Freitag, April 19, 2024

»Bei mir haben alle einen Platz« – Interview mit Queer-Fitnesscoach Florentina Kubizek

Interview mit Queer-Fitnesscoach Florentina Kubizek

Fitnesscoach Florentina Kubizek kämpft gegen Geschlechternormen und Schönheitsideale. Im Interview mit ZackZack erzählt Florentina von Hürden und Chancen als queere Fitnesstrainerin.

Wien, 23. September 2021 | Sie ist unter „Queer Muscle“ bekannt und hat es sich zur Aufgabe gemacht, das typische Schönheitsideal der Gesellschaft zu sprengen. Sie hilft Menschen dabei sich in ihren Körper wohlzufühlen und diesen lieben zu lernen – egal welches Alter oder Geschlecht, ob Profi oder Anfänger. Florentina Kubizek ist Personal Fitness Coach und ordnet sich selbst keinem Geschlecht zu. Sie bietet Trainings für Menschen auf ihrer Dachterrasse in Wien an, die sich in den Standard Fitness Studios unwohl fühlen, als auch über Online Videos.

Aktuell arbeitet sie an einer Plattform für Training-Videos, die von und für Menschen gemacht werden, die alle Arten von Körper haben – abseits der Norm. “Dabei geht es mir besonders um Sichtbarkeit. Ich möchte dicke und dünne Menschen zeigen, Menschen mit Behinderungen, ich möchte diverse Gender-Identitäten zeigen und lade wirklich alle ein mitzumachen!”  Im ZackZack-Interview spricht Florentina über ihre persönlichen als auch beruflichen Hürden auf dem Weg zu einem breiteren Schönheitsbild und wie sie Menschen zu ihrem Ziel bringt.

ZackZack: Was hat dich motiviert, den Standard Fitness Studios und typischen Schönheitsidealen entgegenzusteuern?

Florentina: Mir hat der Kraftsport unglaublich gutgetan, als ich in einer Zeit war, wo es mir nicht so gut ging. Doch hat sich mein Körper dadurch auch etwas verändert. Es folgten ausschließlich negative Kommentare. Verwandte sagten “Na, jetzt hörst du aber auf mit dem Trainieren, das ist ja nicht mehr schön.” Die einzigen Personen, die mir positives Feedback gegeben haben, waren Menschen aus der Queer-Community.

Aus einer anfangs nicht so ernsten Idee bekam ich dann eine Förderung für einen offenen Sportkurs auf der Uni. Nach drei Stunden war der Kurs für das Semester komplett ausgebucht. Es folgte eine Ausbildung als Personal Coach und durch Corona habe ich mich selbstständig gemacht.

Fitness-Coach Florentina Kubizek / Foto: Renate Schwarzmüller

ZackZack: Was kritisierst du an den Standard Fitness-Studios?

Florentina: Alle propagieren ein Körperideal – besonders durch die Werbung. Fitness-Studios verkaufen einen Wunsch, der durch die Fitness-Industrie kreiert wurde.

ZackZack: Hast du dort auch oft trainiert?

Florentina: Ich selbst habe bei „FitInn“ angefangen zu trainieren. Ich fand es aber allein durch die Werbung, die sie machen, fast schon peinlich dort zu trainieren. Aber es war das günstigste Studio – was anderes konnte ich mir nicht leisten.

ZackZack: Wo kommen diese Ideale her?

Florentina: Das ist ein Produkt der letzten Jahrzehnte, welches sehr tief in unserer Gesellschaft verankert ist. Mit diesen Idealen gehen Wertungen immer mit einher, sprich: ein Körper, der dem Ideal nicht entspricht, ist weniger Wert. Also wollen viele Personen diesen Werten immer mehr entsprechen. Das macht ganz viel mit dem Selbstwertgefühl und dass man nie genug ist. Diese Vorurteile sind ganz schrecklich, werden aber fleißig geschürt.

ZackZack: Wie versuchst du diese Ideale zu sprengen?

Florentina: Ich kann diese Ideale nicht ganz sprengen – aber ich versuche dagegen zu halten: Einerseits mit Aufklärung, dann mit meinem medialen Auftritt, wo ich deutlich zeige, dass ich es nicht richtig finde, ein einziges Körperideal als anstrebenswert zu definieren und ich versuche klarzumachen, dass Abnehmen oder ein Sixpack zu kriegen nicht das einzige Ziel ist.

Fitness-Coach Florentina Kubizek / Foto: Renate Schwarzmüller

ZackZack: Was sind die häufigsten Gründe, weshalb sich die Leute an dich wenden?

Florentina: Identität, Körper und das Wissen, dass ich die Personen nehme, wie sie halt nun mal sind. Ein Satz, den ich oft nach einem Training höre: “Wow, das war das erste positive Sporterlebnis in meinem Leben”. Das freut mich natürlich zu hören, aber die einfache Tatsache, dass die Person erst jetzt mal so genommen wird, wie sie ist, macht mich schon traurig. Menschen kommen unter anderem zu mir, die unter negativen Kommentaren zum eigenen Körper leiden. Viele erzählen von traumatischen Erlebnissen. Eine Person wurde zum Beispiel “heimlich” im Fitness-Studio gefilmt, weil ein Typ es lustig fand, wie sie als mehrgewichtige Frau die Übungen ausführt. Da fühlen sie sich bei mir sicherer.

Darüber hinaus bringt meine eigene Queerness viele Menschen zu mir, die es in anderen Einrichtungen oft nicht gibt. Für viele war es auch der Punkt, dass es bei mir um Sport geht und sich keiner Gedanken zum Beispiel über Outfits und so weiter machen muss.

ZackZack: Ist die Nachfrage hoch? Wie ist das Angebot in Österreich/Wien – gibt es bereits eine queere Fitness-Szene?

Florentina: Die Nachfrage ist sehr hoch. Das Angebot in Österreich ist katastrophal schlecht. Aber langsam formt sich immer mehr. Ich kenne ein paar Leute in der Szene, die dieselbe Idee haben – vielleicht bauen wir sogar gemeinsam etwas auf.

ZackZack: Findest du es gut, dass es in manchen Fitness-Studios reine Frauen-Bereiche gibt?

Florentina: Ja auf jeden Fall – vor allem aus dem Grund, dass Fitness Studios so aufgebaut sind, wie sie eben aufgebaut sind. Ich habe hauptsächlich im Frauenbereich trainiert, weil ich mir keine depperten Kommentare anhören wollte oder keine Lust darauf hatte, dass Männer mir zeigen müssen, wie stark sie sind. Durch abgetrennte Bereiche werden jedoch viele queere Personen nicht gesehen. Es sollte also vielleicht nicht ‘Frauen-Bereich’ heißen. Da gibt es Verbesserungspotential.

ZackZack: Sollte es in Fitness-Studios, gerade für nicht-binäre Personen, Unisex Duschen geben?

Florentina: Es wäre toll, wenn es generell mehr Unisex Klos und Duschen gäbe. Aber Unisex-Duschen in den Fitness-Studios ist ein sehr heikles Thema. Einzelne Duschkabinen wäre da schon entgegenkommender, genauso wie Duschen für queere Menschen.

ZackZack: Wenn du ein Fitness-Studio eröffnen würdest, wie wäre das aufgebaut?

Florentina: Es braucht mehr Cis-männerfreie Sportorte. Das ist zwar immer eine aufkommende Diskussion, wenn ich so etwas sage – und ich will damit niemanden pauschalisieren. Trotz allem sind es nun einmal Cis-Männer, die sich ihren Privilegien oft nicht bewusst sind. Für sie gibt es so viele Räume. Schön wäre es, einen Sportraum für Inter-Personen zu eröffnen. Es sollte auch gezeigt werden, dass alle Personen willkommen sind: ohne Trans- und Homophobie, ohne Rassismus, ohne Sexismus. Damit ein unsicherer Ort zu einem sicheren Ort gemacht wird. Wenn das Leute abschreckt, dann sollen sie sich eben ein anderes Studio suchen.

ZackZack: Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Julia Zander

Titelbild: Renate Schwarzmüller

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35 Kommentare

  1. Jeder ist für seine Gesundheit selbst verantwortlich. Trainieren (Bewegung) ist eine reine Gewohnheit. Selbst halte ich es seit Jahrzehnten so, dass ich sofort nach dem Aufstehen meine Gymnastik absolviere. So kann der Tag gut beginnen und ich habe für meine Fitness, meine Gesundheit und mein Gewissen was Gutes getan.

    Am Wochenende, wenn ich mehr Zeit habe, ab in die Berge oder aufs Rad oder Schwimmen, je nach Lust und Laune. Es muss ja nicht immer Spitzensport sein.

  2. Meine Queerness als verbauter Discopumper legt sich mit zickzack quer.

  3. Wenn sich diese komische Figur keinem Geschlecht zuordnet, warum nennt ES sich dann Florentina? Sollte so etwas nicht Null, Nichts, Stein usw. heißen?

  4. Gute idee, vom körperkult abzugehen.
    Eine fitness”animateurin” hat mich einmal verständnislos angesehen, als ich sagte, in meinem alter möchte ich mich nicht verbessern, aondern, ich würde trainieren, weil es mir spaß macht.

  5. Mal ehrlich: wer untrainiert ist und mit einer Sportart anfängt, wird am Anfang immer beäugt und bekommt einige Härten zu spüren. Das ist für viele ein Ansporn, hart und regelmäßig zu trainieren. Bei uns im Klub interessiert es niemanden, wie groß deine Nase ist, was dich sexuell anmacht oder ob dir die Fettschürze auf die Knie hängt sondern ob du regelmäßig trainierst und Einsatz zeigst. Du kriegst ein Problem, wenn du unhöflich, unpünktlich oder ungepflegt bist aber das war es dann auch schon. Ich halte nichts davon, alle möglichen Kategorien zu erfinden um Befindlichkeiten in Watte zu packen. Letztlich kommt mir das alles wie geschicktes Marketing vor. Wenn Frau Kubizek damit Erfolg hat, sei es ihr gegönnt. Man muss aber schon genau einordnen, was hier des Kaisers neue Kleider sind.

    • Unpünktlich? Kommt man nicht, wann man will?
      Hart und regelmäßig trainieren? Wer schafft das an? Thomas muster?

      • Nee, bei Gruppensportarten bzw. Sachen die man in der Gruppe bzw. mit einem Trainer nach Zeitplan übt, muss man pünktlich da sein. Hart und regelmäßig muss es auch sein, sonst gibt es keinen ausreichenden Reiz, dass der Körper sich verbessert. Damit meine ich nicht, sich über Gebühr kaputtzumachen, dass man als Alter erst recht am Stock geht, sondern dergestalt dass man eine Leistungssteigerung erzielt.

  6. Wollen diese Personen ihrem Umfeld helfen – oder ist es doch nur eine erweiterte Selbst-Therapie?
    Ich bin mir da nie sicher …

  7. Ich hab´s gelesen in der Hoffnung irgendetwas vernünftiges zu erfahren. Aber leider kann ich mit dem ganzen noch immer nichts anfangen.
    Vielleicht weil mir dieses ganze Queer Getue schon genau so auf die Nerven geht wie das Gendern und der radikale Feminismus.
    Macht einfach Euer Ding, aber verlangt nicht immer eine Sonderbehandlung sonst ist es nur ein kleiner Schritt auch für Sonderbar gehalten zu werden.
    Warum in Gottes Namen können Queere Menschen keine normale Toilette benutzen oder in einen normalen Fitnesscenter Trainieren.
    Ich habe einen großen Freundeskreis und mir ist völlig egal was wer oder wie ist. Aber niemand von denen stellt seine Sexualität, sein Geschlecht oder seine Vorlieben zur Schau und in den Mittelpunkt.

    • Schauen sie einfach weg.
      Werden sie im mainstream glücklich.
      Und das strammstehen nicht vergessen.

      • Was soll dieser Schwachsinn? JahnPeter21 schreibt genau das, was sich der Großteil der Menschen denkt.

        • Nur weil man meint, es wäre die mehrheit, ist es nicht intelligent.
          Und menschenverachtend.
          Genau von ihnen habe ich nichts anderes erwartet.

      • Es ist genau umgekehrt. Der Mainstream präsentiert uns ja permanent dieses Queer und sonstiges Digsbummsda.
        Das Grenzt schon an Belästigung.
        Und was ist übrigens verkehrt am “Stramm stehen”?
        Meine Frau freut´s und ich bin sicher auch so manch Queere Person hat nichts gegen “Stramm stehen” einzuwenden.

  8. Entschuldigung, ich möchte hier niemandem zu nahe treten und vielleicht bin ich nach wie vor etwas zu „altmodisch“ – aber in meiner Umgebung gibts
    Frauen:
    – die auf Männer stehen
    – die auf Frauen stehen
    – die auf beides stehen

    Männer:
    – die auf Frauen stehen
    – die auf Männer stehen
    – die auf beides stehen

    und die finde ich alle ok..

    Aber jemand der sagt „ich bin nicht Frau, ich bin nicht Mann“ – der hat (in meinem Weltverständnis) wohl ein tieferliegendes Problem..
    Und Schlagworte wie Unisex-Toiletten, Cis-Männer und Inter-Personen unterstreichen meine Meinung darüber noch

    Wie gesagt – alles subjektiv und meine ganz persönliche Meinung

    P.S.
    Also Frauen-Bereich sollte es nicht heißen – aber Männerbereich ist ok?🤔

    • Ist das nicht wurscht? Haben wir keine anderen Sorgen? Und was Inter-Personen betrifft sind das Menschen die anatomisch nicht eindeutig einem Geschlecht zuordenbar sind. Diese Leute sind so auf die Welt gekommen, das ist keine Marotte oder hat irgendetwas mit sexueller Vorliebe zu tun. Und da sich diese Menschen mittlerweile immer öfter dazu entschließen sich nicht verstümmeln zu lassen damit die Gesellschaft ein eindeutiges Weiblein oder Männlein vor sich hat, aus diesem Grund wurde die Bezeichnung “Intergeschlechtlich” geschaffen. Informieren sie sich bitte vorher über die Hintergründe bevor sie solchen Leuten bescheinigen ein “tieferliegendes Problem zu haben”.

      • Sehr geehrte Frau Lindorfer

        1.)
        Wenn über alles was „wurscht“ ist/wäre, hier nicht geschrieben würde, dann wären wohl so einige Posts nicht vorhanden.
        Wenn Ihnen etwas „wurscht“ ist, brauchen Sie es ja auch nicht zu thematisieren.
        Mir war es – offensichtlich- wert, meine – ich betone nocheinmal – ganz persönliche Meinung – unter vorangestellter Entschuldigung, hier kund zu tun.

        2)
        Ich „bescheinige“ niemandem irgendwas!!

        Der Absatz bezüglich der Schlagworte (Unisextoiletten, Cis-Männer, Interperaonen) bezog sich lediglich und ausschließlich auf meine „altmodische Art“ – bedeutet, das ich, was dieses ganze Neusprech (in ALLEN Themen) betrifft – wie es scheint der Jetzt-Zeit ganz einfach hinterherhinke.

        Sie sind, wie ich, eine Foristin der ersten Stunde und haben, davon gehe ich aus, sicher schon den einen oder anderen Kommentar von mir gelesen – ich denke nicht das ich bisher so „rübergekommen bin“ als wäre ich ein oberflächlicher, andere beleidigender Mensch.

        Sollte mein Post so mißverständlich formuliert sein, tut mir das leid.
        Er könnte aber auch missverständlich gelesen worden sein.

  9. Ist es am Ende gar so, dass es da der Werbewirtschaft, der Kosmetikindustrie, der Fitnessindustrie, gelungen ist, mir ein Bild von einem männlichen Körper vorzumachen, dass es so eigentlich gar nicht gibt?
    Einem Bild, dem ich dann mit viel Zeit und Geld hinterherjage, womöglich auch noch die chirurgische Abteilung der Frankensteinmedizin an mich ranlasse um mir was umzubauen oder abzusaugen?
    Ist es am Ende so, dass es eine Weltverschwörung der Frauen gibt, der es gelungen ist ihr Idealbild des Lustknaben endlich auch zu publizieren?
    Oder ist es die Rache des weiblichen Geschlechtes an den Männern, weil wir den Mädels so lange vorgemacht haben, wie sie auszusehen haben?
    Wie gross der Busen sein muss und wie schmal die Taille.
    Und eine zeitlang sogar, wo man ein Muttermal haben muss.
    Also wenn es die Rache ist, dann ist sie gelungen !

    Wie du mir, ich dir noch viel mehr!

    https://www.hagerhard.at/sunst-no-wos/2019/01/die-montagsdiaet/

    • Wenn ich filme sehe, aus den 60er und 70ern, wie anders waren die männlichen figuren. Man gatte noch einen körper, keinen body.
      Keinen aufgeblasenen body.
      Fings nicht an mit jane fonda und anderen hollywood fitnesspredigern?
      Arnie, die steirische eichel, aufgeblasen wie ein michelinmandl, mit herzproblemen wegen der steroide.
      Ich finde es gut, dass wir zu einem normalen körper zurückkehren.
      Ua, die minderwertigkeitskomplexe, die gezüchtet werden, weil man nicht entspricht.
      Weiter so.

  10. So viel Quatsch auf einem Haufen- sensationell. Ein Anabolika-Junkie erklärt uns die Welt.

    • Sie hat niemanden “DIE” Welt erklärt. Warum Sie sich angegriffen fühlen, kann ich nicht nachvollziehen.

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