Freitag, April 19, 2024

Digitale Überwachung am Arbeitsplatz – Chef is watching you

Chef is watching you

Microsoft Office als Überwachungstechnologie? Das ist nicht nur möglich, sondern auch Praxis. Eine neue Studie befasst sich erstmals für den deutschsprachigen Raum umfassend mit digitalen Überwachungstools am Arbeitsplatz.

Wien, 23. September 2021 | Wie weit ist die digitale Überwachung am Arbeitsplatz schon fortgeschritten? Weiter als man denkt, und oft bewegen sich die Chefs im rechtlichen Graubereich.

Gläserne Belegschaft

Eine 150 Seite starke Studie der NGO „Cracked Labs“ wurde im Rahmen des Projekts „Gläserne Belegschaft“ der Arbeiterkammer Wien und der österreichischen Gewerkschaften abgeschlossen. „Unternehmen können digitale Überwachung und Kontrolle nutzen, um Arbeit zu beschleunigen und zu verdichten, Freiräume einzuengen oder Beschäftigte leichter ersetzbar zu machen“, sagt der Studienmacher Wolfie Christl gegenüber “netzpolitik.org”.

Im deutschsprachigen Raum ist die Studie eine Neuheit: So werden auch einschlägige Überwachungstechnologien dokumentiert, die sich direkt auf die Beschäftigten auswirken. Außerdem zeigt die Studie, welche technischen Funktionen betriebliche Software bereitstellt und damit Daten der Beschäftigten verarbeitet werden.

Multis als Pioniere

Idealtypisch steht dafür der Multi-Konzern Amazon. Hier werden die Arbeiter offenbar akribisch kontrolliert, um zu verhindern, dass sie zu lange „inaktiv“ sind. Zalando legt nach: Mit dem Bewertungssystem Zonar sollten sich Tausende Mitarbeiter gegenseitig beurteilen. Auf Basis der Ratings der Kollegen wurde dann über weiteren Karriereverlauf entschieden, wie „netzpolitik.org“ die Studie zusammenfasst. Zalando musste aber zurückrudern: Nach einer Prüfung der Berliner Datenschutzbehörde änderte man das System.

Viele Systeme bewegen sich rechtlich in einem fragwürdigen Bereich. Zwar seien Kollektivvereinbarungen erlaubt, allerdings müssten solche Vereinbarungen „geeignete und besondere Maßnahmen zur Wahrung der menschlichen Würde, der berechtigten Interessen und der Grundrechte der betroffenen Person“ enthalten, wie es im EU-Gesetz heißt.

Eine systematische Verhaltens- und Leistungskontrolle am Arbeitsplatz sei aber unzulässig, meint der Sprecher der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BlnBDI), Simon Rebiger. Er meint, dass es rechtswidrig sei, E-Mail-Metadaten auszuwerten, Tastaturanschläge zu kontrollieren oder zu überwachen, ob Beschäftigte auf den Bildschirm schauen.

Microsoft Office als Überwachungstool

Für eine rigide digitale Kontrolle von Arbeitstätigkeiten brauche es nicht unbedingt GPS-Standorte oder andere detaillierte Verhaltensdaten, betont Christl. „Sobald zum Beispiel in eine App zur Aufgabenverwaltung oder Kundenabrechnung Informationen über die Beginn- und Endzeitpunkte von Arbeitsschritten eingegeben werden, und dazu vielleicht auch noch über die Art der durchgeführten Tätigkeiten und ihr Ergebnis, können weitreichende Leistungsauswertungen durchgeführt werden“, sagt der Datenforscher Wolfie Cristl.

Und vieles davon geht mit scheinbar harmloser Bürosoftware, etwa mit dem Office-Paket von Microsoft. Mit in der „Cloud“ liegenden Aktivitätsdaten wird die Arbeit in Word, Excel & Co. aufgezeichnet und kann ausgewertet werden. Durch eine öffentliche Intervention von Christl hat Microsoft bestimmte Überwachungsfunktionen mittlerweile eingestellt. Das Office-Paket kann aber weiterhin zur Produktivitätsbewertung von Mitarbeitern eingesetzt werden.

Das führt zu einem weiteren Problem: Oft wissen die Mitarbeiter gar nicht, ob sie überwacht werden. Beschwerden beim Datenschutzbeauftragen in Berlin kommen rund dreimal monatlich, richten sich aber kaum gegen systematische Missstände. Eine Lösung sei ein eigenes Beschäftigtendatenschutzgesetz, so die Berliner Behörde. Eine strukturelle Überwachung könne sich langfristig auf das gesamte Verhalten einer Person auswirken, dies sei im Konflikt mit der Freiheit und den Grundrechten der Betroffenen.

Die gesamte Studie finden Sie hier.

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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13 Kommentare

  1. „Das Land mit den meisten Impfungen in der Welt (Israel) ist auch das ansteckendste.

    Die Impfung funktioniert nicht, und jetzt fordern sie die Geimpften auf, sich selbst unter Quarantäne zu stellen.

    So einen Scheiß kann man sich nicht ausdenken, oder???
    Lesen Sie die Untertitel.“

    https://t.me/TommyRobinsonNews/26088

  2. Das bei Amazon sind wenigstens offizielle Überwachungen.
    Was aber ist mit den nicht Offiziellen?
    Und was mit den übergordneten Möglichkeiten diese Daten weiter zu verdichten?
    Die noch Lebenden aus der Zeit der DDR werden es wohl nicht glauben können, dass sie heute schon lange überholt wurden, das aber auch noch immer absolut Niemanden überhaupt etwas juckt…

  3. Gehört zwar nicht hier her , aber dringende INFO für Alle : ÖSTERREICHER STEHT AUF UND MACHT DAS GLEICHE FÜR EURE KINDER-ENKEL!
    Endlich! Strafanzeige an alle Ärzte, Schulleiter, Lehrer und sonstige Mitverantwortlichen! Mach mit!

    YouTube (https://youtu.be/3UWHkc8hdA0)
    Endlich! Strafanzeige an alle Ärzte, Schulleiter, Lehrer und sonstige Mitverantwortlichen! Mach mit!
    Endlich! Strafanzeige gegen die Verantwortlichen!
    Nach der Pressekonferenz der Pathologen am Montag, gehen jetzt Strafanzeigen an alle 115 Staatsanwaltschaften raus! Es soll keiner sagen können , sie hätten nichts gewusst!

  4. Es gab ja schon Versuche, anhand der Toilettenfrequenz von Frauen in Fabriken die Schwangeren rechtzeitig herauszufinden damit man sie noch kurz vor der Meldung an den Arbeitgeber kündigen konnte. Beschreibt das nicht Günter Wallraff in seinem Buch “Ganz unten”?

    • Das hat es bei Philips im Video Werk schon in den achtziger Jahren gegeben, wenn man den Arbeitsplatz verlassen hat musste man sich mit magnetkarte anmelden und wieder anmelden. Außerdem wurde in der betriebskantine damit bezahlt, so konnte man erfassen, was wer isst usw. Wurde aber dann durch Intervention des damals noch mächtigen Betriebsrat eingestellt (zumindest offiziell). Alles schon dagewesen.

  5. Das mit der Überwachung ist ja auch so eine Sache. Niemand wird einen IT Senior manager überwachen, seine Tastenanschläge messen oder wie ft er ein MS Dokument eincheckt oder auscheckt und wie lange er es offen hat.
    Kaum jemand wird einen Mitarbeiter in gehobener Position in einem heterogenen IT Unternehmen überwachen – auf Basis von Softwareauswertungen, weil heterogene IT Unternehmen zuwenig Anhaltspunkte liefern. Ich arbeite zB an manchen Tagen fast nur in Confluence und nur kurz mit Excel. An anderen tagen recherchiere ich im Internet zu ITSM-Themen. Das alles sagt bei Jobs, wo Eigenverantwortung gefragt ist, nichts über die Produktivität aus.

    In den Leghennenjobs wie zB in Callcenter oder Fertigungsunternehmen klappt es technisch sicher leichter, ergibt aber auch keinen Sinn, wenn die prognostizierte Produktivität passt. Wenn die Deliverables passen, wozu dann noch das Vertrauen der Mitarbeiter mit Füßen treten?

    • Das sie in Jobs mit viel Eigenverantwortung nicht überwacht werden ist eine Illusion. Im Bereich der mobilen Pflege drücken sie auf den Knopf wenn sie die Wohnung des Klienten betreten dort dokumentieren sie alles genau mit Datum, Uhrzeit und Handzeichen was sie getan haben. Wenn sie bei der Tür rausgehen drücken sie wieder auf den Knopf des digitalen Systems zur Zeiterfassung. Dazwischen sind sie mittels Diensthandys ortbar bzw. ist ihre Route sowieso vorgegeben. Und das in einem Beruf dessen Ausbildung mit einem Akademischen Grad abschließt. Und mehr Eigenverantwortung geht wohl auch nicht mehr. Ach ja, habe vergessen zu erwähnen, das manche Angehörige Kameras in der Wohnung ihrer betagten Eltern installiert haben (um diese zu überwachen). Hinweis darauf gibt es allerdings keinen.

  6. So ist es. Überwacht werden wir von vorn bis hinten und von unten bis oben. V. a. Kogler will unbedingt noch mehr Digitalisierung, Microsoft plant 3 grosse Rechenzentren in Österreich (verbraucht Unmengen an Energie und Strom, klimaschädlich, habe Gewessler das geschrieben, keine Reaktion erhalten bis heute). Jeder grüne Pass ist mit allen Daten im Netz für immer gespeichert, Snowden hat schon zu Beginn der Pandemie darauf hingewiesen. Gerade auch die deutschen Grünen sind sehr stark für den Ausbau des Überwachungsstaates mittels Digitalisierung, der Software-Konzern SAP hat sich bereits dafür bedankt und den Grünen in D 1 Mio. Euro gespendet (in Worten: eine Million Euro). Die zweithöchste (bekannte) Spende aller Zeiten. Milliarden für die Digitalisierung, keinen einzigen Euro für die Pflegekräfte.

    • Es gibt doch mehr Geld für die Pflegekräfte, damit diesen mit noch mehr Bürokratie und Dokumentation die Zeit gestohlen wird, nur eben dann in digitaler Form. Dafür funktioniert die Überwachung dann noch perfekter.

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