Freitag, März 29, 2024

Drama um ehemalige Schütz-Partner: HNA-Bosse verhaftet

Via Kurz-Finanzier Schütz war der chinesische Mischriese HNA einst Großaktionär der Deutschen Bank. Jetzt wurden die Bosse festgenommen, das Konglomerat steht vor der Zerschlagung. Ein Konstrukt zwischen Einfluss und Argwohn der Kommunistischen Partei.

 

Wien, 30. September 2021 | Die Krise des einstigen Vorzeige-Mischkonzerns HNA geht weiter. Wie der chinesische Riese letzte Woche selbst mitteilte, wurde die HNA-Führungsspitze festgenommen. Vorstandschef Tan Xiangdong und Verwaltungsratschef Chen Feng stünden im Verdacht „krimineller Handlungen“.

Hierzulande kennt man HNA vor allem im Zusammenhang mit ÖVP-Großspender Schütz. Über ein Vehikel von Schütz‘ Vermögensverwalter C-Quadrat firmierte HNA bis 2019 als größter Aktionär der Deutschen Bank.

Absturz einer Blackbox

HNA befindet sich derzeit im Insolvenz- und Sanierungsprozess. Die Festnahme der Bosse ist der nächste Akt eines beispiellosen Niedergangs. Gerade in der Coronakrise trifft es den Konzern, der vor allem in den Branchen Luftfahrt, Finanzen und Tourismus tätig ist, schwer. Was ist passiert?

Das Geschäftsmodell der Chinesen ist seit jeher schuldenfinanziert. Hinzu kommt, dass der Einfluss von Chinas Führung lange unklar scheint. Mischt die Kommunistische Partei mit und nutzt den Konzern als Vehikel geoökonomischer Interessen? Oder betrachtet das Regime den wachsenden Riesen mit Argwohn und will mehr Zugriff? Richtig ist wohl beides. Der Hongkonger Experte Warut Promboon betont gegenüber Al Jazeera das Regimeinteresse an HNA, doch das Konglomerat sei schneller als die Expertise des eigenen Managements gewachsen.

Im Westen ist das lange Zeit kein Problem: mit zahlreichen Firmenübernahmen und Einstiegen schinden die Chinesen zunächst Eindruck. HNA steht für den Aufstieg Chinas und den steigenden Einfluss des Landes im Westen. Auch Kurz-Finanzier Schütz ist zunächst davon überzeugt: Insidern zufolge reist der österreichische Investor mehrmals nach China, um den Einstieg der HNA bei seinem Vermögensverwalter C-Quadrat unter Dach und Fach zu bringen – erfolgreich. Im Jahr 2016 kaufen sich die Chinesen bei der C-Quadrat ein. Nur ein Jahr später erhöht man die Anteile bei der Deutschen Bank auf knapp 10 Prozent und wird größter Einzelaktionär.

Mysteriöser Tod ungeklärt

Bankinsider rätseln, wie nachhaltig das Modell HNA ist. Erste Finanzprobleme werden bekannt, die chinesische Führung beginnt den intransparenten Konzern zu durchleuchten. Dann der Schock im Juli 2018: Co-Gründer Wang Jian stirbt während seines Urlaubs in Frankreich. Der damals 57-Jährige stürzt bei einem Fototermin 15 Meter in die Tiefe. Augenzeugen berichten französischen Medien zufolge von einem Selbstmord, doch die Polizei dementiert: es soll ein Unfall gewesen sein. Die HNA schweigt, der Fall bleibt ungeklärt.

Auf Wangs Tod folgt schließlich der Rückzug: im Februar 2019 verringert der Mischkonzern zunächst die Deutsche Bank-Anteile, um sich danach komplett zurückzuziehen. Schütz und sein Partner Cristobal Mendez de Vigo kaufen sich die Mehrheit am Vehikel C-Quadrat zurück und beenden das Gastspiel der Chinesen rechtzeitig vor dem endgültigen Zerfall.

Präzedenzfall für chinesische Firmen

Dem HNA-Management wird unter anderem Veruntreuung vorgeworfen, über Konstruktionen im Ausland soll ein komplexes Firmengeflecht aufgebaut worden sein. Teilweise könnte die HNA 50 Prozent mehr als ihre Wettbewerber für Flugzeugmaterial bezahlt haben, heißt es. Seit die Bosse festgenommen wurden, ist das Konglomerat laut „Al Jazeera“ fest in der Hand des Pekinger Staatsapparats.

Für Experte Warut Promboon sind die jüngsten Vorgänge rund um die HNA ein Präzedenzfall für, wie er es nennt, „Restrukturierung“. Für die Zukunft soll der Mischkonzern in vier Einzelteile zerschlagen werden: Luftfahrt, Flughafen, Handel und Finanzen. Investoren würden jetzt wissen: „Diese Dinge könnten einer Menge Firmen in China passieren“, so der Hongkonger Experte.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

Ben Weiser
Ben Weiser
Ist Investigativreporter und leitet die Redaktion. Recherche-Leitsatz: „Follow the money“. @BenWeiser4
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19 Kommentare

  1. Ist das der, der alle klagt wenn sein Name mit Püchern genannt wird? Warum wohl? Mittendrin statt nur dabei. Die VP mit Grün in Bankstergang….

  2. Der krug geht so lange zum brunnen, bis er bricht.
    In ö dauerts halt ein bisschen länger.

  3. Interessant, welche Zustimmung ein totalitäres Regime hier findet. Da werden Millionäre unter Vorwand kriminalisiert und enteignet, manche verschwinden einfach, andere fallen von Gebäuden… Hier verschafft sich das Regime Gewalt über das Unternehmen, und das soll so? Dann ist Kurz ja doch auf dem richtigen Weg.

    • Ich sehe da so: Es gibt staatliche Autokratien und es gibt private Autokratien (das sind große Unternehmen nämlich). Dazwischen sind Demokratien, die von beiden Seiten unter Druck geraten.

      Das chinesische Beispiel zeigt – und soll allen privaten Autokratien eine Warnung sein, dass die staatlichen Autokratien am Ende gewinnen werden, wenn sich die privaten Autokratien (aus Verblendung und Gier) nicht mit den Demokratien arrangieren und sich unterordnen.

      Und Demokratien sind gut beraten, private Autokratien zu zerschlagen.

      China hat meine Zustimmung bestimmt nicht. Die privaten Autokratien ebenso nicht.

      • Zudem: Schütz ist ein Kurz-Spender, beherbergt Firtasch, war/ist mit Marsalek dick befreundet, seine Frau im Basti-Dunstkreis vertreten. Ich finde schon, dass das alles, alles aufklärungsbedürftig ist.

        • Dann müsste man aber auch gleich die Sache auf die Deutsche Bundesregierung ausdehnen. Denn die hängt hier genauso mit drin. Großkonzerne und Regierungen lassen sich nicht wirklich voneinander trennen.

          • Das ist alles im wirecard-Skandal verwickelt. Und ja, man müsste das ausdehen. Aber ich befürchte, dass das nur begrenzt aufgearbeitet wird, weil da ganz viele nachrichtendienstliche Informationen drinstecken. Auch von deutscher Seite.

      • Nur, dass diese Managerhanseln weit von einer Autokratie entfernt sind. Dagegen hat euer Kanzlerwürschtl den Weg für eine Austrokratie geebnet. Oder versucht es wenigstens.

        Die Position der Konzerne ist allerdings eine Herausforderung für die Demokratien.

        • Da kann ich voll zustimmen.

          Elizabeth Anderson (2019): Private Regierung. Wie Arbeitgeber über unser Leben herrschen (und warum wir nicht darüber reden).

          Die einzelnen Managerhanseln sind die Manager der Autokratien. Oben stehen Ungewählte. Man weiß nicht, wie sie dorthin kamen, wo sie sind (möglicherweise durch Erpressung oder oder).

          Das Kurz eine solche Autokratie und Austrokratie aufzubauen bereit ist, ist klar. Das muss verhindert werden. Es hat keinen Sinn einen Autokraten gegen den anderen Autokrakten in Schutz zu nehmen.

  4. Vor einigen Monaten hat China begonnen von Privatisierungen wieder wegzugehen und Großkonzerne zu verstaatlichen (bzw. unter staatlicher Kontrolle zu stellen).

  5. Marktbeherrschende Konzerne aufbrechen und in Einzelteile zerlegen täte auch dem freien Westen (vom Tellerwäscher zum Millionär) gut.

    • Aber noch wichtiger wäre es, kriminelle Netzwerke von China und Vietnam bis Österreich zu zerschlagen.

  6. Vielleicht auch ein “Freund unseres allseits beliebten BK”? Vielleicht sogar ein weit entferntes Familienmitglied? So wie “die Tante aus Amerika”?

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