Mittwoch, April 24, 2024

Das BKA hört und sieht alles – Deutsche Ermittler setzten insgeheim Spionagesoftware ein

Deutsche Ermittler setzten insgeheim Spionagesoftware ein

Die Verwendung der mächtigen Spionagesoftware „Pegasus“ im deutschen Bundeskriminalamt (BKA) ist aufgeflogen. Innenminister Horst Seehofer (CSU) will davon nichts gewusst haben.

 

Wien/Berlin, 08. September 2021 | Jetzt ist es offiziell: Deutschland hat die Spionagesofware “Pegasus” eingesetzt. Nach mehreren unbeantworteten Anfragen aufgrund von „staatswohlbegründeten Geheimhaltungsinteressen“ sorgte die geheime Tagung des deutschen Innenausschusses, an dem auch Oppositionspolitiker beteiligt sind, am Dienstag für Aufregung. Die Vizepräsidentin des Bundeskriminalamts (BKA), Martina Link, ließ damit aufhorchen, dass die hochumstrittene Spionagewaffe „Pegasus“ auch in Deutschland zum Einsatz gekommen war. Das berichteten deutsche Medien.

Pegasus ist eine Spionagesoftware, die Apple- und Android-Handys infizieren und dort auf sämtliche Daten zugreifen kann. Pegasus kann von sich aus Kamera und Mikrofon einschalten. Ermittler können sowohl live Unterhaltungen mitverfolgen, als auch Daten absaugen. Verschlüsselungssoftware ist gegen Pegasus wirkungslos, weil die Software Nachrichten bereits abgreift, bevor sie verschlüsselt werden. Der Trojaner kann ohne Zutun des Handynutzers aus der Ferne installiert werden. Bemerkt das Programm, dass nach ihm gesucht weird, kann es sich selbst wieder löschen. Und: Das israelische Unternehmen NSO, das Pegasus verkauft, kann genau nachvollziehen, wer was mit der Software tut.

Laut deutschem Recht ist der Einsatz so eines Werkzeugs illegal. Link zufolge habe das BKA mit einer schwächeren Version der Überwachungssoftware gearbeitet, die mit deutschem Recht vereinbar sei. Oppositionspolitiker von den Grünen, der FDP und Die Linke bezweifeln das. Das BKA greift auf Pegasus zurück, weil die Entwicklung eines eigenen Staatstrojaners misslang. Die Entwickler scheiterten an den Hürden, die von den Handy-Betriebssystemen aufgestellt werden. In anderen Staaten wurde Pegasus zu illegalen Zwecken eingesetzt. Ungarn wird verdächtigt, mit der Software kritische Journalisten auszuspionieren. Der von Saudi-Arabien getötete Journalist Jamal Khashoggi wurde vor seiner Ermordung mittels Pegasus überwacht.

Wer hört noch zu?

Ob weitere Dienste mit der Cyberwaffe spionierten, bleibt vorerst unklar. Auf ZackZack-Anfrage bei „Die Linke“ und „Bündnis90/Die Grünen“ hieß es, dass man das noch nicht wisse. Konkret geht es um den Militärischen Abschirmdienst, den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, sowie das Zentrum für Cyber-Operationen der deutschen Bundeswehr. Österreichs Verfassungsministerin Karoline Edtstadler erklärte im Juli, dass Pegasus ihres Wissens in Österreich nicht eingesetzt werde.

In Erklärungsnot ist nun Deutschlands Innenminister Horst Seehofer (CSU). Denn laut Angaben des BKA war das Innenministerium über den Kauf des israelischen Spionagetools informiert gewesen. Der Minister selbst will davon jedoch nichts mitbekommen haben. Demzufolge habe sich das BKA selbstständig dazu entschieden, Pegasus zu kaufen.

Entsetzen bei der Opposition

Für den Grünen-Politiker Konstantin von Notz ist die Anschaffung der Cyberwaffe ein „Alptraum für den Rechtsstaat“. Er wolle, ähnlich wie der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Frank Überall, wissen wer „konkret die Verantwortung für den Kauf und den Einsatz der Spionage-Software trägt“ – eine offensichtliche Kritik an Innenminister Seehofer, der nun „die Karten auf den Tisch“ legen müsse. Für den FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser ist die Kooperation der „Bundesregierung und ihrer Sicherheitsbehörden mit der NSO Group naiv und gefährlich“. Die Vizevorsitzende der Linken, Martina Renner, stellte schon in der Vergangenheit Anfragen bezüglich Pegasus an die Sicherheitsbehörden. Sie vermutet, dass man das Parlament „bewusst im Unklaren“ lassen wollte. Die Irreführung prangerte auch von Notz an: „Auf entsprechende parlamentarische Nachfragen verweigerte die Bundesregierung dennoch die Antwort und versuchte sich über den Wahltag zu retten. Mit dieser Abwehrposition ist sie krachend gescheitert. Wir verlangen vollständige Aufklärung.”

(dp/tw)

Titelbild: APA Picturedesk

DanielPilz
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Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.
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28 Kommentare

  1. DSGVO
    da gibt es ja personenbezogene Daten, und personenbezogene Daten mit besonderen Kategorien, auch “sensible Daten” genannt.
    Das wären, genetische, religiöse, Gesundheits- u. sex. Orientierung-Daten ect…und das steht auch in dieser Kategorie der Datenschutzgrundverordnung…Daten zu schützen,

    >”bei denen die rassische und ethnische Herkunft hervorgeht”Das Konzept der Rasse ist das Ergebnis von Rassismus, und nicht dessen Voraussetzung<

    Ethnische Zugehörigkeit bezeichnet einen Menschen oder eine Gruppe, die für die Mehrheitsbevölkerung fremd erscheint, durch Sprache, Sitten und Kultur…

  2. Ich will mir die Kombination von Nehammer und Pegasus nicht einmal gedanklich vorstellen 🤢, es sei denn sie arbeiten mit der Schramböck zusammen dann wird es eh nix.

  3. Die eigene Softwareentwicklun war ja nur Nebelgranate.
    Es sollte der Eindruck entstehen:
    “Solang Sie entwickeln habens noch nichts.” In der Zwischenzeit aber…

  4. Hammer, Pegasus ist schon ein ordentliches Kaliber! Wäre interessant ob der BK deshalb so ein intimes Verhältnis zum Bibi hat. Wer weiß schon welche Geschenke er aus Israel mitgebracht hat.
    Und was würde der gelernte Österreicher dazu sagen?
    “Des ist mir egal, i hob eh nix zu verbergen und des tuan andere a.”

  5. Haha, Überraschung?! Was möglich ist, wird gemacht. Jedes Regime handelt so.

  6. Glaubt eigentlich irgend jemand dass das nicht in allen Staaten passiert? Datenschutz ist nur eine leere Phrase genau wie Rechtsstaat das Recht ist die Hure der herrschenden Klasse und genauso ist es mit den Daten die werden gehandelt gestohlen gebogen und verfälscht und wer nicht dazugehört ist dem Morast der herrschenden Klasse ausgeliefert. Gutes Beispiel das Spiel mit der Plandemie. Da wird gelogen unterdrückt verbogen und gefälscht denn eine Pandemie gibt es nicht mehr.

    • Als die DDR zusammenbrach, war die Empörung über die Stasi Methoden übergroß. Viele der angewandten Methoden waren durch die Verfassung der DDR nicht gedeckt! Sozusagen inoffiziell.

      Dieses Versäumnis haben die meisten Staaten Europas mittlerweile bereinigt. Das, worüber man sich damals echauffierte, gehört heute zu den offiziellen und etablierten Methoden!
      Keine Empörung mehr, nicht einmal dann, wenn die Existenz einzelner Bürger zerstört wird!

  7. Entweder hat Seehofer davon gewusst, oder er hat seine Behördenleiter nicht im Griff, vielleicht kommuniziert er auch nicht mit ihnen, jedenfalls braucht es Aufklärung.
    Und dann könnten ja auch Infos über allfällige österreichische Zusammenarbeit ein bisschen Licht der Aufklärung bringen.

  8. Big Brother is watching us. Nur Seehofer haben sie nichts davon gesagt, der Arme.

  9. Liebe Redaktion, bitte den Artikel ganz schnell Korrektur lesen – tun weh die ganzen Rechtschreibfehler🙈 und bitte auch die „dass“ statt „das“

  10. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass Christian Pilnacek bei der Anhörung vor dem VfGH, die letztlich das weitgehende Kippen des Türkis-Blauen Überwachungspaketes zur Folge hatte, auf die Frage eines Verfassungsrichters, wie denn der Beschaffungsvorgang für so eine Spionagesoftware aufgesetzt werden solle und welche Anbieter dafür in Frage kämen gemeint hat, dass eine „Israelische“ Überwachungssoftware in Frage käme. …

  11. ZZ sollte eher nachfragen bzw. recherchieren, ob das bei uns auch passierte bzw. ob die Software gekauft wurde.

  12. Empfinde als alter Ossi immer wieder leichte Häme, dass Geheimdienste immer noch das tun, was ihre Aufgabe ist und sich dabei von Menschenrechten, Gesetzen und Rechtsstaatlichkeit nicht abschrecken lassen. Alles was möglich ist, wird genutzt, so war es immer schon und so wird es immer bleiben. Kein Dienst wird den Vorteil eines besseren Mittels zur Aufklärung freiwillig ablehnen. Das scheinheilige Geschrei von Parteien, die selber aktiv die Aufklärung von Justizskandalen (z.Bsp. den Fall Oury Jalloh in Sachsen-Anhalt, NSU-Komplex) verhindern, kann man doch nicht ernst nehmen. Gerade die Grünen schreien in der Opposition umso lauter, je mehr sie in Regierungsbeteiligung buckeln.
    Vor Jahren wurde von Snowden und anderen eindeutig gewarnt, dass Smartphones ein verlängerter Arm von Geheimdiensten sind. Eine Wanze, die man selbst bezahlen darf. Es sollte niemanden wundern, dass Geheimdienste sich auch gegen Recht und Gesetz hier bedienen.

    • Das Buch “Der zweite Tod meines Vaters” von Sohn Michael Buback ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die noch an den Rechtsstaat glauben.

      • Auch so eine finstere Sache. Die haben Leichen bis zum Dachboden im Keller. Ich fand auch Horst Herolds Wirken und Biographie immer sehr interessant; führt Rasterfahndung ein, will das auch zur Verbrechensbekämpfung nutzen, darf das nicht, warnt damals schon vor illegalem Datensammeln, wird geschasst und als Sündenbock mißbraucht. Die gute alte BRD.

        • Aber das geht bei uns alles unter. Das alles sind unbedeutende – wenn auch tragische -Randerscheinungen einer doch einwandfreien Demokratie, während die gleichen Dinge in Russland aufgebauscht werden als Staatsdoktrin. So werden Feindbilder aufgebaut.

          (…(Die Situation ist in Deutschland in jeder Hinsicht bedrückend. Wer die Zeitung aufschlägt, das Radio oder den Fernseher anschaltet, wird mit negativen Berichten über Russland, China, Venezuela, den Iran, Weißrussland usw. überhäuft. Verschleierung der eigenen aggressiven Politik, Fehlinformationen und Hetze auf allen Kanälen. (…)
          https://apolut.net/globalpolitische-strategien-der-usa-von-wolfgang-bittner/

  13. Mich würde an dieser Stelle brennend interessieren, wofür sie die Software eingesetzt haben. Also welche Überwachung mit welchen Zielen. Und ob sie erfolgreich waren.

    p.s: Es heißt “das Entstetzen” und nicht “die Entsetzung”

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