Samstag, März 16, 2024

Skylla und Charybdis: In Eulenspiegeln

Skylla und Charybdis

“Am Ende steht allerdings schwärmerisch versunkene Selbstbetrachtung seiner eigenen Spiegelung im Wasser, so verlockend, dass der junge Mann schließlich kippt und stürzt” – Julya Rabinowich über einen Jüngling, der sich in sich selbst verliebte.

Julya Rabinowich

Wien, 09. Oktober 2021 | Heute widmen wir uns ein wenig der Mythologie und den in ihr enthaltenen Archetypen menschlichen Unbewussten. Sie alle bilden Abgründe und Höhenflüge ab und in ihnen allen kann man Spiegelbilder der Realität finden, auch der politischen, sogar wenn diese durch Wind und Wellen verzerrt scheinen können. Den politischen Wind machten des Kanzlers Anvertraute kurz bevor die Bombe mit den Hausdurchsuchungen platzte, die Wellen sollen schon lange zuvor zu Tage getreten sein- in Form von Umfragewellen. Diese Wellen, die mutmaßlich noch schöner als schön werden sollten, ja sogar zu schön um wahr zu sein, spiegelten den jungen Mann wider, der laut eigenen Angaben keinerlei Interesse daran gehabt haben soll und der jene, die ihn zu lieben versprachen, gar nicht näher kennen wollte. Das bringt uns der Mythologie noch ein kleines Stückchen näher.

Narziss, der schöne Jüngling, der vergeblich und unerhört von Männern und Frauen und auch von der Nymphe Echo geliebt wurde und dabei doch nur sich selbst begehrte, verloren in den Wellen der Wasserfläche, verspricht gewisse Parallelen zu den oben beschriebenen Vorgängen zu haben. Echo, vor allem das mediale, war auch Sebastian Kurz mehr als zugeneigt, vor allem zu Beginn. Am Ende steht allerdings schwärmerisch versunkene Selbstbetrachtung seiner eigenen Spiegelung im Wasser, so verlockend, dass der junge Mann schließlich kippt und stürzt. Interessanterweise lässt sich in dieser eher ungesund endenden Sogwirkung des eigenen Egos auch eine weitere Ebene finden- das narzisstische Versinken in sich selbst ist oft begleitet von der gleichzeitigen Projektion seiner Eigenschaften und Absichten auf andere. Da wird Respekt gefordert, während man selbst das Gegenüber respektlos behandelt. Da wird unterstellt, verschwiegene Zirkel hätten sich gebildet, um den Schwiegersohn der Nation zu Fall zu bringen- nachdem Kern, Mitterlehner und auch Strache aus dem Weg geräumt wurden. Da wird das Vertrauen in Institutionen untergraben, nachdem man selbst sich alles andere als vertrauensbildend gebärdet hat. Da wird eine Hexenjagd beklagt und gleichzeitig fröhlich gegen Minderheiten in den Krieg gezogen, werden Hilfsbedürftige und politische Gegner mit Dreck beworfen, während man mit zart gewölbter rosiger Lippe das böse Anpatzen durch die anderen beklagt. Einen großen Unterschied gibt es allerdings auch zwischen Kanzler und Narziss: letzterer ging allein unter. Zweiterer wird das nicht tun.

So. Und das nächste Mal widmen wir uns vielleicht auch einmal Gorgo, der Medusa. Auch ein Fall von Persönlichkeit, der die Spiegelung gar nicht gut bekam.

Titelbild: APA Picturedesk

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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7 Kommentare

  1. “letzterer ging allein unter. Zweiterer wird das nicht tun.”

    Man sollte immer gut prüfen, bevor man etwas online stellt….;)))

    • Letzterer und zweiterer …??? …was prüfen sie was sie online stellen? Und bitte wen sprechen sie da an?

  2. Vermutlich wird man für ein gerechtes Strafmaß noch ein fachärztliches Gutachten einholen müssen. Kann ja sein, dass Hr. K. vorübergehend in Stein verwahrt gehört. Die Persönlichkeitsstörung hat offenbar zur Folge, dass eine Menge anderer Menschen – genaugenommen die Mehrheit der Bevölkerung – durch das Handeln des Beschuldigten schwer in Mitleidenschaft gezogen werden. Neben der kriminellen Energie, die von der Staatsanwaltschaft mutmaßlich erkannt wird, gibt es ein klares Defizit an jeder Form von Anstand und ein bestenfalls rudimentäres Mitgefühl für seine Opfer.

  3. Ja solche Narzissen gibts mittlerweile wie Sand am Meer, doch Auswüchse wie Trump und Kurz gehören da schon einer übergeordneten Kategorie an. Die Kombination aus pathologischen Narzissmus und bewusst gesteuerte Niedertracht (mit beispielloser Unverfrorenheit) ist wohl ein Phänomen für dies erst eine Definition gefunden werden muss.

  4. Der “schöne Narziss und seine kritiklosen Jünger” – treffend charaterisiert.

  5. Ein treffender philosophischer Vergleich, allerdings mit einem Haken behaftet.
    Einzelne Akteure können untergehen, ein verkrustetes System läßt das unberührt.
    Das Kapital ist jederzeit in der Lage die Schauspieler im Rampenlicht zu ersetzen und neue Besen kehren bekanntlich gut.
    Auch unterscheidet das Kapital nicht zwischen Ideologien, es wird seine Gewinnmaximierungsstrategien immer breit gefächert aufstellen.
    Ich denke, man muß eine Stufe tiefer (oder höher?) gehen und die Natur des Menschen (den Lupo) an sich betrachten.
    Wäre doch ein schönes Thema darüber zu sinnieren, liebe Frau Rabinowich.
    Ich hoffe trotzdem, daß es heller wird Österreich!

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