarussische Oppositionelle Maria Kolesnikowa ist fast ein Jahr nach ihrer Festnahme im Zuge der Proteste gegen Machthaber Alexander Lukaschenko zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Das teilte das Gericht am Montag in Minsk nach Angaben belarussischer Staatsmedien mit.

Wien, 06. September 2021 | Die 39-Jährige hatte früher als Kulturmanagerin in Deutschland gearbeitet. Der mit Kolesnikowa angeklagte Anwalt Maxim Snak erhielt zehn Jahre Haft.

Das Urteil erging wegen angeblicher versuchter illegaler Machtergreifung. Der international kritisierte Prozess gegen Kolesnikowa und Snak hatte Anfang August begonnen. Die Oppositionelle hatte sich im vergangenen Jahr im Wahlkampf gegen Lukaschenko engagiert – als Managerin für den inhaftierten früheren Bankier Viktor Babariko, der Präsident werden wollte.

Kolesnikowa hatte mit Snak und anderen Lukaschenko-Gegnern den Koordinierungsrat für eine friedliche Machtübergabe in Belarus (Weißrussland) gegründet. Die Behörden des autoritär regierten Landes hatten ihr eine Verschwörung mit dem Ziel einer illegalen Machtergreifung sowie die Gründung und Führung einer extremistischen Vereinigung vorgeworfen.

“Absurde Anschuldigung”

Die Oppositionelle sprach in einem schriftlich geführten Interview des unabhängigen russischen Internetsenders Doschd von einer “absurden Anschuldigung”. Das sei ein weiteres Beispiel für die “Gesetzlosigkeit des Polizeistaates”. Kolesnikowa formte mit ihren Händen in Handschellen ein Herz in einem Gitterkäfig vor Gericht. Vor dem Gerichtsgebäude bildete sich eine lange Menschenschlange.

Wegen des Vorgehens gegen Andersdenkende hatten auch die EU und die USA wiederholt Sanktionen gegen Belarus erlassen. Der Machtapparat in Minsk zeigte sich davon stets unbeeindruckt. Lukaschenko, der als “letzter Diktator Europas” gilt, wird vor allem vom russischen Präsidenten Wladimir Putin unterstützt.

Zum Prozessauftakt waren Kolesnikowa und Snak in einem vergitterten Glaskasten in einem Gericht in der Hauptstadt Minsk gesessen. Zu der Verhandlung hinter verschlossenen Türen waren nur Staatsmedien zugelassen – nicht aber Familienangehörige. Die Urteilsverkündung am Montag war dagegen öffentlich.

Kolesnikowa war im Zuge der Präsidentenwahl vom 9. August vergangenen Jahres zusammen mit Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo international bekannt geworden. Die beiden anderen Frauen sind im Ausland im Exil. Nach den Fälschungsvorwürfen gegen die Präsidentenwahl hatte sich Kolesnikowa den Massenprotesten gegen Lukaschenko angeschlossen.

Von Geheimdienst entführt

Anfang September vorigen Jahres wurde die Aktivistin vom Geheimdienst KGB in Minsk entführt. Als sie in die Ukraine abgeschoben werden sollte, zerriss sie kurz vor dem Grenzübergang ihren Pass und vereitelte so Pläne, sie aus dem Land zu vertreiben. Kolesnikowa hatte immer wieder deutlich gemacht, den Kampf gegen Lukaschenko im Land zu führen.

Kolesnikowas Vater hatte dem deutschen Sender ARD gesagt: “Ich erwarte keine Überraschungen und natürlich kein gerechtes Urteil.” Dass seine Tochter inhaftiert sei, sei ihre eigene Entscheidung gewesen. “Ja, das ist eine mutige Tat. Ja, das ist auch eine Heldentat und ein Vorbild für viele.”

(bf/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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4 Kommentare

  1. Da sollte doch unser erster Marxist im Staate VdB seinen Freund Lukaschenko anrufen und intervenieren.
    Ist noch nicht so lange her, daß er ihn (übrigens als einziger europäischer Staatsmann), mit allen militärischen Ehren in der Hofburg empfangen hat.

    Da ging es doch nicht etwa um ein Exil für den (mit Hilfe eines schwarzen Abteilungsleiters des BVT) geflüchteten Milliardenbetrüger Marszalek, dessen Boss Braun im ThinkTank der türkisen Familie saß?

    Übrigens traf sich unser so sauberer Herr Soberl-seines Zeichens erster Nationalratspräsident, zu mehreren “Geschäftsessen” mit Marszalek in Russland.
    Jetzt wird auch die Präferenz von Sobotka für die Wiederwahl von VdB verständlicher.
    Oder ist VdB gar schon in die türkise Familie aufgenommen worden?

  2. Vielleicht kann uns Grete, die Russland Expertin, das genauer erklären

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