Montag, April 15, 2024

Kurz-Inseratenaffäre geht um die Welt – Pressestimmen

Pressestimmen

Auch im Ausland schlug die Nachricht der Hausdurchsuchungen im Machtzirkel von Sebastian Kurz am Mittwoch ein wie eine Bombe. Für deutsche Medien ist der „Ösi-Kanzler“ der „Verlierer des Tages“.

 

Wien, 07. Oktober 2021 | Den ausländischen Medien sind die neuen Ermittlungen gegen den Bundeskanzler Sebastian Kurz und sein engstes Umfeld nicht entgangen. Die deutsche Boulevardzeitung „Bild“ sieht die Koalition zwischen ÖVP und Grünen am Ende. Die Bild stützt sich in ihrer Einschätzung auf die Berichterstattung von ZackZack, namentlich die hier veröffentlichte Hausdurchsuchungsanordnung.: „Die 104-seitige Begründung der Ermittler für die Durchsuchungen hat es in sich. Der Wortlaut wurde von dem investigativen Online-Portal Zackzack veröffentlicht – hinter dem der Ex-Grünen-Chef und Ex-Nationalratsabgeordnete Peter Pilz steckt.“ Das Verhältnis von Türkis und Grünen wird als „belastet“ bezeichnet: „Die Grünen, als Partner der ÖVP seit Januar 2020 mit in der Koalition, hatten stets betont, dass mit ihnen nur eine ‘saubere Politik’ möglich sei. Das Bündnis aus ÖVP und Grünen wurde zuletzt immer wieder durch Vorwürfe der ÖVP gegen die Justiz belastet.”

“Verwundete Wunderwuzzi”

Das deutsche Wochenmagazin „Stern“ geht in seiner Titelstory am Donnerstag mit Sebastian Kurz hart ins Gericht: „Der verwundete Wunderwuzzi: Wie Sebastian Kurz Österreich in die Staatskrise stürzen könnte“. Besonders das Interview in der ZIB 2 von Mittwochabend überzeugte das Magazin nicht: „Es war Mittwochabend kurz nach 22 Uhr als sich Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz tatsächlich für ein Live-Interview in Österreichs wichtigste Nachrichtensendung im ORF setzte, um über die Vorwürfe des Tages zu sprechen. Das war an sich schon ein ungewöhnlicher Move. Noch ungewöhnlicher war allerdings, dass Kurz in diesem Fernsehauftritt keine überzeugende Geschichte zu erzählen hatte, sondern nicht viel mehr tat, als die Vorwürfe, die im Lauf des Tages erhoben wurden, zu bestreiten.“

“Verlierer des Tages”

In der Süddeutschen Zeitung werden bereits Neuwahlen kolportiert. Der Vorwurf der Falschaussage im Untersuchungsausschuss sei eine Kleinigkeit im Vergleich zu den neu aufgekommenen Ermittlungen: „Als es nur um den Vorwurf der Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss im Parlament ging, gab sich Österreichs Kanzler Sebastian Kurz cool: Das werde sich im Sande verlaufen; bei einer Anklage bleibe er im Amt. Ob das ethisch und politisch richtig gewesen wäre – diese Frage dürfte seit Mittwoch sein kleinstes Problem sein.“ Die Inseratenkorruption in Österreich gehöre laut der „SZ“ abgestellt: „Erst einmal werden in den kommenden Wochen das Schicksal von Sebastian Kurz und das mögliche Scheitern seiner Regierung die Schlagzeilen bestimmen; gut möglich, dass es Neuwahlen gibt. Aber danach muss die Inseratenkorruption abgestellt werden. Sie ist nichts anderes als bezahlte Propaganda.“

Für den deutschen „Spiegel“ ist der Österreichische Bundeskanzler sogar der „Verlierer des Tages“. Die „So einen brauchen wir hier auch“-Stimmung bei so manchen CDU-Mandatar dürfte sich ebenfalls erledigt haben: “Manch deutscher Christdemokrat forderte jüngst, die Union möge sich bei ihrer Neuorientierung den österreichischen Bundeskanzler und seine ÖVP zum Vorbild nehmen. Spätestens jetzt sollten sie darüber noch einmal nachdenken.“ Am Donnerstag legte der Spiegel nach: „Der Bundeskanzler kämpft um sein politisches Überleben“.

Pressestimmen aus weiteren Ländern

ITALIEN

Il Repubblica:

„Kollaborateure des ÖVP-Führers involviert. Die Untersuchung betrifft Umfragen der Zeitung “Oesterreich” und des Privatfernsehens “oe24”, beide im Besitz der Familie Fellner. Diese Umfragen würden vom Finanzministerium bezahlt, aber “ausschließlich für Parteizwecke”“

SLOWENIEN

Dnevnik:

„In Österreich fanden heute Ermittlungen in der Zentrale der Volkspartei (ÖVP) sowie im Büro von Bundeskanzler Sebastian Kurz statt. Ermittler sollen an Daten und Dokumenten zu einigen engen Mitarbeitern des österreichischen Bundeskanzlers Kurz interessiert sein“ „Seitdem der damalige Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bei der Anstiftung zur Korruption erwischt wurde, wird die österreichische Politik von weiteren Ermittlungen wegen angeblicher Korruption erschüttert.“

UNGARN

Index.hu: „Polizeiaktionen betrafen die Büros des Sprechers, Pressechefs und Beraters von Bundeskanzler Sebastian Kurz in der ÖVP-Zentrale.“ „Die Opposition, angeführt von der Sozialdemokratischen Partei Österreichs, nahm die Hausdurchsuchungen relativ gelassen zur Kenntnis. Auch dies beweise, dass die Korruption in Kurz‘ Kreisen grassiere.“

SCHWEDEN

Aftonbladet: „Die Staatsanwaltschaft hat in Wien eine Reihe von Hausdurchsuchungen gegen die Regierungspartei ÖVP, das Finanzministerium und das Bundeskanzleramt durchgeführt.“

(dp/bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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18 Kommentare

  1. Das “beste” aus beiden Welten: Unsere Politik lügt, stiehlt und betrügt mit italienischer Hingabe und deutscher Gründlichkeit.

  2. Die Ungarn haben schon einen seltsamen Humor: „ Die Opposition, angeführt von der Sozialdemokratischen Partei Österreichs…“

  3. Er war immer ein looser.

    Allein die Deutschen sollten sich nicht so weit rauslehnen. Die haben ihm angehimmelt, uns um ihn beneidet und waren an der Königsmache ordentlich beteiligt.

  4. Wie hat einst die Hildegard Knef gesungen? “Von nun an ging,s bergab”…
    Der Bundesbasti schwer angeschlagen und verwundet, wird mit allen ihm zur Verfügung stehenden unredlichen Mitteln gegen den Untergang der türkisen OpusDeiTruppe kämpfen.
    Spätestens jetzt können VdB und die DabeiPartei nicht mehr mitspielen (was beide im Übrigen lange genug gemacht haben) und ihre Köpfe in den Sand stecken.
    Ein Zitat fällt mir im Zusammenhang mit dem türkisen Familienagieren noch ein-“Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht”…
    Es wird langsam heller Österreich!

    • Hätten Sie dazu bitte einen Link? Besten Dank für die Information.

      • Die Geschichte steht auf der Titelseite – für den Artikel benötigt man einen Account.

  5. @ZackZack bitten lesen Sie sich einmal durch wie treffend die ebenfalls NATO freien Iren in ihren Irish Times über den unantastbaren Kanzler schreiben:

    “As the pressure at home builds, the chancellor has found populist proxy battles elsewhere…”
    “With his slim fit suits, solicitous manners and Davos-ready soundbites, Sebastian Kurz is a long way from Kenneth Williams…”

    Quelle: https://www.irishtimes.com/opinion/editorial/the-irish-times-view-on-austria-s-embattled-leader-provocations-and-self-pity-1.4572984

      • Das stimmt, aber sehen Sie wie realistisch und treffend die Analyse des Artikels ist? Besser als von manchen heimischen JournalistInnen, aber die irischen Zeitungen konnte die ÖVP halt auch nicht schmieren…

        Irland wird noch unser Partner in vielen Punkten sein, beide in der EU, beide nicht in der NATO, beide ehemals von Fremdmächten besetzt. Die IrInnen sind top informiert über Österreich, deswegen sollten uns auch wir mehr mit Irland beschäftigen statt dauernd mit den BritInnen und Amis was uns von Kurz vorgegaukelt wird.

        Warum redet er wohl nie von Irland? Weil sie dort keine PopulistInnen akzeptieren und intelligenter sind als viele andere Länder.

      • Anmerkung zu meinem vorherigen Kommentar:

        Ach ja, beide lieben Bier, fast vergessen, ein sehr wichtiger Punkt. 😉

    • Sehr interessant. Der Hinweis im letzten Absatz auf Ungarn und Polen zeigt wie ramponiert unser Ansehen dank diesem A*** in der Welt ist

      • Man betrachte die irische Poesie im letzten Absatz: “As rumours of new elections spread in Vienna, the Kurz era may be cut short.”

        Was für ein Wortspiel und das sprachübergreifend… nicht umsonst kommt James Joyce gerade von der grünen Insel mit dem politischen und sprachlichen Fingerspitzengefühl.

        Die SPÖ sollte sich mit der Sinn Fein austauschen wie man echte sozialdemokratische Politik mit Rückgrat zur Nation macht, nicht so eine haltungslose wie bei uns.

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