Mittwoch, April 24, 2024

Oberösterreich-Stichwahl – Jeder dritte ÖVP-Bürgermeister abgewählt

Jeder dritte ÖVP-Bürgermeister abgewählt

Die Geschehnisse der vergangenen Woche rund um den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz wirkten sich drastisch auf die Oberösterreich-Stichwahl aus: Jeder dritte ÖVP-Bürgermeister wurde abgewählt.

 

Wien, 11. Oktober 2021 | Bei den Bürgermeister-Stichwahlen in Oberösterreich haben SPÖ-Kandidaten am Sonntag Erfolge in einigen Bezirkshauptstädten mit zuvor schwarzem Stadtoberhaupt gefeiert. Ungefähr jeder dritte ÖVP-Bürgermeister unterlag in der Stichwahl. Die ÖVP schraubte ihre Ansprüche scheinbar zurück. Die Stichwahl sei trotz der herben Verluste ein Erfolg gewesen, wie der ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior in einer Aussendung mitteilte: „Die gestrigen Stichwahlen in Oberösterreich beweisen ein weiteres Mal die kommunalpolitische Stärke der Volkspartei.“ Die SPÖ-Oberösterreich Birgit Gerstorfer freut sich indes über 14 neu gewonnene Bürgermeistersessel: “Gute Politik fängt in den Gemeinden an – das haben heute auch die Wähler und Wählerinnen bestätigt.”

Geschlagener Linzer gibt Kurz Schuld

Schärding, Eferding, Freistadt und Vöcklabruck wurden von ÖVP auf SPÖ “umgedreht”, dafür verloren die Roten die Städte Traun an die ÖVP und Ansfelden an die FPÖ. Die Grünen holten ihren ersten Bürgermeistersessel in Attersee. Die Grünen zeigten sich aufgrund des ersten Grünen Bürgermeisters erfreut. Die Grüne Landesgeschäftsführerin Ursula Roschger sah einen “historischen Augenblick in der Geschichte der Grünen Bewegung in Oberösterreich” und die “vorläufige Krönung des Grünen Wachstums im Land”. Sie hofft, dass der Erfolg nur der Vorbote für weitere Grüne Ortschefs sein werde.

In der Landeshauptstadt Linz setzte sich Amtsinhaber Klaus Luger (SPÖ) klar durch.

Luger erhielt 73,1 Prozent der Stimmen, sein ÖVP-Kontrahent Vizebürgermeister Bernhard Baier 26,9 Prozent. 2015 war das gleiche Duell mit 61 zu 39 Prozent für Luger ausgegangen. Im ersten Wahlgang hatten sich in Linz zehn Kandidaten der Wahl gestellt. Der unterlegene Baier führte seine deutliche Niederlage im „Heute“-Interview auf den Chat-Skandal zurück.

Reihenweise ÖVP-Niederlagen bei Stichwahl

In der Bezirkshauptstadt Schärding musste sich der amtierende Stadtchef Franz Angerer (ÖVP) dem Sozialdemokraten Günter Streicher (53,1 Prozent) geschlagen geben. Ähnlich erging es Severin Mair (ÖVP) in Eferding. Er unterlag Christian Josef Penn (SPÖ) mit 39,6 zu 60,4 Prozent. In Vöcklabruck hatte ÖVP-Bürgermeisterin Elisabeth Kölblinger (32,2 Prozent) eine empfindliche Niederlage einzustecken. Im Stadtoberhaupts-Sessel sitzt künftig Peter Schobesberger von der SPÖ (67,8 Prozent). Kölblinges Vorgänger Herbert Brunsteiner hatte 2015 auf Anhieb fast 70 Prozent gemacht. Und in Freistadt unterlag Bürgermeisterin Elisabeth Teufer (ÖVP) mit 40,6 Prozent Christian Gratzl (59,4 Prozent) von der SPÖ. Teufer hatte erstmals kandidiert, sie war 2016 dem verstorbenen Stadtchef Christian Jachs nachgefolgt.

In Perg behauptete sich hingegen ÖVP-Amtsinhaber Anton Froschauer (53,4 Prozent) gegen FPÖ-Herausforderer Andreas Köstinger. Auch in Ried im Innkreis setzte sich Bernhard Zwielehner (ÖVP, 66,4 Prozent) gegen Thomas Dim (FPÖ) durch. Langzeit-Bürgermeister Albert Ortig (ÖVP) war nicht mehr angetreten.

In Kirchdorf rettete die amtierende SPÖ-Bürgermeistern Vera Pramberger in der Stichwahl gegen Alexander Hauser (ÖVP) nur äußerst knapp – mit 50,08 Prozent bzw. drei Stimmen Vorsprung – ihren Sessel. In Traun und Ansfelden – keine Bezirkshauptstädte, aber bedeutende Städte im Zentralraum – mussten hingegen SPÖ-Bürgermeister ihren Hut nehmen: In Traun setzte sich Karl-Heinz Koll von der ÖVP mit 53,9 Prozent gegen den regierenden Stadtchef Rudolf Scharinger (SPÖ, 46,1 Prozent) durch. Im – den Gemeinderat betreffend bereits seit 2015 freiheitlichen – Ansfelden muss Manfred Baumberger (SPÖ, 40,15 Prozent) dem FPÖ-Bewerber Christian Partoll (59,85 Prozent) weichen. In Enns bleibt hingegen SPÖ-Bürgermeister Christian Deleja-Hotko (58,1 Prozent) im Amt.

In Bad Ischl hat sich die amtierende Stadtchefin Ines Schiller (SPÖ) bei der Bürgermeister-Stichwahl – mit 60 Stimmen Vorsprung bei 11.588 Wahlberechtigten – gegen ihren Herausforderer Hannes Mathes behauptet. Der ehemalige Salzburger SPÖ-Landesgeschäftsführer, der mit einer von der ÖVP unterstützten Namensliste für den Gemeinderat kandidiert hatte und auf Anhieb stimmenstärkste Partei geworden war, wollte auch Bürgermeister werden. Amtsinhaberin Schiller kandidierte zum ersten Mal und bekam 50,4 Prozent der Stimmen. Sie hat Anfang des Vorjahres ihren Lebensgefährten Hannes Heide abgelöst, der ins EU-Parlament gewechselt ist.

Die oberösterreichischen Grünen haben in Attersee zum ersten Mal einen Bürgermeistersessel erklommen: Rudolf Hemetsberger setzte sich mit 59,9 Prozent klar gegen seinen ÖVP-Kontrahenten Philip Weissenbrunner durch. Bisher gab es in Oberösterreich keine Grünen Ortschefs, nur vereinzelt welche von grün-affinen Bürgerlisten. Der zweite Grüne, der in der Bürgermeisterstichwahl am Start war, hatte weniger Erfolg: In Arbing verlor Roland Vuketich (42,8 Prozent) gegen die ÖVP-Kandidatin Hermine Leitner (57,2 Prozent).

Eine Ära endet in Steyregg: In dem Ort nahe am Linzer Industriegebiet, wo seit langem die Steyregger Bürgerinitiative für Umwelt (SBU) den Bürgermeister stellte, war diesmal die SPÖ erfolgreich. Gerhard Hintringer (SPÖ) blieb mit 51,3 Prozent knapp vor David Lackner, der bisherige Ortschef Johann Würzburger (beide SBU) war nicht mehr angetreten.

Im FPÖ-regierten Gaspoltshofen musste der scheidende freiheitliche Landesrat Wolfgang Klinger diesmal zwar ins Stechen, er behielt aber im zweiten Durchgang mit 55,2 Prozent seinen Bürgermeistersessel.

Vier Gemeinden noch offen

Vor zwei Wochen hatten die 438 oberösterreichischen Gemeinden neben Gemeinderäten auch Bürgermeister gewählt. In 76 Orten schaffte kein Bewerber auf Anhieb 50 Prozent, daher waren 417.484 Wahlberechtigte – mehr als ein Drittel der insgesamt Wahlberechtigten – ein zweites Mal an die Wahlurnen gerufen, der Großteil davon heute. In vier Gemeinden Hinterstoder, Pinsdorf, St. Oswald bei Freistadt und Reichenau im Mühlkreis hat jeweils ein Kandidat vorzeitig das Handtuch geworfen. Hier muss zu einem späteren Zeitpunkt mit “Ja” oder “Nein” über den verbleibenden Bewerber abgestimmt werden. Reichenau wählt am 24. Oktober, die anderen drei Gemeinden am 17. Oktober.

(bf/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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15 Kommentare

  1. Vielleicht geht der ÖVP Basis irgendwann der Knopf auf und sie verabschieden Kurz und seine Truppe endgültig.
    Lange werden sich das die Länder nicht mehr gefallen lassen.

  2. Schade, dass die HD nicht vor den Landtagswahlen in Oberösterreich stattgefunden haben.

    • Schade? Ja klar,aber meiner Meinung zu 100 % von wem auch immer so gewollt.

    • Wenn ich’s mir so überlege hätte die ÖVP dadurch vielleicht zwei bis drei Prozentpunkte verloren, die jedoch jn gleichen Teilen zu den restlichen Parteien übergegangen wären. So hätte sich nur marginal was verändert da sich die FPÖ ja durch ihre Coronapolitik selber blockierte. Zu mehr hätts auch nicht gereicht da Stelzer ja die schwarze untadelige Karte spielte und Türkis so gut es ging außen vor ließ. Viel interessanter wäre nur gewesen wie sich Stelzer zu der Sachlage Kurz geäußert hätte. Wäre dadurch sicherlich in eine Zwickmühle geraten. Wäre seine Stellungnahme ähnlich wie der von seinen Kollegen in Vorarlberg und Steiermark gewesen – Haimbuchner hätte sicherlich Druck gemacht – wärs sogar möglich gewesen dieses Ergebnis zu halten – nur hätte sich die Bastion gegen Kurz verstärkt was natürlich wünschenswert gewesen wäre.

      • Nein,sehe ich anders,es wären locker – 10% gewesen,wenn ich sehe,wie es ab ging,als es aufkam,daß er die Kinderbetreuung niedergebügel hat,also da haben sich viele in meinem Umfeld,bis dahin,unbelehrbare ÖVP Wähler gesagt,es reicht.
        Auch der wahre Umgang mit Mitterlehner,hat viele total schockiert,ich kenne niemandem,der nicht gesagt hat,so eine Sau,die Tochter vom Mitterlehner lag im Sterben und dem war alles egal. Meine Nachbarin eine liebe alte Dame,über 80,die nie was anderes gewählt hat,hat nur gemeint,wenn ich das gewusst hätte vor der Wahl.

        Der Stelzer ist nicht so beliebt hier,aber viele fressen die schwarze Krot halt,aber ich wette,wäre das alles vor der Wahl bekannt geworden,es hätte O.Ö. politisch extrem verändert.

        Aber das fällt eben unter,hätte,hätte,Fahrradkette 🙁

        • Vielleicht entspricht die Wahrscheinlichkeit eh mehr ihrer Einschätzung. Will mich vermutlich nur nicht noch mehr ärgern als es eh schon der Fall ist und red mir halt gerne ein dass es nicht so ausschlaggebend war. Auf alle Fälle ist es eine Riesensauerei wenns auf Grund der Wahlen verschleppt worden ist – noch dazu wo der SPÖ nur 2000 Stimmen fehlten für einen zweiten Sitz im Landtag.

    • Ja,aber weisst Du,was ich mich seit Tagen frage,wer hat uns wieder belogen?Überleg mal bitte,das Ganze wäre vor der O.Ö. Wahl ans Licht gekommen,was meinst Du,wie die Wahlen da ausgegangen wären?
      Ich hab so das Gefühl,daß das ja schon alles früher bekannt war,aber daß die Wahlen noch abgewartet wurden,also ich komme mir irgendwie verar…. vor.

      Hofer hat doch davon gesprochen daß es im MAI!!!! eine Bombe gibt,die die ÖVP zerlegt und dann kam nichts,einfach gar nichts,also wer hat das alles unter der Decke gehalten bis nach der O.Ö. Wahl?

      Jeden Tag und jede Aktion die vergeht,habe ich immer mehr das Gefühl,daß wir ganz kräftig verarscht worden sind und da möchte ich doch gerne wissen,von wem? Und wie es gelaufen ist. Und nein,ich wittere keine Verschwörung,ich zähle nur mal 1 und 1 zusammen und komme immer mehr drauf,daß wir mal wieder ganz kräftig verarscht worden sind.

      • Interessanter Ansatz…..Du bringst mich da auch auf Gedanken. Wer hat da vielleicht zurück gehalten?
        Es gab ja zb auch die Ansage vom Hojac , dass es Chats über zb. Mikl Leitner gäbe. Davon ist auch bis jetzt nix zu hören.

        • Danke,an die habe ich jetzt nicht gedacht,ja,er hat gesagt,über die Tante Hanni und den Stelzer.

          Also auch das wäre nun der nächste Ansatz,vielleicht fällt ja noch wem was dazu ein?

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