Donnerstag, März 28, 2024

SJ-Seegrundstück: Parteispende oder nicht?

SJ-Seegrundstück:

Die Sozialistische Jugend pachtet ein Grundstück am Attersee – auf Wunsch von Holocaustüberlebenden sehr billig. Laut Bundesverwaltungsgericht ist das eine verbotene Parteispende. Doch das letzte Wort ist nicht gesprochen.

Wien/Weißenbach, 17. September 2021 | Seit den 1960ern betreibt die Sozialistische Jugend in Weißenbach am Attersee das „Europacamp“, ein Erholungszentrum mit Sportanlagen, Liegewiese und – eine Seltenheit am Attersee – freien Zugang zum Wasser, gratis für alle. Dieses Angebot wird laut SJ jährlich von rund 14.000 Menschen in Anspruch genommen.

Arisiertes Grundstück

Bis 1939 gehörte das Grundstück der jüdischen Familie Pollak. Es wurde von den Nazis geraubt. Das Geschwisterpaar Pollak überlebte den Holocaust. Ihr Seegrundstück erhielt es erst zurück, nachdem sie der Republik eine stattliche Ablöse dafür bezahlt hatte. 1951 verkauften die Pollaks das Gelände sehr billig an das Land Oberösterreich, unter einer vertraglich vereinbarten Bedingung: Das Land muss das Grundstück für 99 Jahre zu einem symbolischen Betrag von 25 Schilling an die SJ verpachten.

Das war jahrzehntelang Stand der Dinge. Doch 2018 kritisierte der oberösterreichische Landesrechnungshof den Pachtvertrag. Er sei zu billig. Der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) prüfte und kam zu dem Schluss, dass es sich bei der Pacht nach dem Parteien-Förderungsgesetz von 2012 um eine illegale Parteispende handelte – nicht etwa von der Familie Pollak an die SJ, sondern vom Land Oberösterreich.

SPÖ geht vor Höchstgerichte

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte diese am 06. August, gestand der SJ jedoch die Revision beim Verwaltungsgerichtshof zu. Es gebe zu dieser Frage noch keine Judikatur, also sollte ein Höchstgericht entscheiden, erklärt SPÖ-Anwalt David Rautner. Die Frist dafür läuft am Montag ab.

Wie SJ-Chef Paul Stich und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch am Donnerstag bekanntgaben, wird die SJ vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen und außerdem den Verfassungsgerichtshof anrufen. Mit der oberösterreichischen Landtagswahl am 26. September habe das nichts zu tun, sagt Deutsch gegenüber ZackZack; der Fristenlauf diktiere den Zeitpunkt.

Nachkomme auf Seite der SJ

Stich sagt, es gehe nicht an, dass mit dem gültigen Pachtvertrag der Wunsch von Holocaustüberlebenden ignoriert werde. Anthony Cohen, Enkel der ehemaligen Grundstückseigentümerin Gertrude Pollak, zeigte sich über das Vorgehen der Behörden enttäuscht: „Unsere Großmutter hat zu Lebzeiten immer wieder deutlich gemacht, dass es ihr Wunsch war, dass die Sozialistische Jugend ihr ehemaliges Grundstück für ein Jugendlager mit freiem Zugang zum Attersee für die Öffentlichkeit nutzt. Dieser Wunsch wurde in einem Vertrag, den meine Großmutter, mein Großonkel und das Land freiwillig abgeschlossen haben, rechtlich festgehalten.“ Dieser Vertrag werde nun vom Land Oberösterreich einseitig gebrochen, sagt Cohen.

Würde die SPÖ nicht eine Vermietung oder Verpachtung einer Liegenschaft zu einem symbolischen Zins an einen politischen Gegner ebenfalls als Spende betrachten? Nach 2012 und der Einführung neuer Regeln für Parteispenden ja, sagt Deutsch auf ZackZack-Frage. Doch davor hätten auch andere Parteien Spenden erhalten, die – wie der Pachtvertrag am Attersee – zuvor legal waren und jetzt verboten wären, ergänzt Stich.

(tw)

Titelbild: APA Picturedesk

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23 Kommentare

  1. Erst wenn alle österreichischen Seeufer in Privathand und der schlecht betuchten Öffentlichkeit verwehrt sind, wird Ruhe gegeben. Der Wörthersee ist hier auch mahnendes Beispiel. Es ist eine Frechheit, dass überhaupt eine Privatnutzung von solchen Naturjuwelen möglich ist.

  2. Man könnte es auch so schreiben: Europacamp, der Platz wo “Pöbel” und “Tiere” Menschen sein dürfen!
    Gut so SJ!!

  3. Einer der guten Kindheitserinnerungen waren die Tagesausflüge meiner Familie an den Attersee und zwar genau zu diesem Zugang zum See. Ich wusste nicht – damals war ich zu klein – dass der Zutritt damals frei war. Ich erinnere mich noch an den Steg von dem aus ich ins Wasser gesprungen bin. Das war schön!

    Wer den Attersee kennt, weiß, dass es freie Zugänge zum Wasser nur in Ausnahmefällen – wenn überhaupt – gibt. Wenn die Familie, welche Opfer der Nazis war, später beschlossen hat, der SJ diesen Platz zu einen symbolischen Preis zur Verfügung zu stellen, dann war das sehr ehrenwert und solidarisch. Das zu ändern, ist schlicht weg klassenfeindlich!

  4. Angesichts der Millionenbeträge die die ÖVP in Bund und Land über diverse Vereine und Organisationen und mit Hilfe ihrer vermögenden Klientel lukriert ist dieser Vorwurf an die SJ einfach nur lächerlich.

    • ENKEL der ehemaligen Grundstückseigentümerin Gertrude Pollak,
      Dieser Wunsch wurde in einem Vertrag, den meine GROßMUTTER, mein GROßONKEL und das Land freiwillig abgeschlossen haben, rechtlich festgehalten.

      Holocaust Überlebende haben Nachfahren!

        • Entbehrlich? Sehr vornehm ausgedrückt. Offensichtlich sind Antisemiten in Österreich -nach, wie vor – immer und überall.

          • Da haben Sie vollkommen Recht! Ich wollte nicht “Scheiß Nazi” schreiben ; )

  5. Da hätte ein türkiser Unterstützer wohl gern ein schönes Grundstück am See…
    Angenehmer Nebeneffekt wäre, dass die gleichgestellten Nachbarn nicht mehr durch den Lärm der „Pöbel-Pankerten“ belästigt werden…

    • Tja wahrscheinlich war ein Großinvestor scharf drauf. Nix mehr SJ dafür ein par Luxusappartements …..

  6. Najo, selbst wenn es um “Parteispende” geht…. Meint irgendwer dass das momentan zu den größten Problemen gehört die wir haben?

    • Zu ihren anscheinend nicht. Aber danke dass sie sich bemühen dies uns wissen zu lassen.

      • Was ist an der Bemerkung von Sig so verwerflich?
        Sig hat sich doch gar nicht gegen den Verbleib des Grundstücks am Attersee bei der SJ ausgesprochen.

  7. Habe dort schon als Kind so manche Ferien verbracht und nützte dieses einzige freie Fleckerl am Attersee in der Vergangenheit oft um in meiner Sozialarbeit mit jungen Klienten Urlaub zu machen. Frei von Schwarz protegierten Millionären die den Hals nicht vollkriegen können und die es gewöhnt sind sich alles unter den Nagel zu reißen das dem gemeinen Pöbel nicht vergönnt sein darf in ihrer Welt. Das Camp und der Seezugang ist wohl der einzige Platz der nicht blickdicht und gefühlt mit Stacheldraht umzäunt am See ufert. Viele einheimische Wohlhabende nennen diese Oase der Normalität und Menschlichkeit einen roten -kommunistischen- Schandfleck da dort die SJ merkliche Präsenz zeigt und öfter schon Flüchtlingsfamilien ohne Entgelt untergebracht wurden oder einfach Urlaub machen durften. Und das inmitten der protzig betuchten Herrlichkeit der oberen 10.000 im Salzkammergut. Bete für die SPÖ und der diesbezüglichen. Spenderfamilie dass sie im Prozess die Oberhand behalten.

  8. Das ist eines der ganz wenigen Grundstücke, die noch einen öffentlichen Zugang zum Attersee haben. Ich kenne diesen Ort seit meiner frühesten Kindheit und verbinde damit wunderschöne Erinnerungen. Kindern aus sozial schwierigen Verhältnissen wird dort (durch das Europacamp) ein Urlaub ermöglicht. Muss die ÖVP eigentlich alles kaputt machen? Das ist echt so ekelhaft. Abgesehen davon, dass ich es ein Verbrechen finde uns öffentliches (Natur)-Gut wegzunehmen.

  9. Nachtigal, ick hör’ dir trapsen: vielleicht ist jemand aus dem Dunstkreis der ÖVP wirklich ganz dolle an diesem Grundstück interessiert?

  10. Wenn an dem Grundstückkauf etwas nicht koscher ist dann gehört das geklärt – aus Maus!

    Bitte aber VORHER: alles gründlich und genau – und ned daschlo´gn” von den türkisen Slimfitträgern klären.

    Mir ist natürlich klar, dass eine Klärung “Grundstückkauf” erst in 10 Jahren erfolgen kann wenn man mit den türkisen – im wahrsten Sinne des Wortes – FERTIG ist!

  11. Bei den Roten schauen die Türkisen immer sehr genau hin, daß nicht ein Cent zuviel in die Parteikasse strömt. Wenn ich so daran denke, was die ÖVP an Spenden von den Reichen des Landes kassiert (natürlich gaanz ohne Gegenleistung), dann kann ich nur den Kopf schütteln.

    • Wenn man da an wie massive Überschreitung der Wahlkosten den türkisen denkt … aber, vergeben, vergessen vorbei … nie gewesen

  12. Was interessieren die vaupen verträge von gestern.
    Die wollen die silberlinge klimpern hören.

  13. Wenn man sich fragt, warum die Gerichte so überlaufen sind. Von politisch motivierten Schwachsinnsklagen der Arbeitnehmerhasserpartei. Und ned behaupten, der RH OÖ ist soooo neutral. Na sicher doch. Und das kurz vor der Wahl. So ein Zufall aber auch.

    • Ja, die haben keinen genierer.
      Die sind mittlerweilr so blöd wie die rednecks.

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