Mittwoch, Dezember 11, 2024

Teil 13: Grüne Verheißung: Benko-Projekt vor Ausnahmegenehmigung

Am Montag entscheidet der Bauausschuss von Wien-Neubau, ob Benkos Signa entgegen der eigentlichen Widmung höher und damit wertsteigernder bauen darf. Die regierenden Grünen können das Projekt im Alleingang durchwinken.

Wien, 01. Oktober 2021 | Die Bauverhandlung für das „KaDeWe“ auf der Wiener Mariahilferstraße geht aller Kritik zum Trotz in die finale Runde. René Benkos Signa-Gruppe will das neue Warenhaus höher bauen, als die Widmung es eigentlich vorsieht. Für den Immo-Tycoon wäre das eine enorme Wertsteigerung.

Grüne Mehrheit wahrscheinlich

Benko braucht für eine erfolgreiche Ausnahme nach Paragraf 69 der Bauordnung nur die Grünen. Die vereinen im Bauausschuss des 7. Bezirks 50 Prozent der Stimmen auf sich. Das heißt wohl freie Bahn, denn bei Stimmengleichheit entscheidet die Vorsitzende Monika Grußmann (Grüne)*. Wie die „Krone“ berichtete, gab es schon rund um den Abriss des alten Leiner-Gebäudes Wirbel, etwa in Form einer Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Im Fokus der Kritik: ehemalige und amtierende Grüne. Darunter Ex-Planungsstadtrat Christoph Chorherr, der in der Heumarkt-Causa unter anderem wegen einer Spende von Benkos Signa unter Druck steht.

Markus Reiter, Bezirksvorsteher von Wien-Neubau, war zudem Teil der Wettbewerbsjury für das KaDeWe-Projekt. Er sieht aber keinen Interessenkonflikt, Chorherr und Ex-Stadtvize Maria Vassilakou seien politisch nicht mehr aktiv. Außerdem sei er, Reiter, auch gar nicht im Bauausschuss. Als Bezirksbürgermeister ist er allerdings der mächtigste Politiker in Wien-Neubau. Seine Partei wird sich kaum gegen ihn auflehnen, zumal er sich bereits als Fan des Projekts zu erkennen gab. Reiter kennt Benko auch von dessen “Bussi-Bussi”-Event Törggelen, dort lädt der Immo-Milliardär zu Köstlichkeiten oder Fotos vor einer Signa-Werbewand. Unter so einigen Politgrößen soll der Neubau-Bezirksboss letztes Mal der einzige Grüne gewesen sein, wie Teilnehmer berichten.

Dachpark von “öffentlichem Interesse”

Voraussetzung für die Ausnahme, den riesigen Shoppingblock höher als ursprünglich gewidmet zu bauen, ist „öffentliches Interesse“. Ob das gegeben ist, hängt von Behörden und Politik ab. Auf Nachfrage spielt die Baupolizei den Ball zurück in den Bauausschuss, dort werde die Entscheidung gefällt. Die Baupolizei lässt aber wissen, wie die Signa das “öffentliche Interesse” definiert: Hauptargument sei demnach, dass eine „begrünte, öffentlich und ohne Konsumzwang zugängliche Terrasse geschaffen wird“. Zu diesem Zweck müssten Erdkerne angelegt werden und die Haustechnik, die sonst am Dach angeordnet werde, verlegt werden, „was im Wesentlichen die Überhöhung bewirkt“.

Die Signa spricht medial von einem „demokratischen Projekt“, für Wiener und Touristen gleichermaßen. Von den Verheißungen eines Shoppingblocks mit Dachoase scheinen die Grünen angetan – offensichtlich mehr als von einer Markthalle am Naschmarkt, der ein zubetonierter Parkplatz weichen soll.

SPÖ und NEOS warten ab, FPÖ dagegen

Während ein Ja der Grünen für Benkos Vorhaben zu erwarten ist, wollen SPÖ (2 Stimmen) und NEOS (1 Stimme) mit einer finalen Entscheidung noch zuwarten. Vonseiten der NEOS heißt es, aktuell sichte man den umfangreichen Bauakt. Viel Zeit ist allerdings nicht mehr, der Ausschuss tagt am Montag um 10 Uhr. Dann werde man auch ein Statement zur Entscheidung übermitteln, so NEOS-Bezirkspolitiker Alexander Paul.

Die SPÖ will sich an der Baupolizei orientieren. Wenn alles „im Rahmen der Bauordnung“ ablaufe, werde man voraussichtlich zustimmen. Kritik am Projekt übt man trotzdem: Laut SPÖ-Neubau-Politiker Gallus Vögel habe man immer für die Weiterentwicklung der Mariahilferstraße plädiert, aber unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten. Ein Antrag, der sich gegen die Erhitzung befördernde Glasfassade richtete, sei von den Grünen abgelehnt worden. Außerdem sei die Besetzung der Jury um Reiter & Co. fraglich, so Vögel. Die Begrünung des Dachparks begrüße man aber.

Die FPÖ ist generell gegen das Projekt. Für die Entscheidung selbst ist das unerheblich, denn die Partei ist mit keiner Stimme im Bauausschuss vertreten. „Ich habe mich schon öffentlich gegen das Projekt ausgesprochen und würde auch im Ausschuss dagegen stimmen. Mit der Ausnahmegenehmigung wird in Wien generell Schindluder betrieben“, so FPÖ-Bezirksparteiobfrau Monika Mühlwerth. Das öffentliche Interesse sehe sie nicht, „außer dass sich Herr Benko verwirklichen kann, mit Hilfe eines grünen Bezirksvorstehers.“

Update 02.10., 16:50 Uhr: *Monika Grußmann legt wert auf die Feststellung, dass sie einfaches Mitglied des Ausschusses sei, obwohl dies anders auf der Homepage der Bezirkspartei stehe. Dies ändert nichts an den Mehrheitsverhältnissen im Bauausschuss.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Ben Weiser

    Ist Investigativreporter und leitet die Redaktion. Recherche-Leitsatz: „Follow the money“. @BenWeiser4

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