Freitag, April 19, 2024

RH-Präsidentin in ZIB2 – Wahlkampfkosten: ÖVP-Strafe zu niedrig

Wahlkampfkosten: ÖVP-Strafe zu niedrig

Die Strafe für das Überziehen der Wahlkampfkosten-Obergrenze ist Rechnungshofpräsidentin Kraker zu niedrig. Weil die Regierung trödelt, will sie einen Gesetzesentwurf vorlegen.

Wien 08. September 2021 | Ob die ÖVP die Wahlkampfkostenobergrenze 2019 wie schon zwei Jahre zuvor überzog, wird derzeit vom Rechnungshof geprüft. Präsidentin Margit Kraker nahm am Dienstagabend in der ZIB2 Stellung. Die Rechenschaftsberichte 2019 für SPÖ und FPÖ sollen demnächst veröffentlicht werden, bei der ÖVP wird sich das noch bis Jahresende verzögern.

Strafe zu niedrig

Laut Kraker werde ein umfangreicher Fragenkatalog abgearbeitet, um zu klären, ob die Kurz-Partei – wie von den Türkisen behauptet wird – die Wahlkampfkostengrenze eingehalten habe oder nicht.

Zwei Jahre zuvor hatte die ÖVP mit 12,96 Mio. Euro fast doppelt so viel ausgegeben wie erlaubt – und dafür lediglich 880.000 Euro Strafe gezahlt. Die Strafe für Überschreitungen hält Kraker für zu gering.

Regierung trödelt, Kraker prescht vor

Kraker kritisierte an den Regierungsparteien, dass nach der Ankündigung der Ausweitung der Rechnungshof-Prüfrechte wenig passiert sei. Eigentlich habe sie gehofft, dass bis Ende 2020 ein solcher Gesetzesentwurf der Regierung vorgelegt werde. Gekommen sei bis jetzt allerdings noch nichts von Regierungsseite. Deswegen werde der Rechnungshof nun selbst einen Gesetzesentwurf vorlegen. “Ich will einen Entwurf machen, der natürlich nur eine Diskussionsgrundlage für die Parteien sein kann, aber das soll die Debatte wiederbeleben”, sagte Kraker. Der Entwurf soll in etwa vier Wochen vorliegen.

Das ganze System der Kontrolle der Parteifinanzen sei für den Rechnungshof unbefriedigend, so Kraker. Ihr Entwurf soll neben dem echten Prüfrecht für den Rechnungshof auch einen zeitnahen Bericht zu den Wahlwerbungsausgaben der Parteien enthalten. Aber auch eine klarere Definition, was unter parteinahen Organisationen zu verstehen ist.

Plötzlich: Regierung will bald Gesetz vorlegen

Am Mittwoch reagierten die Regierungsparteien auf Krakers Kritik. Die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer sagte im APA-Interview, dass der Regierungstext sehr weit sei. “Wir werden in den nächsten Wochen den anderen Fraktionen einen Entwurf vorlegen”, kündigte Maurer an.

Maurer begrüßte “ausdrücklich den Vorstoß der Rechnungshofpräsidentin”. Die Expertise des Rechnungshofes sei unbestritten. Der Rechnungshof sei die Institution, die am besten über die Parteienfinanzierung in Österreich Bescheid wisse. Sie wolle Präsidentin Kraker einladen, dem Parlament ihre Vorschläge zu präsentieren. Die Verhandlungen zwischen ÖVP und Grünen seien aber generell weit gediehen, so die Grüne.

Deutlich kürzer war die Reaktion der ÖVP zu Krakers-Vorschlag: “Wir freuen uns über den Input des Rechnungshofes. Wie im Regierungsprogramm vorgesehen, wird dieser Punkt von der Bundesregierung auch abgearbeitet.” NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos begrüßte die Ankündigung Krakers ebenfalls. Die NEOS würden diese Initiative jedenfalls unterstützen, sagte Hoyos und verwies auf die zahlreichen inhaltlichen Vorschläge zu diesem Thema seiner Partei.

(bf/apa)

Titelbild: screenshot/orf/zib2

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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12 Kommentare

  1. Es gibt nur eine Strafe die sicher hilft! Soviel Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze in Prozenten soviel Abzug an Simmen in Prozenten. Bei der nächsten Wahl gäbe es keine Überschreitung der Kosten mehr.

  2. € 880.000,- Strafe
    Oder wie Kurz sagen würde: Weniger als ein Wochenbudget für Regierungswerbung.

    Nachdem Basti sein Sparschwein nicht schlachten wird,
    zahlt die Republik via Parteienförderung die Strafe an die Republik.

  3. Sauerei 1-die Strafe für ein solches Vorsatzdelikt ist viel zu gering;
    Sauerei 2-nicht die türkise Familie bezahlt die lächerliche Strafe, sondern wir, der Pöbel;
    Sauerei 3-bzw. Lachnummer: Frau Maurer gibt (gottseidank selten genug) einen Kommentar ab.
    Spätestens im Parlament, wenn die Opposition einen Antrag für eine Straferhöhung einbringt, wird sich das Kopferl (auf Anweisung vom türkisen Gust) wieder senken und Frau Maurer von der DabeiPartei nicht die Hand heben, bzw. aufstehen.
    Bigotterie vom Feinsten, aber das Fressen kommt ja bekanntlich vor der Moral…

  4. Die Strafe sollte mindestens das Dreifache des überschrittenen Betrages betragen. Alles andere ist ein Witz.

  5. Kann es sein, das sich die ihre Strafen selbst gestalten?
    Es gilt die Unschuldsvermutung.

  6. Frau Kraker scheint eine der wenigen lobenswerten Ausnahmen in der heutigen Politik zu sein. Kennt sich aus, nimmt kein Blatt vor den Mund und ist wohl mit ihrer Behörde auch unabhängig genug. Die Türkisen haben recht handzahm reagiert. Ändern wird sich wohl trotzdem nix mit dieser türkisgrünen Thrombose am Bein der Demokratie.

  7. Die Strafen für das Überziehen der Wahlkampfkosten sind ein Witz. Da lacht sich der Kurze nur ins Fäustchen.

  8. Ich habe mich schon immer gefragt wie diese wirklich kompetente Frau den Job bekommen hat, noch dazu auf ÖVP Ticket. Vielleicht hat sie sich dumm und unterwürfig gestellt beim Hearing?

  9. Ein wirklich bemerkenswertes Interview
    über Parteienfinanzierung, Klimabericht, Wahlkampfkosten, Rechenschaftsbericht der Parteien für 2019, einen geplanten Gesetzesentwurf des RH, Weltuntergang und Coronahilfen.

    https://youtu.be/iFR_fNQfzIM

  10. Selbst wenn sich die Strafe für Wettbewerbsverzerrung durch Wahlkampfkostenüberschreitung auf 10 Millionen erhöht, wird das nichts bringen, wenn Oligarchenfamilien das finanzieren.

    Es muss unbedingt auch der Entzug des passiven Wahlrechts für die Verantwortlichen damit verknüpft werden. Wettbewerbsverzerrungen sind für eine Demokratie nicht tragbar.

      • Das denke ich auch. Herr Graf hat 50 Millionen Dividendenausschüttung erhalten, habe ich gelesen, die Coronahilfen sind angekommen. Ich sehe eben keine Möglichkeit, dass es über Geldzahlungen dauerhaft zu beregeln ist. Erst mit drohendem Amtsverlust und dass man sich keiner Wahl stellen darf, wenn man falsch spielt, kann das einen abschreckenden Effekt haben. Eine Million € macht Herr Graf, habe ich gelesen, ja ganz gern als Geschenk. Die Refinanzierung erfolgte via Corona-Hilfen zum Beispiel dann über den Steuerzahler. Und das geht einfach so nicht.

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